Zyanose: Blaue Finger durch Herzproblem?
Blaue Finger können durch Herzprobleme, aber auch durch Lungenerkrankungen und andere Ursachen entstehen. Was die verschiedenen Formen der sogenannten Zyanose unterscheidet und welche Behandlung notwendig ist.
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Blausucht wird sie gemeinhin auch genannt – die Zyanose. Dabei erscheinen Haut und Schleimhäute in bläulicher Farbe – zum Beispiel Lippen, Fingerspitzen oder Fußnägel. Wie entsteht eine Zyanose und wie kommt es, dass blaue Finger auf ein Herzproblem hinweisen können? Dr. Christof Wald, Chefarzt des Fachzentrums für Kardiologie und des Zentrums für Innere Medizin in der Schön Klinik Düsseldorf, stand uns als Experte Rede und Antwort.

Der Begriff Zyanose beschreibt eine bläuliche Verfärbung bestimmter Bereiche der Haut – zum Beispiel der Lippen, Fingernägel oder Augenbindehaut. Die Ursache ist ein Sauerstoffmangel im Blut. Zur blauen Verfärbung der Haut kommt es, weil der rote Blutfarbstoff Hämoglobin unter Sauerstoffmangel eine bläulich-violette Farbe annimmt. Das Blut ändert also seine Farbe. Wir nehmen es nicht mehr als hellrot, sondern vielmehr als bläulich durch die Haut wahr.
Sauerstoffmangel erzeugt blaue Lippen und Hände
Schon die Wortherkunft verrät einiges: Bei dem Begriff Zyanose handelt es sich laut Experte Dr. Wald um einen Begriff, der auf die Symptome der Erkrankung hinweist. „Darin befindet sich das Wort ‚cyanos‘, hergeleitet aus dem Altgriechischen mit der Bedeutung ‚blau‘. Der zweite Wortteil ‚osis‘ steht für ‚krankhafter Zustand‘“.
Der Begriff Zyanose ziele darauf ab, dass unser menschliches Blut in Abhängigkeit vom jeweiligen Sauerstoffgehalt eine unterschiedliche Farbe aufweist. „Je weniger Sauerstoffgehalt in den roten Blutkörperchen ‘geladen’ ist, desto dunkler wird es. Es erhält dann einen violett-bläulichen Schimmer, der bereits seit vielen Jahrhunderten mit dem Begriff Zyanose belegt ist”, erklärt der Experte. Besonders häufig treten diese Verfärbungen im Bereich der sichtbaren Schleimhäute, etwa den Lippen (Lippenzyanose) oder dem Fingernagelbett (Akrozyanose) auf.
Blaue Finger durch Herzproblem oder Lungenerkrankung
Zyanose ist nicht gleich Zyanose. Mediziner:innen unterscheiden zwischen einer peripheren und einer zentralen Zyanose. Die Begrifflichkeiten beziehen sich darauf, in welchen Bereichen des Herz-Kreislauf-Systems der Sauerstoffgehalt des Blutes vermindert ist. Allerdings können auch beide Formen der Zyanose parallel auftreten.
Zentrale Zyanose: Bei einer zentralen Zyanose wird das Blut schon in der Lunge nicht ideal mit Sauerstoff aufgeladen oder das sauerstoffreiche Blut in den Arterien wird mit sauerstoffarmem Blut vermischt. Im gesamten Körper fließt also Blut, das nicht ausreichend mit Sauerstoff gesättigt ist. Es kommt zu Blaufärbungen der Haut und Schleimhäute, beispielsweise der Zunge und Mundschleimhaut sowie der Bindehäute. Mögliche Ursachen sind z.B. schwere Lungenerkrankungen, Herzfehler (z.B. Rechts-Links-Shunt) oder ein niedriger Sauerstoffgehalt der Luft infolge von extremen Höhenlagen.
Periphere Zyanose: Bei einer peripheren Zyanose liegt ein verminderter Sauerstoffgehalt in der Körperperipherie vor. Es kommt zu bläulichen Verfärbungen an peripheren Körperteilen wie Händen oder Füßen und Lippen. Aufgrund einer schlechteren Durchblutung gelangt weniger Sauerstoff ins periphere Gewebe. Mögliche Auslöser sind u.a. Durchblutungsstörungen oder ein verlangsamter Blutfluss durch etwa Kälte, Blutgefäßerkrankungen, Venenstauung, Herzinsuffizienz oder Kreislaufversagen.
Weiter gibt es auch eine zweite Unterscheidungsmöglichkeit, die Anwendung findet. Je nachdem, wo die Ursache für die Zyanose liegt – im Herz oder in der Lunge – gelten demnach folgende Formen der Zyanose:
Kardiale Zyanose infolge einer Herzerkrankung (kardial: das Herz betreffend)
Pulmonale Zyanose: Sauerstoffmangel im Blut durch Störungen der Lungenfunktion (pulmonal: die Lunge betreffend)
Blaue Hände: Ursachen
Die Ursachen einer Sauerstoffuntersättigung des Blutes sind vielfältig. „Grundsätzlich unterscheidet man das akute Auftreten von einem langfristigen Zustand (chronisch) und berücksichtigt andererseits die Frage, woher der Sauerstoffmangel rührt”, so Chefarzt Dr. Wald.
Mediziner:innen differenzieren hinsichtlich der Ursachen im Wesentlichen drei Mechanismen der Sauerstoffunterversorgung des arteriellen Blutes. Im Normalfall trennt unser Herz das sauerstoffentsättigte Blut des rechten Herzens von dem des über die Lunge sauerstoffbeladenen des linken Herzens. „Kommt es jedoch bei dieser Trennung zu einem angeborenen oder erworbenen Defekt (Vitium), mischt sich das sauerstoffarme Blut dem sauerstoffreichen bei, sodass im sogenannten großen Kreislauf eine Mischung vorliegt, die zu wenig Sauerstoff trägt”, sagt Dr. Wald. „Neben diesem Mechanismus kann es beispielsweise durch eine verminderte Förderleistung des Herzens zu einer starken Ausschöpfung des sauerstoffreichen Blutes durch die Organe kommen (periphere Zyanose).” Außerdem gebe es verschiedene Formen einer „Vergiftung“ des Blutes, im Rahmen derer eine ausreichende Beladung der roten Blutkörperchen mit Sauerstoff nicht mehr gewährleistet ist – auch dann resultiert ein relativer Sauerstoffmangel.
Blaue Hände durch Herzinsuffizienz und andere Herzerkrankungen
Eine vorübergehende Blauverfärbung kann zum Beispiel bei extremer Kälte an den Lippen und Fingernägeln als Zeichen einer kältebedingten Minderdurchblutung auftreten. Zyanose-Ursachen sind allerdings vor allem Herz- und Lungenerkrankungen – oder eine Kombination daraus.
Kardinale Zyanose: Mögliche Herzkrankheiten sind zum Beispiel:
Herzklappenfehler
Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
Angeborene Herzfehler (z.B. Fallotsche Tetralogie)
Koronare Herzerkrankung (kurz: KHK)
Herztumoren
Bläuliche Haut durch Lungenerkrankungen
Pulmonale Zyanose: Mögliche Lungenerkrankungen, die in Zusammenhang mit einer Zyanose stehen können:
Chronische Bronchitis
Bronchiektasen
Asthma bronchiale
Lungenemphysem
Lungenentzündung (Pneumonie)
Lungenfibrose
Plötzlich blaue Hände: Weitere Ursachen
Weitere mögliche Ursachen sind beispielsweise:
Kälte
Neurale Akrozyanose
Infektionen
Durchblutungsstörungen
Krampfadern (Varikosis)
Stoffwechselstörungen
Erkrankungen des zentralen Nervensystems (kurz: ZNS; z.B. mit Krampfanfällen oder Atemaussetzer)
Störung der Blutzusammensetzung
Welche Symptome gibt es neben der bläulichen Hautverfärbung?
Das Leitsymptom einer Zyanose ist die bläuliche Verfärbung von Haut und/oder Schleimhäuten. Diese lässt sich meistens am besten an Lippen, Fingernägeln, Ohrläppchen und der Mundschleimhaut beobachten. Laut Dr. Wald gehören die folgenden Symptome zu den weiteren typischen Anzeichen einer Zyanose:
Atemnot (Dyspnoe)
Verminderte Leistungsfähigkeit
Abgeschlagenheit
Müdigkeit
Beeinträchtigungen der Hirnleistungsfähigkeit mit Schwindel und Sehstörungen (bei schweren Formen)
„Sollte allerdings der Sauerstoffmangel milde ausgeprägt sein und auch langfristig bestehen, gewöhnt sich der Organismus daran. Es kommt zur Adaptation und die Symptome können bisweilen sehr gering ausgeprägt sein“, erklärt Experte Dr. Wald.
Blaue Hautfarbe: Krankheit oder nicht?
Grundsätzlich sollten solche Symptome immer ärztlich abgeklärt werden. „Dann kann eine bedeutsame Erkrankung oder ein Fehlzustand des Organismus vorliegen, sodass ein ärztlicher Kontakt mit einer Ursachenforschung unbedingt erforderlich ist“, so Dr. Wald. Dies gelte durchaus auch bei milden Formen, die möglicherweise nur wenige Symptome bedingen, denn langfristig können auch diese eine Gefahr für den Organismus darstellen.
Es sei allerdings darauf hinzuweisen, dass eine Zyanose zunächst nur ein Symptom (Verfärbung der Lippen oder Finger-/ Fußnägel) beschreibt. „Da wir Menschen uns schon grundsätzlich hinsichtlich dieser Färbung unterscheiden, muss dies nicht zwangsläufig auf eine Krankheit hindeuten, verdient aber einer Abklärung.“
Blaue Hände: Sauerstoffmangel behandeln
Insbesondere akute – also plötzlich auftretende – Formen der Zyanose bedürfen einer unverzüglichen Sauerstoffzufuhr, um den Organismus damit ausreichend zu versorgen. „Sonst können Organschädigungen auftreten”, sagt Dr. Wald. „Insbesondere eine akute Zyanose mit starken Symptomen stellt stets einen denkbar lebensbedrohlichen Zustand dar und erfordert sofortiges Handeln. Das heißt: ärztlichen Kontakt, in aller Regel die Einlieferung in ein Krankenhaus. Dies gilt in ganz besonderem Maße für die bereits oben erwähnte Form einer Vergiftung (z.B. durch Kohlenmonoxid).”
Der Experte erklärt außerdem, dass die weitere spezielle Therapie stark von der jeweilig vorliegenden Ursache der Zyanose abhängt. „So kommen beispielsweise verschiedene Maßnahmen zur Verhinderung einer Sauerstoffdurchmischung oder auch medikamentös herzunterstützende Therapieformen zur Anwendung”, sagt er.
Erste-Hilfe-Maßnahmen: Wie sollte man im Falle eines akuten Sauerstoffmangels handeln?
Da Sauerstoffmangel in jedem Fall für den Gesamtorganismus eine Bedrohung darstellt, muss laut dem Experten bei jeder Form des akuten Sauerstoffmangels (insbesondere mit Symptomen wie Luftnot oder gar Benommenheit) unverzüglich ärztlicher Kontakt aufgenommen werden. „Hierbei ist Eile geboten, da sich Ausgleichsphänomene (Kompensationsmechanismen) wie beispielsweise verstärkte Atmung (Hecheln) rasch erschöpfen können und der Organismus dann vital bedroht ist”, erklärt Dr. Wald.
Ob die blauen Finger durch ein Herzproblem oder etwa eine Lungenerkrankung entstanden sind, wird dann im Krankenhaus geklärt – in jedem Fall gilt: lieber einmal zu viel den Notruf absetzen als einmal zu wenig.
Dr. Christof Wald, Chefarzt Fachzentrum für Kardiologie und Zentrum für Innere Medizin, Schön Klinik Düsseldorf
Quelle:
Zyanose, in: msdmanuals.com