Zu klein? – Wenn das Kind nicht wächst
Alle Eltern machen sich Sorgen, wenn das Kind unterdurchschnittlich langsam wächst oder das Wachstum ganz zurück bleibt. Was kann dahinter stecken? Wann sollten weitere Abklärungen eingeleitet werden und wann muss eine Wachstumsstörung wie behandelt werden?

Das sagt die Kinderärztin Dr. med. Nadine McGowan
„Mein Kind ist im Vergleich zu den anderen so klein“ – eine Aussage, die ich in meiner Praxis oft höre. Meistens kann ich die Eltern beruhigen. Ein simpler Blick in die Perzentilenkurven genügt in der Regel, um festzustellen, dass alles normal ist. Perzentilen sind Normkurven für Größe und Gewicht bei Kindern, sie finden sich zum Beispiel auf den hinteren Seiten des gelben Vorsorgeheftes.
Perzentilenkurven – Durchschnittswerte für normales Wachstum

Die Perzentilenkurven unterscheiden sich nach Geschlecht und auch nach Herkunft. Beispielsweise sind Kinder aus dem Mittelmeerraum im Vergleich zu uns Nordeuropäern meist kleiner, ebenso wie deren Eltern. Ein Wachstum auf der 50. Perzentile bedeutet, dass ein Kind genau in der Mitte liegt, von 100 Kindern sind 50 größer und 50 kleiner als es selbst. Ein Wachstum auf der 3. Perzentile heißt, nur noch 3 von 100 Kindern in dem Alter sind kleiner.
Jeder Kinderarzt wird spätestens zu den Vorsorgeuntersuchungen Größe, Gewicht und Kopfumfang des Kindes messen und in die Perzentilen eintragen. Ein normales Gedeihen, was sich auch in normalen Perzentilenrängen widerspiegelt, ist eines der wichtigsten Parameter des Kinderarztes für kindliche Gesundheit.
Prognose, ob das Kind normal groß wird
Nicht jedes Kind ist und wird ein Riese. Man muss oft nur nachfragen, wie groß beide Eltern sind und kann dann schon eine ungefähre Prognose darüber abgeben, welche Körpergröße das Kind am Ende der Wachstumsphase erreichen wird. Sind beide Eltern eher klein, kann man keine hochwüchsigen Kinder erwarten.
Eine simple Formel, mit der man ungefähr die zu erreichende Endgröße eines Kindes berechnen kann:
Größe des Vaters in cm plus Größe der Mutter in cm dividiert durch zwei.
Anschließend zieht man 6,5 cm ab, wenn es sich um ein Mädchen handelt und addiert 6,5 cm bei einem Sohn.
Beispielsweise ist der Vater 180 cm groß, die Mutter 165 cm.
Dann sind die Ergebnisse folgende: (180 cm + 165 cm)/2= 172,5 cm.
Bei einer Tochter dieses Paares ergibt sich eine zu erwartende Größe von 166 cm (172,5 cm – 6,5 cm), bei einem Sohn von 179 cm (172,5 cm + 6,5 cm).
Doch was, wenn man wirklich den Eindruck hat, das Kind ist im Vergleich zu anderen oder zu der Größe der Eltern zu klein? Oder wenn es in den Perzentilen nachweislich zu klein ist oder im Laufe der Zeit unter seine „angestammte“ Perzentile rutscht (wenn ein Kind beispielsweise in den ersten Lebensjahren immer um die 50. Perzentile gewachsen ist und plötzlich nur noch auf der 3. Perzentile wächst)? In diesen Fällen wird der Kinderarzt genauere Untersuchungen anstellen.
Diagnose von Wachstumsstörungen

Zum einen wird über einen längeren Zeitraum (mindestens sechs, eher zwölf Monate) regelmäßig das Wachstum kontrolliert und somit die Wachstumsgeschwindigkeit ermittelt. Zum anderen wird man über eine genaue Anamnese (Krankheitsgeschichte), körperliche Untersuchung und eine Blutentnahme herausfinden, ob sich irgendwo Auffälligkeiten finden. Außerdem wird ein Röntgenbild der linken Hand gemacht, um das Knochenalter zu bestimmen. So lässt sich herausfinden, ob das Knochenwachstum dem tatsächlichen Alter des Kindes entspricht, oder ob es „hinterherhinkt“. Ein vermindertes Wachstum kann vielerlei Ursachen haben und die genaue Abklärung gehört dann in die Hände eines Spezialisten: und zwar eines Kinderendokrinologen.
Die häufigsten Ursachen von Wachstumsstörungen bei Kindern
Mögliche Auslöser sind unentdeckte chronische Erkrankungen (Zöliakie, Nierenprobleme, Leber-, Herz- oder Lungenerkrankungen und vieles weitere mehr), Probleme mit der Schilddrüse, genetische Syndrome wie das Ullrich-Turner- oder Silver-Russel-Syndrom, um nur zwei zu nennen. Manche Kinder kommen auch bereits zu klein auf die Welt und holen das mangelnde Wachstum nie ganz wieder auf oder sind ganz einfach mit dem Wachstum immer etwas hinterher und erreichen ihre Zielgröße, die dann völlig normal ist, erst später als alle anderen.
Auch psychische Ursachen wie eine Depression, Vernachlässigung oder eine Essstörung können als Auslöser in Frage kommen. Ein echter Wachstumshormonmangel ist selten, kann aber nach umfangreicher und aufwendiger Diagnostik erkannt und auch behandelt werden. Diese Kinder müssen bis zum Ende der Pubertät täglich Wachstumshormone spritzen, das setzt eine hohe Bereitschaft zu Mitarbeit voraus, wenngleich die Behandlung durch die Pens (ganz ähnlich der Pens zur Therapie von Diabetes mellitus) deutlich einfacher geworden ist. Wenn Sie sich Sorgen um das Wachstum Ihres Kindes machen, wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihren Kinderarzt. Meist kann er Sie schnell beruhigen.
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