Zähne nachwachsen lassen: Zukunft der Zahntechnik?
Sind Zahnprotesen bald ein Relikt der Vergangenheit? Berliner Wissenschaftler haben eine Methode entwickelt, dritte Zähne wachsen zu lassen.
Nagetiere, Krokodile und Haie haben niemals Zahnlücken: Ihre Zähne wachsen kontinuierlich nach. Auch bei Menschen ist das theoretisch möglich – Forscher der Technischen Universität Berlin testeten in einer neuen Zahnstudie eine Methode, im Kiefer aus körpereigenen Zellen des Patienten dritte Zähne wachsen zu lassen.
„Zwar gibt es vereinzelt Berichte darüber, dass auch Menschen zum dritten Mal Zähne oder auch ganze Zahnsätze nachwachsen, aber warum das bei manchen Menschen passiert und bei anderen nicht, ist noch weitgehend unbekannt“, erklärt Dr. Roland Lauster, Professor für medizinische Biotechnologie an der TU Berlin.
Natürliches Zahnwachstum als Vorbild
Die Forscher orientierten sich bei ihrer Entwicklung an der natürlichen Zahnentstehung: Unterhalb der äußeren Hautschicht des Kiefers sammeln sich spezielle Vorläuferzellen und bilden zusammen eine Art Zahnkeim. Mittels bestimmter Botenstoffe interagiert dieser dann mit den umliegenden Zellschichten im Kiefer.
„Innerhalb der so gebildeten Zahnknospe kommt es zur Differenzierung verschiedener Zelltypen: dem Zahnschmelz-Organ, der Zahnpapille und der Zahnleiste“, erklärt Projektentwicklerin Jennifer Rosowski. „Diese Gewebe differenzieren nach und nach zu einem kompletten Zahn.“ Das umliegende Kiefergewebe signalisiert der Zahn-Vorstufe, ob sie sich zu einem Schneide- oder Backenzahn entwickeln soll.
Zähne nachwachsen lassen
Die Berliner Wissenschaftler entnahmen für ihre Studie sogenannte Pulpazellen (Zahnmark) aus herausoperierten Weisheitszähnen. Diese kultivierten sie mittels einer speziell entwickelten Methode im Labor so, dass sich daraus ein Zahnkeim bildete. Die Idee: Pflanzt man diesen Zahnkeim einem Patienten ein, beginnt er die Interaktion mit dem umliegenden Kiefergewebe und entwickelt sich so zu einem dritten Zahn.
Andere Forschergruppen konnten bereits in Tierexperimenten beweisen, dass ein Zahnkeim, der in den Kiefer implantiert wird, zu einem kompletten Zahn auswächst. Allerdings hatten die Entwicklungen dieser Teams einen entscheidenden Nachteil: Sie beruhten alle auf der Verwendung von embryonalen Stammzellen zur Herstellung der Zahnkeime.
Dritte Zähne aus körpereigenen Zellen
„Damit ist die reale Anwendung des Verfahrens eigentlich ausgeschlossen, da die Verwendung von Stammzellen in den meisten Ländern ethisch hoch umstritten und gesetzlich nicht zugelassen ist“, so Rosowski. „Wir würden dagegen ausschließlich Zellmaterial aus patienteneigenen Zähnen nutzen. So vermeiden wir alle ethischen und rechtlichen Bedenken und haben dazu den entscheidenden Vorteil, dass es sich im Falle einer realen Anwendung um körpereigenes Gewebe handelt: Der neue Zahn würde also keine Abstoßungsreaktion hervorrufen.“
Bevor die nachwachsenden Zähne an Menschen getestet werden können, stehen zunächst weitere Laborversuche an.
Quelle:
Nachwachsende Zähne (2019): https://www.tu-berlin.de/?206844 (Abrufdatum: 24.07.2019)