Wie viel Dreck ist gesund für mein Kind?

Viele Eltern versuchen aus Angst vor Infektionen den Nachwuchs von jeglichem Dreck und Schmutz fernzuhalten und auch die Wohnung so hygienisch rein wie möglich zu halten. Aber ist das überhaupt sinnvoll? Kinderärztin Dr. med. Nadine McGowan hat die Antworten.

Kinderärztin Dr. Nadine Hess
Expertin Dr. med. Nadine McGowan: „Natürlicher Dreck von Wald und Wiesen stärkt die Immunabwehr Ihres Kindes“ Foto: Privat

Das sagt die Kinderärztin Dr. med. Nadine McGowan

Viele Mütter werden schon panisch, wenn das Kind mal einen zu Boden gefallenen Lolly wieder in den Mund steckt. Dabei haben die in unserer Umwelt natürlich vorkommenden Keime einen praktischen Nutzen: Sie stärken unser Immunsystem. Und das ist besonders für kleine Kinder enorm wichtig. Wenn Eltern also jeglichen Dreck von ihrem Kind fernhalten, sorgen sie damit nur dafür, dass der kleine Liebling später anfälliger für Krankheiten wird.

Dreck stärkt das Immunsystem

Falls der kleine Spatz also mal etwas natürlichen Dreck von der Wiese hinterm Haus in den Mund steckt – was gerade bei Kleinkindern oft vorkommt – ist das nicht sofort ein Grund zu übertriebener Sorge. Lassen Sie Ihr Kind auch gerne mal im Matsch spielen. Das macht den Nachwuchs nicht nur glücklich, sondern kräftigt auch das Immunsystem. Und mit einem ausführlichen Bad am Abend ist der Schmutz ja auch schnell wieder abgewaschen.

Kind spielt im Matsch
Lassen Sie Ihr Kind mal im Matsch spielen. Das macht den Nachwuchs nicht nur glücklich, sondern kräftigt auch das Immunsystem Foto: istock

Vorsichtig sein sollten Sie dagegen immer auf dem Spielplatz. Manchmal wird die Sandkiste beispielsweise unbemerkt von freilaufenden Haustieren benutzt – und durch Katzendreck oder Hundekot können gefährliche Erreger in den Körper gelangen. Haben Sie hier deshalb ein Auge darauf, dass sich das Kind nichts in den Mund steckt. Ebenfalls ein erhöhtes Risiko geht von öffentlichen Mülleimern aus. Hier können sich durch Essens- und Abfallreste gefährliche Keime tummeln. Sorgen Sie außerdem dafür, dass Kleinkinder keinen Schlüsselbund zwischen die Finger kriegen. Schlüssel gehen häufig durch viele Hände und können daher schnell mit Dreck und Keimen verunreinigt sein.

Schützt Dreck vor Allergien?

Studien zeigen, dass Dreck das Immunsystem eines Kindes nicht nur stärken, sondern es auch vor der Entwicklung von Allergien schützen kann. Beispielsweise wurden im Auftrag des bayerischen Umweltministeriums im Jahr 2012 insgesamt 1200 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren untersucht. Das Ergebnis der Studie: Stadtkinder leiden bis zu 15-mal häufiger an Allergien als Kinder, die auf einem Bauernhof aufgewachsen sind. Waren die Kinder vom Land außerdem viel im Dreck des Stalls unterwegs, erhöhte dies ihren Schutz vor Asthma und Allergien noch einmal deutlich.

Baby mit Spielzeug
Kleine Kinder spielen häufig auf dem Boden. Dieser sollte daher zwar sauber sein, muss aber nicht ständig mit starken chemischen Reinigern geputzt werden Foto: Fotolia

Wie sauber muss mein Haus sein?

Natürlich sollte das persönliche Umfeld sauber sein, um gerade Babys und Kleinkinder vor Infektionen zu schützen. Das bedeutet aber nicht, dass Eltern täglich mit einem stark chemischen Reiniger die Wohnung putzen sollten. Im Gegenteil: Zu viel Hygiene kann auch hier schädlich sein. Denn viele Reiniger enthalten Stoffe, die dem Menschen gefährlich werden können. Die Substanz Natriumhypochlorid ist beispielsweise in vielen Haushaltsreinigern vorhanden kann und Chlor freisetzen. Das wiederum kann die Haut und Schleimhäute reizen. Für Kleinkinder, die oft auf dem Boden spielen und sich dabei ständig an den Mund oder die Augen fassen, kann das gefährlich werden.

Für eine effektive, aber nicht übertriebene Hygiene sollten Sie folgende Punkte beachten:

  • Tauschen Sie Putzlappen häufig aus
  • Abfalleimer sollten regelmäßig geleert und einmal die Woche gereinigt werden
  • Nutzen Sie keine starken chemischen Reiniger
  • Wischen Sie den Kühlschrank regelmäßig mit Essigwasser aus