Wie unsere Augen unter Stress leiden

Augenerkrankung durch Stress
Dass Augenerkrankungen Stress auslösen, ist bekannt. Aber wie ist es umgekehrt? Foto: AntonioGuillem/iStock

Eine große Analyse vorhandener Studien zeigt: Stress ist nicht nur eine Folge vom Verlust des Sehvermögens, sondern kann die Beschwerden auch selbst auslösen. PraxisVITA verrät, was Forscher jetzt raten.

Der Verlust des Sehvermögens kann beim Menschen großen Stress auslösen. In schweren Fällen, zum Beispiel bei vollständiger Erblindung, können auch Depressionen oder soziale Isolation eine Folge sein. Doch wie ist es umgekehrt? Kann Stress auch Sehstörungen auslösen?

Unsere Augen leiden unter Stress

Dieser Frage sind deutsche Forscher um Prof. Bernhard Sabel von der Magdeburger Universität in einer Metaanalyse von mehr als hundert Studien und Klinikreporten nachgegangen. Das Ergebnis der Forscher: Permanenter Stress erhöht den Cortisolspiegel, was sich negativ auf das vaskuläre und sympathische Nervensystem auswirkt. Das wiederum kann sowohl unser Gehirn als auch unsere Augen schädigen – und Krankheiten wie Grüner Star begünstigen. Schlimmstenfalls kann es zu einer Erblindung kommen. „Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass der Verlust des Sehvermögens auch eine psychosomatische Komponente hat. Stress kann auch ein Auslöser für Augenerkrankungen sein und nicht nur eine Folge davon“, fasst Prof. Sabel die Ergebnisse zusammen.

Es gibt aber auch gute Nachrichten: Einige der von Prof. Sabel und seinem Team analysierten Studien weisen zum einen daraufhin, dass die Verminderung von Stress dabei helfen könnte, das Sehvermögen wederherzustellen. Zum anderen können die Forscher eine Wahrnehmung vieler Patienten widerlegen: Betroffene haben häufig das Gefühl, dass Stress ihre bereits vorhandenen Augenerkrankungen noch verschlimmert. Die Studiendaten können diese Vermutung nicht belegen.

Was Ärzte beachten sollten

Aus der Metaanalyse leiten die Forscher zwei Erkenntnisse ab. Erstens könnten Techniken, die Stress mindern (z. B. Yoga oder Meditation) dabei helfen, das Sehvermögen zu verbessern. Zweitens sollten Ärzte bei der Diagnose sensibler vorgehen. Die Forscher kritisieren, dass Ärzte ihren Patienten häufig sehr sachlich mitteilen, dass ihre Prognose schlecht sei und sie eines Tages erblinden könnten. Muneeb Faiq, ein Co-Autor der Analyse: „Häufig ist die tatsächliche Wahrscheinlichkeit für eine Erblindung sehr gering. Die durch die Diagnose entstehenden Ängste beim Patienten sorgen aber für eine psychische und neurologische Doppelbelastung, durch die sich die Erkrankung oft tatsächlich verschlimmert.“ Ärzte sollten deshalb auch bei schlechten Prognosen mehr Optimismus ausstrahlen und positiver auf ihre Patienten zugehen.

Die Studienautoren weisen darauf hin, dass weitere klinische Studien ihre Ergebnisse noch bestätigen müssen – besonders in Bezug darauf, wie stressvermindernde Techniken dabei helfen können, das Sehvermögen wieder zu verbessern.

Quelle: Sabel, Bernhard A. (2018): Mental stress as consequence and cause of vision loss: the dawn of psychosomatic ophthalmology for preventive and personalized medicine, in: EPMA Journal.