Wenn Laufen das Herz tötet

Eine Kernspintomografie verrät, ob sich der Herzmuskel entzündet hat
Eine Kernspintomografie verrät, ob sich der Herzmuskel entzündet hat Foto: Corbis
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Wer sich nach einer Erkältung nicht richtig auskuriert, kann eine Herzmuskelentzündung bekommen. Praxisvita erklärt, wie diese lebensgefährlich werden kann.

Mal ehrlich: Was machen Sie, wenn Sie erkältet sind? Wenn die Nase läuft, der Kopf brummt und die Stimme versagt? Bleiben Sie brav daheim auf dem Sofa? Oder gehen Sie weiterhin zum Job und abends zum Joggen, um den Viren mal richtig einzuheizen? Bitte nicht, denn das ist hochgefährlich: Aus einer harmlosen Infektion kann nämlich eine Herzmuskelentzündung werden.

Gerade Männer neigen dazu, sich zu überschätzen

Diese Krankheit kennen viele Menschen nur aus der Zeitung: Sie macht immer mal wieder Schlagzeilen, wenn ein junger und bis dato kerngesunder Spitzensportler plötzlich tot umfällt. Gerade bei Männern treten Herzmuskelentzündungen gar nicht so selten auf, weil sie Erkältungssymptome gern ignorieren und ihre Kräfte überschätzen. Sie treten trotz Fieber für ihren Sportverein beim Wettkampf an, helfen trotz bellendem Husten beim Umzug – man will schließlich keine Memme sein. Doch ganz wichtig zu wissen: „Eine Herzmuskelentzündung kann jeden treffen", sagt Prof. Dr. Andreas Götte, Chefarzt der Kardiologischen Klinik des St. Vincenz-Krankenhauses in Paderborn. Bei jeder Erkältung können sich die Viren und Bakterien aus dem Rachen im ganzen Körper ausbreiten und bis zum Herzen vordringen. Viele von uns hatten vermutlich schon mal eine leichte Herzmuskelentzündung, ohne es zu wissen. In 95 Prozent dieser Fälle kann das Immunsystem die Keime erfolgreich bekämpfen, wenn wir ihm Ruhe gönnen und auf körperliche Anstrengungen verzichten.

Wenn wir es aber übertreiben und die Abwehr dadurch zusätzlich schwächen, wird es manchmal richtig ernst. Rund 3000 akute Herzmuskelentzündungen werden jedes Jahr in deutschen Kliniken behandelt. In ganz schweren Fällen wird der Muskel dauerhaft geschädigt, eine chronische Herzschwäche bleibt zurück. „Wird die Entzündung aber rechtzeitig erkannt und schont sich der Patient konsequent, kann sie folgenlos ausheilen", sagt Prof. Götte. Unbehandelt kann sie allerdings mit dem plötzlichen Herztod enden.

Warnsignale einer Herzmuskelentzündung
Warnsignale einer Herzmuskelentzündung

Müdigkeit, Leistungsschwäche, Atemnot bei der kleinsten Anstrengung und Brustschmerzen sind mögliche Anzeichen für eine Herzmuskelentzündung. Bei diesen Symptomen sollten Sie zum Arzt gehen, vor allem wenn Sie zuvor eine Infektion hatten. Die wichtigste Therapie: Schonung, manchmal werden auch Betablocker verordnet, die das Herz beruhigen. Ist die Entzündung abgeklungen, gilt: drei Monate keinen Sport.

Eine Kernspintomografie zeigt die Herzentzündung an

Wie gefährlich ein zunächst harmloser Schnupfen werden kann, musste auch Mira K. erfahren. Die 29-jährige Studentin überlebte vor ein paar Jahren eine Herzmuskelentzündung. Damals war sie eine aufstrebende Eiskunstläuferin und bereitete sich in München gerade auf die Europameisterschaften vor. Doch das Training absolvierte sie mit zusammengebissenen Zähnen, die gebürtige Dänin war seit Wochen erkältet und fühlte sich überhaupt nicht fit. Als sie ohnmächtig auf dem Eis zusammenbrach, kam sie zwar in eine Klinik, wurde aber ohne Untersuchung wieder entlassen. „Junge Frauen fallen bei Fieber schon mal in Ohnmacht", erklärte der behandelnde Arzt. Mikkeline Kierkgaard erinnert sich: „Dabei fühlte ich mich so schwach, dass ich kaum gehen konnte."

Als sie am selben Tag erneut umkippte, drängte ihr Sportarzt auf eine genaue Untersuchung. Vor allem das Herz sollten sich die Kollegen ansehen. Mira K. ist sicher: „Diese Hartnäckigkeit hat mir das Leben gerettet." Erneut in der Klinik zeigte eine Kernspintomografie eindeutig: Ihr Herzmuskel war entzündet. Mira wurde strengste Ruhe verordnet, die Meisterschaft musste sie abhaken. Bald darauf beendet sie ihre Profi-Karriere, der Stress war ihr einfach zu groß. „Ich achte jetzt viel mehr auf meinen Körper, das passiert mir bestimmt kein zweites Mal."