Wenn die Beine ständig schmerzen

Hinter nächtlichem Kribbeln und Brennen der Haut kann sich häufig ein ernstzunehmender Nervenschaden verbergen
Bei einer sogenannten Polyneuropathie, eine Schädigung der Nerven, ist die Reizweiterleitung über die Nervenbahnen gestört – falsche Signale, wie zum Beispiel Taubheitsgefühle, kommen im Gehirn an Foto: Fotolia

Hinter nächtlichem Kribbeln und Brennen der Haut kann sich häufig ein ernstzunehmender Nervenschaden verbergen. Erfahren Sie hier, wie er entsteht und was Sie dagegen tun können.

Es beginnt ganz harmlos. Die Füße schlafen ein, es ist, als würden Ameisen unter der Haut laufen. Auch Elke Noll machte diese quälende Erfahrung. "Die Beschwerden wurden immer schlimmer. Es fühlte sich an, als ob ich ständig Socken tragen würde. Dann kamen noch diese stechenden, fast glühenden Schmerzen. Vor allem nachts", erzählt die 62-Jährige. Sie versuchte, mit viel Bewegung das Problem zu lösen, doch das gelang ihr nicht.

"Das Seltsame war, dass ich überhaupt nichts gesehen habe. Nicht einmal eine Rötung am Fuß." Bei Elke Noll wurde eine sogenannte Polyneuropathie diagnostiziert, eine Schädigung der Nerven. Die Reizweiterleitung über die Nervenbahnen ist gestört – falsche Signale kommen im Gehirn an. Das Heimtückische an diesem Leiden: Es ist nur in seltenen Fällen heilbar.

Wie entsteht dieser Nerven-Defekt?

Die Polyneuropathie ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern eine Begleiterscheinung: Häufigste Ursache für diese Schädigung ist Diabetes. Durch Überzuckerung werden die Nerven schleichend zerstört. Außerdem können Ernährungsdefizite, zu viel Alkohol, Störungen der Leber und Nieren, Durchblutungsprobleme und Virenerkrankungen zur Polyneuropathie führen. Auch Bakterien und Viren, zum Beispiel Herpes Zoster, oder verschiedene Medikamente gelten als Auslöser. Wer Engstellen in den Nervenbahnen hat, gehört zur Risikogruppe. Bei einem Viertel der Patienten ist es mit dem heutigen Stand der Medizin jedoch nicht möglich, eine genaue Ursache festzustellen.

Welche Tests werden durchgeführt?

Besteht Verdacht auf Polyneuropathie, macht der Arzt Reflex- und Sensibilitäts-Kontrollen an Armen und Beinen. Mithilfe der sogenannten Elektro-Neurografie werden die Nervenleitgeschwindigkeit und mit der Elektro-Myografie die elektrische Muskelaktivität gemessen. Um den komplexen Ursachen auf den Grund zu gehen, müssen häufig zahlreiche weitere Untersuchungen erfolgen, zum Beispiel ein Bluttest.

Schmerzbefreiung mit einem Pflaster

Wichtig ist, die Grunderkrankung – sofern bekannt – zu behandeln. Zusätzlich verschreibt der Arzt oft Medikamente, die normalerweise für die Therapie von Depressionen oder Epilepsie verwendet werden. Hoffnung bietet nun ein neues Schmerzpflaster, das als Begleit-Maßnahme aufgeklebt werden kann. Es enthält eine extrem hohe Dosis an Capsaicin, den "Scharfmacher" aus Chili-Schoten. Mit dieser Dosis schaltet es jene Schmerzempfänger aus, die bei Polyneuropathien übermäßig aktiv sind. Das Pflaster wird über 30 Minuten aufgelegt. Die Wirkung hält aber drei Monate an und ist erstaunlich: Viele Betroffene berichten, dass die Schmerzen zwar nicht zu hundert Prozent weg sind, aber eine starke Besserung eintritt. Das erhöht die Lebensqualität der Patienten, die von diesem Nervenleiden betroffen sind, um ein Vielfaches. Damit sich die Wirkung richtig entfalten kann, muss das Pflaster jedoch unbedingt vom Schmerz-Spezialisten positioniert werden.

Gibt es Schutz vor diesem Leiden?

Um von vornherein zu vermeiden, dass die Nerven angegriffen werden, sollte die Grunderkrankung behandelt werden. Eine ausgewogene Ernährung ist ebenfalls wichtig. Vor allem verschiedene B-Vitamine spielen eine große Rolle. Aber Achtung: Nicht einfach frei verkäufliche Vitamin-Präparate einnehmen, denn auch ein Überschuss kann zu Beschwerden führen.

Haben Sie erste Anzeichen einer Polyneuropathie, suchen Sie umgehend einen Arzt auf. Denn mit verschiedenen Medikamenten kann ein Fortschreiten verhindert oder zumindest verlangsamt werden.

Alternative Behandlung mit Elektroden und Nadeln

Mit Akupunktur-Behandlungen können die Beschwerden abgeschwächt werden. Das Bindegewebe wird entschlackt, nach nur zehn Sitzungen tritt meist eine deutlich bessere Nervenleitgeschwindigkeit ein. So werden Taubheitsgefühle gelindert und die Gangsicherheit erhöht. Auch kalte und warme Wickel fördern die Durchblutung.

Bei der sogenannten "Transkutanen Elektrischen Nervenstimulation", kurz TENS, werden Nervenbahnen mit leichten Stromstößen gezielt gereizt. Das verringert die Schmerzweiterleitung zum Gehirn – die Beschwerden der Polyneuropathie nehmen deutlich ab. Diese Behandlung ist schmerzfrei, sie verursacht höchstens ein kurzes, leichtes Kribbeln. Krankenkassen übernehmen häufig die Kosten.