Was passiert bei einer Beschneidung (Zirkumzision)?

Es ist eine der verbreitetsten chirurgischen Operationen weltweit: die Zirkumzision, gemeinhin bekannt als Beschneidung der männlichen Vorhaut. Sie wird schon seit Tausenden von Jahren praktiziert teils aus medizinischen, teils aus nicht-medizinischen (z.B. kulturellen) Gründen. Beschneidung (Zirkumzision): Was ist das? Warum wird eine Beschneidung durchgeführt? Was passiert bei einer Beschneidung?

Kleines Baby liegt nach der Beschenidung auf dem Bett und weint
Eine Beschneidung kann auch schon bei kleinen Kindern notwendig werden, wenn beispielsweise Entzündungen an der Vorhaut und Eichel immer wieder auftreten Foto: iStock/lutherhill

Beschneidung (Zirkumzision): Was ist das?

Kurz gesagt: “Die Entfernung der männlichen Vorhaut”, sagt Urologe Dr. med. Immo Ries. Die bewegliche und zweischichtige Hautpartie, die die Eichel des männlichen Gliedes umschließt, wird bei einer Zirkumzision gänzlich oder teilweise entfernt. “Es gibt die plastische Zirkumzision oder die totale Zirkumzision”, so der Experte. Oder anders gesagt: die vollständige und die partielle Beschneidung. Eine Zirkumzision geschieht mittels eines kleinen operativen Eingriffes – entweder unter lokaler Betäubung oder in Vollnarkose. Nach dem jeweiligen Eingriff ist die Eichel gänzlich oder teilweise freiliegend.

Mögliche Ursachen: Wann wird eine Beschneidung nötig?

Eine Beschneidung kann medizinisch nötig werden. Doch das ist nicht immer der Fall. In bestimmten Kulturen gehört die Zirkumzision etwa auch zur Religion und Tradition dazu. Eine Beschneidung aus eigenem Antrieb kann aber auch ästhetische, hygienische oder sexuelle Gründe haben. Generell unterscheidet man zwischen medizinischen und nicht-medizinischen Indikationen.

Beschneidung aus medizinischen Gründen

“Es gibt eine Reihe typischer Erkrankungen der Vorhaut, die mehr oder minder stark ausgeprägt auftreten können”, sagt Experte Dr. Ries. “Medizinische Gründe sind zum Beispiel Vorhautverengungen, chronisch-rezidivierende Entzündungen oder ein Lichen sclerosus.” Hinter Letzterem versteckt sich eine chronisch entzündliche, gutartige Hauterkrankung. Häufige medizinische Ursachen sind etwa verkürzte Vorhautbändchen (Frenulum breve) oder Vorhautverengungen (Physiologische Phimose oder pathologische Phimose).

Die Entscheidung für eine Beschneidung (Zirkumzision) bei Kindern sollte unter Berücksichtigung des Alters getroffen werden. Denn im frühen Säuglings- und Kleinkindalter ist eine Verklebung der Vorhaut nichts Ungewöhnliches. “Hier muss die medizinische Indikation stimmen. Ist dies der Fall, sollte die Beschneidung nicht in die sogenannte ‘genitale Phase des Jungen’ fallen”, sagt Dr. Ries. Etwa bei 50 Prozent der Jungen, die älter als ein Jahr sind, kann die Vorhaut zurückgeschoben werden. Nach dem dritten vollendeten Lebensjahr erhöht sich die Rate auf 90 Prozent, nach dem 17. Lebensjahr sogar auf 99 Prozent. Dennoch kann eine frühzeitige Beschneidung notwendig werden. Beispielsweise, wenn immer wiederkehrende Entzündungen an der Vorhaut und Eichel (Belanitis) oder der ableitenden Harnwege (Urethritis, Cystitis) auftreten und keine andere Ursache gefunden werden kann.

Symptome: Welche Beschwerden können durch eine Beschneidung gelindert werden?

  • Die Vorhaut kann im erigierten Zustand des Gliedes nicht oder nur teilweise zurückgezogen werden.
  • Durch die verengte Vorhaut führt die Versteifung des Gliedes zu Schmerzen.
  • Es kommt zu einem abgeschwächten oder verdrehten Harnstrahl durch die Vorhautverengung beim Wasserlassen.
  • Seltener besteht ein Harnverhalt. Heißt: Der Betroffene kann kein Wasser mehr lassen.
  • Durch das dauernde Zurückstreifen der Vorhaut über die Eichel zeigt sich ein Schnürring (auch: Spanischer Kragen oder Paraphimose). Dies ist ein Notfall und sollte schnellstens einem Urologen vorgestellt werden. “Die Vorhaut lässt sich nicht mehr über die Eichel zurückziehen – sei es im erigierten Zustand oder aber auch schon im schlaffen Zustand”, sagt Dr. Ries. Ein operativer Eingriff unter örtlicher Betäubung kann helfen.

Was passiert bei einer Beschneidung? Wie läuft sie ab?

“Entweder in örtlicher Betäubung oder in Vollnarkose”, sagt Dr. Ries. In der Regel kann der Mann selbst entscheiden, welche Form der Betäubung zum Einsatz kommt. Im Falle einer Vollnarkose wird der Patient vorher zusätzlich von einem Anästhesisten über den genauen Ablauf der Narkose informiert. “Bei der OP wird die Vorhaut meist mit dem Skalpell entfernt. Anschließend wir das innere und äußere Blatt der Vorhaut per Naht adaptiert. Abschließend erfolgt ein Verband.”

Generell wird der behandelnde Urologe vor der Operation ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten führen, ihn untersuchen und ihm den Eingriff genau erklären. Eventuell wird vor der Beschneidung bzw. Zirkumzision noch eine Blutuntersuchung (z.B. ein Blutgerinnungsstatus) oder ein Elektrokardiogramm (EKG) angeordnet. Auch, wenn eine (kurze) Vollnarkose vorgenommen wird, handelt es sich immer noch um einen ambulanten Eingriff. Beschneidungen werden von niedergelassenen Urologen bzw. urologischen Abteilungen in Kliniken durchgeführt.

Ist eine Beschneidung für die Gesundheit von Vorteil?

“Wenn die medizinische Indikation stimmt, ja”, sagt Dr. Ries. Außerdem wisse man laut dem Urologen, dass die Beschneidung vor dem 2. Lebensjahr einen protektiven Effekt hat (weniger Peniskrebs beim Mann und weniger Gebärmutterhalskrebs bei der Frau).

Ein weiterer Vorteil, von dem Männer nach der Beschneidung profitieren können: Nach einer Zirkumzision gelingt die Reinigung des Gliedes leichter. Außerdem verringert sich die Gefahr von Entzündungen der ableitenden Harnwege und Geschlechtskrankheiten.

Beschneidung: Welche Risiken gibt es?

Eine Zirkumzision ist meistens ein recht komplikationsarmer Eingriff, dennoch kann es auch hier zu unerwarteten Problemen kommen. “Etwa zu allgemeinen OP-Risiken, Blutungen, Nachblutungen, Infektionen oder Narbenbildung”, sagt Dr. Ries. “Auch kosmetisch störende Ergebnisse nach dem Eingriff sind möglich.” In den meisten Fällen handelt es sich aber nur um leichte Komplikationen, die schnell behoben werden können. Zu den möglichen Komplikationen gehören beispielsweise:

  • Leichte Schmerzen
  • Allergische Reaktionen (z.B. auf das örtliche Betäubungsmittel, die Lokalanästhesie)
  • Schwellungen
  • Blutungen im Narbenbereich
  • Bildung eines winzigen Blutergusses
  • Leichte, vorübergehende Gefühlsstörungen im Bereich der Eichel (selten)

Bei einer partiellen Beschneidung, kann es außerdem durch die Schrumpfung des Narbengewebes zum wiederholten Male zur Bildung einer Verengung kommen. Viele Männer haben hinterher Angst vor Schmerzen im Genitalbereich. Doch das muss nicht unbedingt sein. “Dies ist individuell vom Patienten abhängig”, so Dr. Ries.

Gibt es andere Methoden, um eine Vorhautverengung zu behandeln?

Einige Männer wollen sich nicht sofort für eine Beschneidung entscheiden und erst einmal andere Wege gehen. “Versuchen kann man Cortisonsalben und/oder Fettsalben und Dehnungsübungen. Auch die Triple Inzision ist eine Alternative, wenngleich die Erfolgsaussichten überschaubar sind”, sagt Dr. Ries.

Quellen:

Interview mit Dr. Ries

Das große Zirkumpendium, in: die-betroffenen.de

Beschneidung/Zir­kum­zi­sion - Allgemeine Informationen, in: beschneidung-experten.de

Zirkumzision (Beschneidung): Therapie der Phimose, in: urologielehrbuch.de

Kröpfl D., Kunz I. (2019) Zirkumzision. In: Mirastschijski U., Remmel E. (eds) Intimchirurgie. Springer, Berlin, Heidelberg

Unser Experte: Dr. med. Immo Ries, Facharzt für Urologie, Andrologie und med. Tumortherapie in der Urologischen Praxis Othmarschen in Hamburg.