Agoraphobie: Definition, Symptome und Behandlung
Menschen mit Agoraphobie haben starke Angst vor Orten oder Situationen, denen sie im „Ernstfall“ nicht schnell entfliehen können. Sie fürchten Panikattacken und Kontrollverlust. Die gute Nachricht: Lassen sich Betroffene rechtzeitig behandeln, so haben sie gute Chancen, ihre Angst auf Dauer in den Griff zu bekommen.
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- Agoraphobie Definition: Was ist das?
- Agoraphobie: Symptome im Überblick
- Agoraphobie mit oder ohne Panikstörung: Diese Formen gibt es
- Agoraphobie: Was sind die Ursachen?
- Wie wird bei Agoraphobie die Diagnose gestellt?
- Agoraphobie: Therapie als Ausweg
- Agoraphobie-Behandlung mit Medikamenten
- Ratgeber Panikstörung und Agoraphobie: Was können Betroffene selbst tun?
- Lässt sich eine Agoraphobie vorbeugen?
Eine Agoraphobie kann etwa vor dem Kinobesuch, dem Warten auf dem Bahnsteig oder dem Anstehen in der Supermarkt-Schlange auftreten. Für Betroffene ist diese Phobie belastend, weil sie in ständiger Furcht leben, dass beim Verlassen des Hauses die Angst plötzlich auftritt – in Situationen, die eigentlich harmlos erscheinen. Wie sich eine Agoraphobie äußert und wie Betroffenen geholfen werden kann.
Agoraphobie Definition: Was ist das?
Agoraphobie ist eine Angststörung, die sehr weit verbreitet ist. Menschen mit Agorahobie haben Angst, sich an öffentlichen und abgeschlossenen Orten wie in großen Menschenmengen, in Geschäften, Bussen oder in Flugzeugen aufzuhalten – und sich dort im Falle eines Angstschubs nicht angemessen verhalten oder der Situation nicht entkommen zu können. Also eine Angst vor der Angst, die häufig in Verbindung mit Panikattacken vorkommt.
Eine Agoraphobie tritt meist erstmals zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr auf und trifft vor allem Frauen. Laut Schätzungen bekommen in Deutschland rund fünf Prozent der Menschen irgendwann in ihrem Leben eine Agoraphobie. Wird die Erkrankung nicht angemessen behandelt, kann sie einen chronischen Verlauf mit schwankender Intensität nehmen.
Agoraphobie: Symptome im Überblick
Charakteristisches Symptom einer Agoraphobie ist – wie bei den meisten anderen Angststörungen auch – ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten. Im Falle der Agoraphobie meiden Betroffene eigentlich harmlose Orte und Situationen, die ihnen Angst machen oder die bedrohlich erscheinen. Die Konsequenz ist: Der Aktionsradius schränkt sich ein, mitunter dramatisch.
Die Ängste von Menschen mit Agoraphobie können so stark werden, dass sie befürchten, einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt zu bekommen, das Bewusstsein zu verlieren oder wahnsinnig zu werden – obwohl sie körperlich gesund sind.
Sie fürchten, dass sie im Ernstfall aus der Situation nicht schnell genug entfliehen können und ärztliche Hilfe nicht direkt verfügbar ist. Immer schwingt auch die Angst mit, sich zu blamieren, wenn Symptome auftreten oder es sogar zu einer Panikattacke kommt. Die Symptome zeigen sich immer dann, wenn Menschen mit Agoraphobie ihr sicheres Zuhause oder allgemein das gewohnte Umfeld verlassen und sich in potentiell angstauslösende Situationen begeben.
Betroffene einer Agoraphobie haben Angst davor,
von zu Hause weg zu sein,
sich in großen, weiten Räumen oder an öffentlichen Plätzen aufzuhalten,
in öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bus, Bahn oder Flugzeug zu sein,
sich in Menschenmassen, zum Beispiel in großen Kaufhäusern, zu begeben oder
in ihrem Urlaub zu reisen

Körperliche Beschwerden bei Agoraphobie:
Herzrasen
Zittern
Schweißausbrüche
Mundtrockenheit
Kopfschmerzen
Erstickungsgefühle und Atemnot
Gefühl der Beklemmung im Brustkorb
Schmerzen im Brustkorb
Übelkeit
Schwindelgefühle bis zur Benommenheit
Psychische Beschwerden bei Agoraphobie:
Gefühl, außerhalb seiner selbst zu stehen und die Umwelt nicht als real anzusehen (Depersonalisation)
die Sorge, den Harn oder Stuhlgang nicht zurückhalten zu können
Angst davor, die Kontrolle zu verlieren
Angst davor, einen Herzanfall zu bekommen oder ohnmächtig zu werden
Angst davor, verrückt zu werden
Panikattacke mit Todesangst
Agoraphobie mit oder ohne Panikstörung: Diese Formen gibt es
Eine Agoraphobie kann zusammen mit anderen psychischen Erkrankungen und in verschiedenen Ausprägungen auftreten, zum Beispiel mit oder ohne Panikstörung, aber auch eine soziale Phobie ist möglich.
1. Agoraphobie mit Panikstörung: Eine häufige Kombination
Die physischen und psychischen Symptome einer Agoraphobie ähneln den von Panikattacken – infolgedessen wird eine Panikstörung mit Agoraphobie häufig zusammen genannt. Beides muss nicht in Kombination auftreten, doch in vielen Fällen entwickeln Menschen mit Agoraphobie auch eine Panikstörung. Auch kann sich eine Agoraphobie erstmals dadurch äußern, dass Betroffene eine Panikattacke auf einem öffentlichen Platz haben.
Bei einer Agoraphobie mit Panikstörung kommt es zu wiederkehrenden, plötzlichen Panikattacken mit Beschwerden wie Herzrasen, Ohnmachtsgefühlen, Schweißausbrüchen und Todesangst. Die Angst „verselbstständigt“ sich – die Folge: Betroffene haben Angst vor der Angst.
Panikstörung mit Agoraphobie: Ein Teufelskreis der Angst
Betroffene, die unter Agoraphobie mit Panikstörung leiden, geraten häufig in einen Teufelskreis: Die Angst steigert das Vermeidungsverhalten und das Vermeidungsverhalten verstärkt die Angst. Beide Faktoren schaukeln sich im schlechten Fall gegenseitig hoch. Menschen mit Agoraphobie entwickeln in diesem Zusammenhang eine ausgeprägte Erwartungsangst, die geradezu lähmend sein kann.
Durch die Angst vor der Angst wird die Phobie immer stärker, sodass sie sich im Extremfall in alle Lebensbereiche ausbreitet und die Lebensqualität stark einschränkt. Viele können sich potentiell angstauslösenden Situationen nur noch in Begleitung eines vertrauten Menschen stellen, der ihnen ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Andere stellen sich den Situationen alleine, müssen dabei jedoch starke Ängste ausstehen, die zehrend und kräfteraubend sind. Für beide Gruppen gilt: Sie versuchen bedrohlich wirkende Situationen nach Möglichkeit zu umgehen.
2. Agoraphobie ohne Panikstörung ist möglich, aber seltener
In eher seltenen Fällen kann eine Agoraphobie auch ohne Panikstörung vorliegen. Menschen, bei denen ausschließlich eine Agoraphobie festgestellt wird, leiden nicht unter Panikattacken. Bei ihnen zeigt sich die Symptomatik vor allem dadurch, dass sie bestimmte Situationen aufgrund ihrer Angst meiden.
3. Agoraphobie und soziale Phobie
Bei einer Agoraphobie schämen sich Betroffene häufig für ihre Angst, denn eigentlich wissen sie ja, dass diese unbegründet ist. Es handelt sich schließlich um Orte und Situationen, die objektiv betrachtet harmlos sind. Die Scham und Furcht davor, in vermeintlich „peinliche“ Situationen zu geraten und den Blicken anderer ausgeliefert zu sein, deutet auch auf eine Sozialphobie hin.
Menschen mit einer sozialen Phobie haben Angst vor negativer Bewertung durch andere. Sie fürchten sich davor, Aufmerksamkeit zu erregen, im Mittelpunkt zu stehen und so den negativen Beurteilungen Dritter ausgeliefert zu sein. Wie auch bei einer Agoraphobie zeigt sich soziale Phobie häufig in einem Vermeidungsverhalten.
4. Platzangst ist Teil der Agoraphobie
Umgangssprachlich wird die Agoraphobie als Platzangst bezeichnet. Das ist nicht verwunderlich, schließlich bedeutet der altgriechische Begriff agorá auf Deutsch „Marktplatz“, was in diesem Fall die Angst vor weiten Plätzen bedeutet. Die Platzangst macht jedoch nur einen Teil der Agoraphobie aus: Denn Menschen mit Agoraphobie fürchten sich nicht nur vor weiten Plätzen. Sie haben auch Angst vor anderen Situationen und Orten, die mit weiten Plätzen wenig zu tun haben (z.B. Kino oder Supermarkt).
Zudem wird der Begriff „Platzangst“ oft fälschlicherweise für die Angst in geschlossenen, engen Räumen benutzt, etwa im Fahrstuhl. Diese wird jedoch als Klaustrophobie bezeichnet und ist das genaue Gegenteil von der Angst vor weiten Plätzen.

Agoraphobie: Was sind die Ursachen?
Bei einer Agoraphobie spielen verschiedene Ursachen zusammen, die diese Form der Angststörung auslösen.
Die Angst, rauszugehen – Ursachen im Überblick:
Fehlfunktion von Botenstoffen im Gehirn: Neurobiologen gehen außerdem davon aus, dass bestimmte Botenstoffe im Gehirn im Zuge einer Phobie aus dem Lot geraten. Zu ihnen gehören Gamma-Aminobuttersäure (GABA), Noradrenalin und Serotonin. Außerdem ist bei Menschen mit einer Angststörung das sogenannte limbische System und hier speziell der Mandelkern (Amygdala) besonders aktiv. Er verarbeitet vor allem Gefühle. Eine weitere Gehirnregion, der Hippocampus, ist ebenfalls außerordentlich aktiv. Er ist für die Gedächtnisbildung verantwortlich. Außerdem sind verschiedene Hormone an der Entstehung einer Angststörung wie der Agoraphobie beteiligt, zum Beispiel Kortisol.
Gelerntes Verhalten und Anfälligkeit im Familienumfeld: Wenn die Eltern bereits unter Agoraphobie leiden, ist es möglich, dass sie diese Angst auch auf ihre Kinder übertragen – weil diese das Vermeidungsverhalten übernehmen. Wer etwa mit einer ängstlichen Mutter groß geworden ist, der wird ängstliches Verhalten von der Mutter „lernen“, ohne sich dessen bewusst zu sein.
Psychoanalytiker gehen davon aus, dass sich starke Angst aus inneren Konflikten entwickelt, die nicht gelöst werden können. Hier herrscht die Ansicht, dass Menschen mit einer Phobie nie gelernt haben, mit Angst richtig umzugehen. Daher sind sie in Konflikten häufig überfordert und sie werden von Ängsten aus der Kindheit dominiert.
Angstsensitivität: Einige Menschen sind sensibler und bemerken körperliche Symptome wie Herzrasen oder Atemnot intensiver – somit erleben sie diese Veränderungen bisweilen als lebensbedrohlicher als andere. Diese Überbewertung der Symptome, d.h. der Sensitivität gegenüber Angstsymptomen, kann zu einer Panikattacke führen. Infolgedessen versuchen Betroffene irgendwann, diese Situationen oder Orte zu meiden, bei denen die Panikattacke aufgetreten ist.

Ob sich eine Agoraphobie entwickelt oder nicht, ist jedoch vor allem davon abhängig, wie das psychosoziale Umfeld ist. Dazu zählen beispielsweise belastende Ereignisse und Schicksalsschläge wie Scheidung, finanzielle Not, der Tod eines nahen Angehörigen oder Arbeitslosigkeit. Auch traumatische Erfahrungen in der Kindheit erhöhen die Wahrscheinlichkeit für eine Agoraphobie.
Expert:innen gehen heute davon aus, dass der Weg zur Phobie, also auch der zu Agoraphobie, über mehrere Zwischenschritte erfolgt, die zum Teil aufeinander aufbauen. Ein Beispiel: Ein anfälliger Mensch gerät in eine harmlose Situation und macht dort eine schlechte Erfahrung. Diese Erfahrung verstärkt das Vermeidungsverhalten und das Vermeidungsverhalten seinerseits die Angst. Die eigentlich wichtige Erfahrung, nämlich, dass die Angst unbegründet ist, kann nicht mehr gemacht werden. Denn schließlich verhindert die Angst, sich der Situation erneut zu stellen.
Grundsätzlich gilt: Angst ist als Emotion (überlebens-)wichtig. Zu Zeiten des Säbelzahntigers war Angst ein nützlicher Überlebenshelfer, um in den Flucht- oder Kampfmodus wechseln zu können. Die Emotion ermöglicht es dem Menschen heutzutage, riskante Verhaltensweisen zu meiden und leichtsinnige Entscheidungen zu überdenken. Zum Problem wird Angst erst, wenn sie auch in Situationen auftritt, die nicht für Leib und Leben gefährlich sind: Im Supermarkt, in der U-Bahn oder im Kino.
Wie wird bei Agoraphobie die Diagnose gestellt?
Die meisten Menschen mit Agoraphobie wissen, dass ihre Angst eigentlich unbegründet ist, und sie schämen sich für ihre Phobie. Bis zur Diagnose verstreicht in der Regel viel Zeit. Dabei ist eine frühe Diagnose wichtig, denn ohne Therapie verläuft eine Agoraphobie oft chronisch und verschlimmert sich. Die Zahl der angstmachenden Situationen nimmt kontinuierlich zu und mit ihr das Vermeidungsverhalten. Gleichzeitig sinkt die Lebensqualität, weil Betroffene immer weniger unternehmen und zudem die Freude an Unternehmungen aufgrund der Agoraphobie zunehmend sinkt.
Viele Betroffene versuchen zunächst zusammen mit ihrem Arzt, für Symptome wie Herzrasen, Schweißausbrüche oder Ohnmachtsgefühle eine körperliche Ursache zu finden. Nicht selten kommt es deshalb zu einer Fehldiagnose, weil die Ursache im Körper und nicht in der Psyche der Betroffenen gesucht wird. Deswegen ist eine körperliche Untersuchung zur Abklärung wichtig.
Denn bestimmte Krankheiten wie Schilddrüsenüberfunktion oder Angina pectoris (Herzenge) können ähnliche Symptome auslösen. Gleiches gilt für bestimmte Medikamente. Für die Untersuchungen wird der Arzt oder die Ärztin die Schilddrüsenwerte bestimmen, Blut abnehmen oder ein EKG durchführen.
Vermutet der Arzt (zum Beispiel ein Psychiater) oder eine Therapeutin eine Phobie wie die Agoraphobie, so wird er in einem ausführlichen Gespräch verschiedene Dinge erfragen. Er wird zum Beispiel wissen wollen, welche Beschwerden seit wann vorliegen, wo diese auftreten und ob der oder die Betroffene gezielt Orte oder Situationen meidet.
Zudem raten Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen häufig dazu, ein Angsttagebuch zu führen. Betroffene dokumentieren hier, wie oft, wann, wie stark und in welchen Situationen bzw. an welchen Orten sich die Angst gezeigt hat. Sie sind auch für den Therapeuten wichtig, der seine Behandlung so individueller und genauer planen kann.

Für die richtige Diagnose ist vor allem eines wichtig: Steht die Angst als Gefühl im Vordergrund, handelt es sich um eine Agoraphobie – nicht aber unbedingt, wenn die Angst „nur“ begleitend auftritt, etwa bei anderen psychischen Erkrankungen wie etwa einer Depression.
Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen stellen ihre Diagnosen immer auf Grundlage zweier Klassifikationssysteme: Entweder des ICD oder des DSM.
Das System der Weltgesundheitsorganisation mit dem Namen „International Classification of Disease“ (ICD) ordnet die Agoraphobie nach der ICD 10 als Diagnose-Code F40.0 ein. Tritt Agoraphobie ohne Panikstörung auf, handelt es sich um F.40.00, mit Panikstörung trägt die Krankheit den Code F40.01.
Im Klassifikationssystem „DSM“ (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders), das von der Amerikanischen psychiatrischen Gesellschaft (APA) aufgestellt wird, steht der Diagnose-Code DSM-5 300.22 für Agoraphobie. Im deutschsprachigen Raum wird das DSM-System überwiegend im Forschungsbereich verwendet.
Beide Agoraphobie-Diagnosen aus ICD und DSM werden aufgrund ähnlicher Grundlagen gestellt. In Deutschland und in vielen europäischen Ländern erfolgt die Diagnosestellung über den ICD.
Agoraphobie: Therapie als Ausweg
Wer unter einer Agoraphobie leidet, sollte sich in Therapie begeben. Das erhöht die Chance, die Angststörung rasch wieder in den Griff zu bekommen. Bei der Agoraphobie ist eine Verhaltenstherapie besonders wirksam. Auch Medikamente können Teil des Behandlungskonzepts sein. Wie genau die Agoraphobie-Therapie aussieht, hängt von Wartezeiten auf Therapieplätze, möglichen Zusatzkosten und natürlich den Wünschen der Betroffenen ab.
Expositionsbasierte Therapie der Panikstörung mit Agoraphobie
Bei Menschen mit Agoraphobie kann eine Verhaltenstherapie Betroffenen dabei helfen, die angstauslösenden Situationen und Orte künftig nicht mehr zu meiden. Der Therapeut vermittelt notwendiges Wissen für ein besseres Verständnis der eigenen Krankheit. Zum Beispiel verdeutlicht er, welche Denkprozesse die Angst erhalten und stärken. Er macht bewusst, wie Gedanken und Gefühle das Verhalten beeinflussen oder gar bestimmen.
Menschen mit Agoraphobie lernen im Rahmen der Therapie, negative Gedankengänge schon in den Anfängen zu erkennen und zu stoppen. Falsche, unproduktive Denkmuster werden durch Übungen Stück für Stück korrigiert.
Teil der Agoraphobie-Therapie sind deshalb häufig sogenannte Expositionsverfahren: Hierbei stellen sich Betroffene bewusst und unter therapeutischer Anleitung der Angstsituation. Mit der Zeit wird spürbar, dass die Angst nachlässt und dass es eigentlich keinen Grund für sie gibt. Denn Situation und Ort sind objektiv betrachtet harmlos. Die Patienten fühlen sich immer angstfreier. Falls die Angst sehr stark ist, kann zunächst geübt werden, den angstmachenden Ort erstmal in Gedanken zu besuchen.
Panik und Agoraphobie behandeln: Psychodynamische Psychotherapie
Die Psychodynamische Psychotherapie ist eine tiefenpsychologische Therapieform und kann alternativ zur Verhaltenstherapie bei Agoraphobie helfen. Hier finden Menschen mit Agoraphobie in der Therapie gemeinsam mit ihrem Therapeuten heraus, welche Konflikte hinter der Agoraphobie stecken. Psychische Spannungen können so bewusst gemacht und gelindert werden.
Die Angstattacken einer Agoraphobie können beispielsweise Ausdruck unterdrückter Gefühle sein. Die Therapie öffnet den Betroffenen die Tür zu ihren unterbewussten Gefühlen. Sie realisieren, dass ungelöste Konflikte hinter ihren Angstanfällen stecken.
Viele Menschen mit Agoraphobie versuche, ihre Angst zu dämpfen, indem sie Beruhigungsmittel in Eigenregie und ohne ärztlichen Rat einnehmen. Auch häufiger Alkoholkonsum ist verbreitet, denn Alkohol lindert kurzfristig die Angst. Langfristig kann sich so eine Alkohol- oder Medikamentensucht entwickeln.
Agoraphobie-Behandlung mit Medikamenten
Bei der Agoraphobie-Therapie mit Medikamenten setzen Ärzte und Psychiater häufig Antidepressiva ein. Diese wirken aber nicht mit der ersten Einnahme. Vielmehr brauchen sie einige Wochen, bis die Konzentration im Körper so hoch ist, dass sie ihre beruhigende und angstlösende Wirkung entfalten können.
Je nach verwendetem Wirkstoff greifen sie an unterschiedlichen Stellen in den Gehirnstoffwechsel ein und verändern die Konzentrationen der Botenstoffe zwischen Nervenzellen. Denn gerade für die Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin gilt: Ihre Konzentration ist bei einer oder durch eine Angststörung oft aus der Balance geraten.
Diese Antidepressive kommen bei einer Agoraphobie zum Beispiel infrage:
Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), zum Beispiel Citalopram, Escitalopram oder Paroxetin
Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI), zum Beispiel Venlafaxin
Beide Antidepressiva-Gruppen bewirken, dass die Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin langsamer in die Nervenzellen aufgenommen werden und so ihre positive Wirkung länger entfalten können. Jedoch können sie zu Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Unwohlsein oder Verdauungsproblemen führen.
Eine andere Gruppe von Antidepressiva, die trizyklischen Antidepressiva verringern die Angst und sorgen für mehr innere Ruhe. Der Arzt verordnet sie vor allem, wenn SSRI und SSNRI nicht die gewünschte Wirkung erzielen. Auch sie hemmen die Aufnahme in die Nervenzellen, sodass diese länger für die Weiterleitung zwischen den Nervenzellen zu Verfügung stehen.

Ratgeber Panikstörung und Agoraphobie: Was können Betroffene selbst tun?
Begleitend oder unterstützend zur Agoraphobie-Therapie gibt es weitere Faktoren, die sich positiv auf eine Agoraphobie auswirken. Um die Agoraphobie selbst zu behandeln (immer mit Unterstützung eines Therapeuten), ist es wichtig, auf sich und seine Bedürfnisse zu achten.
So banal es klingen mag: Sich regelmäßig zu bewegen und Sport zu treiben, kann angstlösend wirken, zum Beispiel bei Ausdauersportarten wie Laufen oder Schwimmen. Bereits zwei bis drei Trainingseinheiten pro Woche können einen merklichen Effekt haben.

Auch die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe kann Hemmungen und Schamgefühle abbauen und dabei helfen, sich und seine Erkrankung besser zu verstehen. Hier kann man sich mit anderen Menschen austauschen, denen es ähnlich geht.
Zusätzlich gibt es für Betroffene die Möglichkeit, bestimmte Entspannungstechniken zu erlernen und diese regelmäßig anzuwenden. Zu diesen Techniken gehören die progressive Muskelentspannung oder autogenes Training.
Auch ist es wichtig, sich positiv zuzusprechen und dem inneren Kritiker auf gedanklicher Ebene einen wohlwollenden Begleiter zur Seite zu stellen. Dies ist wichtig, um sich nicht mehr für die Angst zu verurteilen, sondern ihr gelassener begegnen zu können – und sie langfristig gehen zu lassen. Sätze wie „Ich bin stolz auf dich, dass du dich traust, auf die Straße zu gehen“ sind hilfreicher als Aussagen des inneren Kritikers wie „Sieh‘ an, ich wusste, dass du es nicht schaffst. Du bist ein Verlierer.“
Lässt sich eine Agoraphobie vorbeugen?
Wichtig ist, frühzeitig zu reagieren, wenn die ersten Symptome auftreten. Denn je früher eine Agoraphobie professionell therapiert wird, desto besser ist die Aussicht auf schnelle Besserung.
Einer Agoraphobie kann man zwar nicht wirklich vorbeugen, aber ein gesunder Lebensstil kann dazu beitragen, dass auch die mentale Gesundheit stabil bleibt. Stress im Alltag reduzieren, Sport, eine gesunde und ausgewogene Ernährung sowie ausreichend Schlaf gehören dazu. Auch bewusste Auszeiten mit positiven Erlebnissen sind wichtig. Natürlich gelingt das alles nicht immer im Alltag. Aber gerade für Menschen, die von Natur aus eine Angstsensitivität haben und somit eine Disposition für Agoraphobie, ist es wichtig, Körper und Geist Gutes zu tun.
Quellen:
S3-Leitlinie Behandlung von Angststörungen, AMWF-Leitlinien-Register Nr. 051 / 028 Agoraphobie.
Was sind Angsterkrankungen?, in: neurologen-und-psychiater-im-netz.org
Agoraphobie, in: msdmanual.com
Agoraphobie, in: pschyrembel.de