Was ist ein Mikropenis?
Die Penisgröße ist für die meisten Männer ein sehr sensibles Thema. Ein zu kleiner Penis kann das Selbstwertgefühl des Mannes erheblich reduzieren – und ihn psychisch stark belasten. Doch nicht jeder Mann mit einem kleinen Penis hat gleich einen Mikropenis. Ab wann spricht man von einem Mikropenis, was sind die Ursachen und kann man eigentlich etwas dagegen tun? Wir haben mit Prof. Dr. Hartmut Porst gesprochen, Spezialist für Urologie & Andrologie. Der weltweit führende Spezialist für Andrologie und Sexualmedizin leitet ein Institut in Hamburg.
- Penislänge: Wie messe ich richtig?
- Zu kleiner Penis: Bis wann wächst der Penis?
- Wie häufig kommt ein Mikropenis vor?
- Was sind die Ursachen für einen Mikropenis?
- Mikropenis frühzeitig erkennen?
- Mit welchen Beeinträchtigungen ist zu rechnen?
- Wie kann man einen Penis verlängern?
- Handlungsempfehlungen: Was können Betroffene tun?
„Von einem Mikropenis spricht man beim Erwachsenen, wenn die im erigierten Zustand gemessene Penislänge bzw. die gestreckte Penislänge unter 7-8 cm und die Länge des hängenden, schlaffen Penis unter 4 cm beträgt”, erklärt Experte Prof. Dr. Hartmut Porst. Weiter weist er darauf hin, dass die im erigierten Zustand gemessene Penislänge in etwa der gestreckten Penislänge in schlaffem Zustand entspricht. Die heutige medizinische Definition eines Mikropenis laute exakt: “Ein Penis mit einer Penislänge unter der durchschnittlichen alterskorrelierten Penislänge minus 2,5 Standardabweichungen.”
Penislänge: Wie messe ich richtig?
Doch wie stellt man die Länge des Penis korrekt fest? „Die richtige Längenmessung des Penis, welche mit dem Maßband oder Lineal auf der Penisoberseite (also dem Penisrücken) erfolgen muss und die Strecke vom Schambein – wo der Penis aus dem Körper herauskommt – bis zur Eichelspitze also der Harnröhrenöffnung beträgt”, erklärt Prof. Dr. Porst. Er fügt hinzu, dass die korrekteste Penislängenmessung am voll versteiften also erigierten Penis erfolgt, doch dies sei in der medizinischen Praxis nur nach künstlich herbeigeführter Erektion möglich, welche in der urologischen Praxis durch Injektion einer vasoaktiven Substanz in den Schwellkörper erfolgt. „Das ist ein etwas aufwendiges Manöver, welches meistens nicht durchgeführt wird.”
Dem Experten zufolge haben einige kleinere Studien gezeigt, dass zwischen der gestreckten Penislänge in schlaffem Zustand und der Penislänge im erigierten Zustand die Abweichungen um 1-2 cm zugunsten der Längenmessung im versteiften Zustand betragen können.
Zu kleiner Penis: Bis wann wächst der Penis?
„Bis zum Ende der Pubertät, wenn das Körperwachstum und damit auch das Peniswachstum abgeschlossen ist, wächst der Penis langsam, wobei der größte Wachstumsschub in der Pubertät mit Zunahme der Testosteronproduktion erfolgt”, sagt Prof. Dr. Porst. So gebe es für jede Altersgruppe Normalwerte, welche aber so gut wie kein Arzt geschweige denn die Eltern kennen.
Wie häufig kommt ein Mikropenis vor?
Seltenheit oder Häufigkeit? Nun, viele Männer schweigen und behalten ihr Problem lieber für sich. Deshalb gibt es hierfür nur wenig zuverlässige Daten. „Man muss von einer sehr großen Dunkelziffer ausgehen”, so Prof. Dr. Porst. “Generell schwanken die in der Literatur angegeben Prävalenzdaten für den Mikropenis zwischen 0,5 und 1 Prozent.”
Trugschlüsse durch Übergewicht sind möglich
Füllige Männer mit Adipositas berichten häufig davon, dass ihr Penis wie ein Mikropenis auf sie wirkt. Hier liegt in den meisten Fällen lediglich ein optisches Problem vor. „Bei Männern mit Wohlstandsbauch verschwindet der sichtbare, hängende Penis in der Fettschürze, sodass man hier von einem Pseudo-Mikropenis sprechen kann. Durch Gewichtsabnahme oder Absaugung des überflüssigen Fettes in der Schambeinregion wird dann der vermeintlich kleine Penis wieder sichtbar”, erklärt Prof. Dr. Porst.
Was sind die Ursachen für einen Mikropenis?
Es gibt mehrere mögliche Gründe für einen Mikropenis. Häufig handelt es sich um eine Entwicklungsstörung vor bzw. nach der Geburt – etwa durch eine Unterfunktion der Hypophyse oder des Hypothalamus. Die Folge: es werden zu wenig Hormone für die Hodenstimulation produziert. Damit ist auch weniger Testosteron vorhanden und die Geschlechtsorgane können sich nicht richtig entwickeln.
„Verantwortlich für einen Mikropenis kann auch eine sogenannte Androgenresistenz sein, wo die Testosteronproduktion normal oder übernormal ist, das Zielgewebe hier also der Penis auf das Testosteron aber nicht reagiert”, sagt Prof. Dr. Porst. Ein Mikropenis komme aber auch im Rahmen komplizierter angeborener Missbildungssyndrome wie unter anderem dem Prader-Willi-Syndrom, Kallman Syndrom oder Laurence-Moon-Bardet-Biedl-Syndrom vor. Generell seien diese Syndrome aber sehr selten.
Häufiger kommt ein Mikropenis im Zusammenhang mit einer Hypospadie (Fehlbildung der männlichen Harnröhre) vor. “Diese mündet dann nicht auf der Eichelspitze, sondern an der Penisunterseite oder gar im Hodensack”, erklärt Prof. Dr. Porst.
Wenn keine medizinische Ursache gefunden wird, spricht man auch vom sogenannten idiopathischen Mikrophallus. Doch der Experte hat hier folgenden Ansatz: Die Ursachen für den alleinigen "idiopathischen" Mikropenis liegen laut Prof. Dr. Porst fast ausschließlich in Störungen der Androgen- und hier der Testosteronproduktion. Generell liege dann ein Defizit an Testosteron oder Dihydrotestosteron durch entsprechende angeborene Enzymdefekte (5-alpha Reduktasemangel) vor.
Zusammenfassend kommen die folgenden Ursachen infrage:
- Störungen der Androgen- und hier der Testosteronproduktion
- (Partielle) Androgenresistenz
- Angeborene Missbildungssyndrome (z.B. Prader-Willi-Syndrom, Kallman Syndrom oder Laurence-Moon-Bardet-Biedl-Syndrom)
- Unterfunktion der Hoden
- Hypospadie (angeborene Entwicklungsstörung der Harnröhre)
- Unterfunktion der Hypophyse oder des Hypothalamus
Mikropenis frühzeitig erkennen?
“Generell fällt der Mikropenis entweder gleich bei der Geburt auf oder dann im Kindesalter, wenn das Peniswachstum zurückbleibt”, sagt Prof. Dr. Porst. Wichtig sei hier die Messung der gestreckten Penislänge (siehe Tabelle). “Wie schon angedeutet ist der reine Mikropenis mit 0,5-1 Prozent ein seltenes Ereignis.”
Mit welchen Beeinträchtigungen ist zu rechnen?
Die Symptome sind neben möglichen Einschränkungen bei sexuellen Aktivitäten größtenteils psychischer Natur. Betroffene Männer haben häufig mit seelischen Problemen zu kämpfen, die sie stark belasten. Das weiß auch Prof. Dr. Porst: “Wenn nicht rechtzeitig im Kindesalter oder spätestens mit Eintritt der Pubertät behandelt wird, führt der Mikropenis häufig zu schweren Depressionen und erheblichen Einschränkungen im späteren Sexualleben.” Im Kinder- und Jugendalter kann ein deutlich zu kleiner Penis zu Hänseleien führen.
Wie kann man einen Penis verlängern?
Laut dem Experten werde der reine Mikropenis durch Einleitung einer entsprechenden Hormonbehandlung (Testosteron oder Dihydrotestosteron, evtl. auch mit Wachstumshormonen) in Form von Spritzen oder auch Salben behandelt. Der Erfolg richtet sich jedoch erheblich nach dem Zeitpunkt der Therapie: “Wird ein Mikropenis erst am Ende der Pubertät und damit nach Abschluss des Körperwachstums entdeckt, sind konservative hormonelle Behandlungen nicht mehr erfolgreich. Bei Mikropenissen im Rahmen einer Hypospadie stehen operative Maßnahmen im Vordergrund”, sagt er. Ein operativer Eingriff zur Verlängerung des Penis kann ambulant und minimalchirurgisch unter lokaler Anästhesie durchgeführt werden. Auch eine Penisverdickung ist medizinisch durch die Transplantation von körpereigenem Fettgewebe möglich.
Ein operativer Eingriff ist aber nicht immer sinnvoll. Risiken und Chancen sollten in jedem Fall behutsam gegeneinander abgewogen werden. Wenn ein extrem hoher Leidensdruck besteht, so kann eine psychologische Betreuung oftmals bessere Therapieerfolge bewirken als eine Operation.
Handlungsempfehlungen: Was können Betroffene tun?
Eltern sollten regelmäßig den Penis ihres Kindes betrachten. Im Zweifel immer einen Arzt zurate ziehen. Wenn der Verdacht aufkommt, dass der Penis zu klein ist oder nicht mehr wächst, dann sollten Sie baldmöglichst einen spezialisierten Urologen oder Kinderarzt aufsuchen. “Wie schon angedeutet sollte eine entsprechend hormonelle Behandlung entsprechend frühzeitig beginnen. Dies betrifft insbesondere all die Jungen mit kleinem Penis aufgrund einer verzögerten Pubertät, da diese darunter enorm leiden und den Hänseleien der Klassenkameraden meist schonungslos ausgesetzt sind. Ein paar Hormonspritzen können da Wunder wirken”, erläutert Prof. Dr. Porst.
Prof. Dr. Hartmut Porst, Spezialist für Urologie & Andrologie, Leiter des European Institute for Sexual Health, www.porst-hamburg.de