Was ist der Unterschied zwischen ADS und ADHS?
ADS und ADHS werden häufig in einem Atemzug genannt. Zwar überschneiden sich die beiden Störungen, doch gibt es einen großen Unterschied zwischen ADS und ADHS. Wie sich die Störungen bei Kindern und Erwachsenen äußern.
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In den letzten Jahren wurde viel Aufklärungsarbeit geleistet – viele wissen nun, dass die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen auftritt und dass sich ADHS bei Frauen anders zeigt als bei Männern. Wenn von ADHS die Rede ist, wird jedoch häufig unterschlagen, dass es noch eine andere Aufmerksamkeitsstörung gibt: ADS. Das liegt daran, dass ADS in der klinischen Diagnostik lediglich ein Subtyp von ADHS ist. Trotz vieler Schnittpunkte ist es wichtig, einen Unterschied zwischen ADS und ADHS zu machen.

ADHS und ADS: Fehlende Aufmerksamkeit als Hauptsymptom
Die Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung ADHS und die Aufmerksamkeitsdefizitstörung ADS gehören zu den Verhaltensstörungen, die ihren Beginn im Kindes- und Jugendalter haben. Ein wichtiges Charakteristikum beider Störungen ist die Unaufmerksamkeit. Diese kommt auf vielfältige Weise zum Ausdruck: Betroffene können sich nur schwer für längere Zeit auf eine Aufgabe konzentrieren, prokrastinieren viel, sind vergesslich und desorganisiert.
Ursächlich für die Aufmerksamkeitsstörung sind neurologische Besonderheiten: Bei ADHS sind Bereiche des Gehirns, die Aufmerksamkeit, Antrieb und Motivation steuern, weniger aktiv. Im Grunde gehen ADHS und ADS auf eine Reizfilterstörung des Gehirns zurück – die Unterscheidung zwischen wichtigen und unwichtigen Informationen gelingt nicht.
Die Flut an äußeren und inneren Reizen hindert Betroffene daran, sich auf eine Sache zu konzentrieren. Hinzu kommt eine starke Fokussierung auf Dinge, die als stimulierend empfunden werden. Erscheint eine Sache interessant, wird die Aufmerksamkeit darauf gerichtet. Aber was das Interesse weckt, kann sich von einer auf die andere Sekunde ändern.
Unterschied zwischen ADS und ADHS: Hyperaktivität nur bei ADHS
Der Schnittpunkt zwischen ADS und ADHS ist die Aufmerksamkeitsstörung. Was sie unterscheidet, ist das „H“ – die Hyperaktivität bzw. deren Fehlen. Menschen, die an ADS leiden, haben lediglich Schwierigkeiten damit, ihre Aufmerksamkeit für längere Zeit aufrechtzuerhalten.
Das gilt auch für Menschen mit ADHS – doch bei ihnen kommt noch eine motorische Unruhe hinzu, die sich besonders bei Kindern im Schulalter zeigt: Sie haben Schwierigkeiten damit, ruhig auf ihrem Platz sitzen zu bleiben und sind ständig in Bewegung. Betroffene Kinder können regelrecht überdreht, wie „auf heißen Kohlen“ wirken. Diese körperliche Überaktivität von Kindern ist es, auf die die umgangssprachliche Bezeichnung „Zappelphilipp“ zurückgeht.
Aufgrund der motorischen Komponente ist ADHS auffälliger. Hingegen macht sich ADS weniger bemerkbar, doch der Leidensdruck ist gleich groß. Streng genommen tritt auch bei der Aufmerksamkeitsdefizitstörung Hyperaktivität auf – Betroffene sind innerlich aufgewühlt, nur agieren sie ihre Unruhe nicht aus. Sie erscheinen ruhig, schüchtern und in sich gekehrt.
Bei genauerem Hinsehen weisen aber auch Kinder mit ADS Verhaltensauffälligkeiten auf. Das Gegenstück zum „Zappelphilipp“ ist der „Hans-guck-in-die-Luft“ oder die „Träumsuse“: Anstatt dem Unterricht zu folgen, hängen Kinder mit ADS ihren Gedanken nach und schauen dabei verträumt vor sich hin. Arbeitsanweisungen werden nicht oder erst nach mehrmaliger persönlicher Aufforderung befolgt.
Während ADHS überwiegend bei Jungen auftritt, kommt ADS häufiger bei Mädchen vor. Dadurch, dass ADS für das Umfeld weniger sichtbar ist, erhalten Mädchen seltener eine Diagnose. Die Störung kann dann bis ins Erwachsenenalter unerkannt bleiben.

ADS und ADHS: Unterschied in den Erscheinungsformen
Die Hyperaktivität, die ADHS kennzeichnet, geht Hand in Hand mit einer starken Impulsivität. Anstatt ihr Handeln zu planen, reagieren betroffene Kinder auf spontane innere Impulse – sie tun und sagen Dinge, ohne vorher darüber nachzudenken. Das kann so aussehen, dass sie durch Zwischenrufe den Unterricht stören, andere unterbrechen und vorschnell unüberlegte Antworten geben.
Aus der Impulsivität resultiert zudem eine geringe Frustrationstoleranz, die ein hohes Konfliktpotenzial birgt. So können Kinder mit ADHS mit einem heftigen Wutausbruch reagieren, wenn sie verlieren, oder handgreiflich werden, wenn sie sich provoziert fühlen. Aufgrund dieser sogenannten emotionalen Dysregulation kann ADHS zu erheblichen Problemen im sozialen Miteinander führen. Nicht selten nehmen betroffene Kinder die Außenseiterrolle ein, weil sie als störend wahrgenommen und schnell aggressiv werden.
Kinder, die an ADS leiden, haben ebenfalls Schwierigkeiten damit, ihre Emotionen zu regulieren. Aber auch das schlägt sich nicht in ihrem Verhalten nieder. Betroffene Kinder nehmen ihre Gefühle stärker wahr, sie neigen zu Ängstlichkeit und reagieren empfindlich auf Kritik.
ADHS und ADS können für die Betroffenen wie auch für ihr Umfeld belastend sein. Die Störungen stellen eine extreme Herausforderung dar, wenn es um die Alltags- und Lebensbewältigung geht. Trotz normaler oder überdurchschnittlicher Intelligenz kommt es zu Leistungsproblemen in der Schule. Je stärker die Störungen ausgeprägt sind, desto schwerer haben es Betroffene in der Schule, im Studium und Beruf.
Wenn frühzeitig eine Behandlung erfolgt, können die negativen Auswirkungen reduziert und die positiven Aspekte, die ADS und ADHS mit sich bringen, stärker hervorgebracht werden. Zu den Stärken der Betroffenen zählen Ideenreichtum, ein buntes Innenleben, Kreativität und ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn.
Unterschiede zwischen ADHS und ADS bei Erwachsenen
Früher wurde angenommen, dass sich ADHS und ADS „auswachsen“. Heutzutage weiß man aber, dass die Störungen mit dem Ende der Pubertät nicht einfach verschwinden. Sie treten im Erwachsenenalter nur anders in Erscheinung. Die körperliche Überaktivität bei ADHS nimmt ab, schon alleine aus Gründen der sozialen Angepasstheit. Anstelle der Hyperaktivität tritt ein Gefühl innerer Getriebenheit und Unruhe, sodass der Unterschied zwischen ADS und ADHS im Erwachsenenalter für Außenstehende weniger ersichtlich wird.
Aufmerksamen Beobachter:innen können dennoch Eigentümlichkeiten im Verhalten von Menschen mit ADHS auffallen. Der Bewegungsdrang macht sich z.B. durch häufige Wechsel der Sitzposition, ständiges Wippen mit den Füßen oder durch nervöses Herumzupfen an der Kleidung bemerkbar. Was im Erwachsenenalter hingegen weiter bestehen bleibt, ist die Impulsivität, die besonders in engen Beziehungen zum Vorschein kommt: Schon geringe Verletzungen können extreme, aber kurzweilige Wutausbrüche provozieren und häufige Beziehungsabbrüche zur Folge haben. Menschen mit ADHS neigen zudem zu riskantem Sexualverhalten und Substanzmissbrauch.
Die Auswirkungen von ADS betreffen im Erwachsenenalter weniger die persönlichen Beziehungen als vielmehr die Leistung in Studium und Beruf: Im Vergleich zu Gleichaltrigen bzw. zu Kolleg:innen brauchen Betroffene wesentlich länger, um eine Aufgabe zu erledigen. Das liegt zum einen daran, dass viel Zeit durch Prokrastinieren verloren geht und zum anderen an der Reizfilterstörung – diese sorgt nämlich dafür, dass der Fokus zu sehr auf nebensächliche Details gerichtet wird. Bei Tätigkeiten, die viel eigenständige Planung erfordern, verlieren Betroffene schnell den Überblick. Je komplexer die Aufgabe, desto mehr Schwierigkeiten ergeben sich infolge von ADS. Durch die fehlende Aufmerksamkeit kommt es zudem gehäuft zu Flüchtigkeitsfehlern.
Aufmerksamkeitsstörung führt zu Folgeerkrankungen
Hohe Leistungsanforderungen können ein starkes Stressempfinden bei den Betroffenen hervorrufen, wenn sie sie nicht oder nur unter größter Anstrengung erfüllen können. Aus diesem Grund erhöht ADS – genau wie ADHS – das Risiko für andere psychische Erkrankungen, allen voran für Angst- und Panikstörungen, depressive Verstimmungen und Burnout. Diese sogenannten Komorbiditäten geben häufig den ausschlaggebenden Impuls für Betroffene, sich professionelle Hilfe zu suchen. Was die Behandlung angeht, gibt es keinen Unterschied zwischen ADS und ADHS: Eine Verhaltenstherapie und Medikamente können die Symptome so weit lindern, dass Betroffene ihr Potenzial entfalten und ein normales Leben führen können.
Quellen:
ADHS, in: gesund.bund.de
Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, in: bundesgesundheitsministerium.de
Was ist eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung bzw. ADHS?, in: neurologen-und-psychiater-im-netz.de