Was die Haare über Ihre Gesundheit wissen

Zu stumpf, zu dünn, zu brüchig: Welche Makel sind harmlos – und wann kann eine Erkrankung dahinterstecken?

Sie begleiten uns ein Leben lang, sind Ausdruck unserer Persönlichkeit – und jeder teilt seine ganz eigene Geschichte mit ihnen: unsere Haare. Als ständige Begleiter erzählen sie von den Jahren, die hinter uns liegen – als genetischer Fingerabdruck und biochemisches Archiv. Rein anatomisch betrachtet, sind sie ein Teil unserer Haut. Und genau wie diese ein Spiegel unserer Seele ist, offenbaren auch die Haare unser Innerstes – und noch viel mehr: Neueste Untersuchungen belegen, dass jede Veränderung der Haare auch zeigt, wie es um unsere körperliche Gesundheit bestellt ist – ein Zusammenhang, der lange Zeit unterschätzt wurde.

Dabei verrät schon ein einziges seiner 150 000 Haare auf dem Kopf mehr über jeden Menschen als ein Tropfen Blut: Mineralstoffmangel, Medikamente oder sogar Krankheiten – all das lässt sich an ihnen ablesen und sogar noch Jahre später nachweisen. Denn jedes Haar ist über die Wurzel an den Blutkreislauf angeschlossen und speichert Stoffe, die im Blut zirkulieren.

Wundermittel für die Haare?

Auch wenn eine riesige Industrie uns glauben machen will, dass es für jedes haarige Problem wie Haarausfall oder –bruch ein Wundermittel gibt, so haben diese leider eines gemeinsam: Ihre Wirkung ist – wenn überhaupt – begrenzt. Denn: „Mehr als die Hälfte aller Shampoos und sogar 90 Prozent aller Spülungen enthalten Silikon“, erklärt Dr. Otte. „Das ummantelt das Haar mit einem glatten Film – der fühlt sich zwar schön weich an, verhindert aber, dass die Haare Pflegestoffe aufnehmen können.“ Statt unzählige Pflegeprodukte im Badezimmerschrank zu sammeln, lohnt sich meist ein Besuch beim Hautarzt. Viele Kliniken bieten mittlerweile sogar eine eigene „Haarsprechstunde“ an. Dermatologen können unsere Haare wie eine Chronik unserer Gesundheit lesen – und so Störungen im Körper entdecken, die bislang unbemerkt blieben. Was die Haare alles über unsere Gesundheit verraten, lesen Sie hier:

Haare
Stumpf, brüchig oder schuppig? Unsere Haare können Erkrankungen anzeigen! Foto: iStock

Fettiges Haar

Die Ursache von sogenannten Bad Hair Days mit einer strähnigen und platten Frisur ist eine erhöhte Talgproduktion der Kopfhaut, oft verursacht durch Hormonschwankungen, etwa vor der Periode. Die Talgdrüsen der Kopfhaut reagieren empfindlich auf die Veränderung des Östrogenspiegels und produzieren mehr Fett. Auch die Ausschüttung der Hormone Adrenalin und Cortisol, etwa bei Stress oder Aufregung, regt die Schweiß- und Talgproduktion an. Wenn die fettigen Haare jedoch unabhängig von Stress oder hormonellen Veränderungen über einen längeren Zeitraum anhalten (medizinisch Seborrhö genannt), kann der heimliche Auslöser im schlimmsten Fall auch eine Nervenerkrankung sein.

Pflege-Tipp: Tägliches Haarewaschen regt die Talgproduktion nur noch mehr an. Milde Shampoos mit natürlichen Inhaltsstoffen sind hingegen für die Pflege optimal. Bei langen Haaren hilft auch Bürsten. Das verteilt den Talg – die Haare wirken dann sogar glänzender und gepflegter.

Schuppen

Es gibt zwei Arten von Schuppen: Zum einen die trockenen, von denen meist Frauen betroffen sind, und die fettigen, die häufig bei Männern auftreten. Die Art der Schuppen zeigt dabei immer an, wie es um die Talgproduktion der Kopfhaut bestellt ist. Es können sich jedoch auch Krankheiten wie Neurodermitis, Schuppenflechte oder eine Pilzinfektion durch Schuppenbildung zeigen. Weil die kosmetischen Ursachen für Laien kaum von den krankhaften zu unterscheiden sind, sollte – wenn durch die richtige Pflege keine Besserung eintritt – ein Hautarzt aufgesucht werden.

Pflege-Tipp: Bei zu trockener Kopfhaut eignet sich eine nächtliche Ölkur. Dazu einige Tropfen Olivenöl in die Kopfhaut einmassieren und über Nacht einwirken lassen. Morgens mit mildem Shampoo wieder auswaschen. Bei fettiger Kopfhaut hingegen helfen Anti-Schuppen-Shampoos (dreimal pro Woche, einige Minuten einwirken lassen).

Brüchiges Haar

Trichoklasie nennen Mediziner die erhöhte Brüchigkeit der Haare, meist ausgelöst durch straff gezurrte Zöpfe, Kolorationen, heißes Föhnen oder Dauerwellen. Aber auch ein Vitamin-H-Mangel zeigt sich durch angegriffenes, sprödes Haar. Das Vitamin, auch Biotin genannt, ist einer der wichtigsten Bausteine für gesundes Haar: Es fördert den Aufbau von Keratin, des Hauptbestandteils von Haaren und Nägeln, und kräftigt ihre Struktur.

Haarausfall
Experten raten davon ab, die Haare täglich zu waschen. Verwenden Sie außerdem am besten milde Shampoos ohne künstliche Silikone Foto: iStock

Pflege-Tipp: Weil Biotin in der Nahrung nur in sehr geringen Dosierungen vorkommt, raten Experten zu speziellen Präparaten aus der Apotheke. Außerdem sollte brüchiges Haar nach dem Waschen nicht trocken gerubbelt, sondern nur mit dem Handtuch ausgedrückt werden. Und: Nicht zu heiß föhnen und immer einen Abstand von mindestens 20 Zentimetern wahren.

Glanzloses Haar

Falsche Pflege und regelmäßiges Färben sind die häufigsten Gründe für strohiges und stumpfes Haar. Ab 40 Jahren kommt jedoch noch ein weiterer Auslöser hinzu: Die Durchblutung der Kopfhaut lässt nach. Die Talgdrüsen produzieren weniger Fett – das Haar sieht spröde und glanzlos aus. Eine weitere Ursache kann eine Erkrankung der Schilddrüse sein. Bei einer Schilddrüsenunterfunktion, die man von einem Endokrinologen abklären lassen sollte, ist das Haar ebenfalls stumpf und glanzlos. Weitere Symptome sind anhaltende Müdigkeit, plötzliche Gewichtszunahme und ständig kalte Hände.

Pflege-Tipp: Sanfte Bürstenstriche dreimal am Tag regen die Talgproduktion in der Kopfhaut wieder an und verteilen das Fett bis in die Spitzen – für neuen, seidigen Schimmer. Wichtig: Die Bürste sollte abgerundete Borsten haben, deren Zinken weit auseinanderstehen, damit die empfindliche Hornschicht des Haares nicht angegriffen wird.

Graues Haar

Ob und wann wir graue Haare bekommen, hängt maßgeblich von den Genen ab. Jedoch kann stark ergrautes Haar in den Vierzigern auch auf ein erhöhtes Osteoporose-Risiko, eine Übersäuerung des Körpers durch die Ernährung oder eine Schilddrüsenüberfunktion hindeuten. In sehr seltenen Fällen wachsen die Haare nach einem schwerwiegenden Schockerlebnis, etwa nach einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) schlagartig nur noch grau nach.

Pflege-Tipps: Farbshampoos und Pflegeprodukte, die blaue Farbpigmente enthalten, beugen einem Gelbstich vor, der häufig bei grauen Haaren auftritt. Haarspülungen auf Salbeibasis lassen es zudem besonders schön glänzen.