Warum Fußballgucken für Herzkranke gefährlicher ist als Sex
Deutschland ist und bleibt eine Fußball-Nation - auch die Fans stehen dem in nichts nach. Dennoch gibt es Risiken, die vor allem für Herzkranke nicht unerheblich sind.
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Nur noch wenige Tage, dann startet die Fußball-WM in Katar. Fußball ist eine der Sportarten, die in Deutschland besonders beliebt ist. Und das nicht nur aktiv, sondern auch passiv als Fan vor dem TV-Gerät. Auch die bevorstehende WM wird wieder unzählige Zuschauer vor den Bildschirm locken. Und da gehört Aufregung und Stress für den Fußball-Begeisterten natürlich dazu. Dies ist nicht ungefährlich. Bei einer Fußball-Weltmeisterschaft ist das Herzinfarkt-Risiko laut Mediziner:innen sogar drei Mal so hoch wie üblich. Dies fanden Wissenschaftler der Ludwig-Maximilian-Universität München in einer Studie zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland heraus. Bei Menschen mit Herzerkrankungen war das Herzinfarkt-Risiko sogar fast viermal so hoch.
Herzinfarkt-Risiko beim Fußballgucken: Worin besteht die Gefahr?
Aber warum ist das so? Dies liegt vor allem an der Aufregung und der damit einhergehende erhöhte Blutdruck. Eine sogenannte Hypertonie wirkt sich bei Herzgeschädigten besonders schwer aus. Und es wird wohl kaum ein Fan geben, der während des Fußballguckens seinen Blutdruck kontrolliert.

Besonders Vorerkrankte mit erhöhtem Herzinfarkt-Risiko sollten daher vorsichtig sein. Weitere Faktoren, die ein erhöhtes Risiko begünstigen sind ein erhöhtes Alter und Adipositas.
Zum Vergleich: Nicht nur Fußballgucken kann das Risiko für einen Herzinfarkt erhöhen.
Erhöhtes Herzinfarkt-Risiko beim Sex: Stimmt das?
Angst, Verunsicherung und Scham – es gibt gute Gründe, warum das Thema Sex und Herz-Kreislaufprobleme gerade für ältere Menschen ein Tabu ist. Es kostet viel Überwindung, mit dem Partner offen darüber zu sprechen. Das Problem haben jetzt auch die Amerikanische Herzgesellschaft und die Europäische Gesellschaft für Kardiologie erkannt. Die Mediziner machen Betroffenen Mut: Für 99 Prozent der Herzkranken ist Sex völlig ungefährlich. Die Kreislaufbelastung beim Akt wurde lange überschätzt.
Sex oder Fußballgucken: Was ist gefährlicher für das Herz?
Messungen ergaben: Die Herzfrequenz steigt beim Sex nicht über 130 Schläge pro Minute – bei Zuschauern des Champions-League-Finales wurden dagegen schon Werte über 170 Schläge pro Minute registriert. Aber was genau bedeutet das jetzt? Ist Sex und Fußballgucken für Herzkranke also tabu?
Darf ich trotz hoher Blutdruckwerte sexuell aktiv sein?
Grundsätzlich brauchen sich Bluthochdruck-Patient:innen nicht einzuschränken. Wer sichergehen möchte, sollte ein Belastungs-EKG beim Arzt durchführen lassen. Ganz wichtig: Sprechen Sie mit Ihrem Kardiologen offen über Partnerschaftsthemen – er kann Sie entsprechend beraten und Ihnen die Angst vor dem Sex nehmen.
Was ist mit Sex nach einer Bypass-OP?
Üblicherweise können Sie Ihr Liebesleben bereits zehn Tage nach einem unkomplizierten Herzinfarkt oder wenige Wochen nach einer OP wie gewohnt fortführen – dann sind die Narben stabil verheilt.
Wie lange muss ich nach einer Ballondehnung (PTCA) warten?
Wenn ein verengtes Herzgefäß operativ erweitert wurde, ist die Ursache der Beschwerden normalerweise beseitigt. Das Herz müsste wieder normal leistungsfähig sein. Es ist kein Problem, nach wenigen Tagen wieder sexuell aktiv zu werden – sobald die Einstichstellen für die Katheter verheilt sind.
Unter welchen Umständen ist es ratsam, auf Sex zu verzichten?
Wenn es schon bei sehr geringen Belastungen zu sogenannten Angina-Pectoris-Beschwerden (anfallartige Schmerzen in der Brust) kommt, sollten Sie vorsichtig sein – zumindest, bis sich die Erkrankung stabilisiert hat. Das ist der Fall, wenn die Beschwerden über einen langen Zeitraum gleichbleibend sind und nach wenigen Minuten wieder nachlassen.
Wie kann ich das Herz trainieren?
Mit Ausdauersport wie Radfahren oder Laufen. Lassen Sie sich zuvor vom Arzt untersuchen. Er hilft, einen Trainingsplan zu erstellen, der optimal auf Sie abgestimmt ist.
Herzkrankheiten: Medikamente und die Potenz
Betablocker stehen unter dem Verdacht, die Erektionsfähigkeit zu mindern – vor allem auf psychischer Ebene, wenn der Patient das Risiko kennt. Studien zeigen, dass Impotenz eine äußerst seltene Nebenwirkung ist. Sogenannte selektive Betablocker sollen die Potenz hingegen gar nicht beeinträchtigen.
Diuretika: Der Wirkstoff Chlortalidon, der in einigen harntreibenden Präparaten enthalten ist, verschlechterte in einer Studie die Erektionsfähigkeit der Teilnehmer nach zwölf Monaten deutlich. Nach 24 Monaten war dieser Effekt jedoch nicht mehr nachweisbar.
ACE-Hemmer mindern die Potenz bei Bluthochdruck-Patienten nicht. Im Gegenteil: Sie sollen die Erektionsfähigkeit sogar steigern können. Das konnte die amerikanische TOMH-Studie belegen.
Fußballgucken kann also unter Umständen für Herz-Patient:innen ein erhöhtes Risiko mit sich bringen - sogar höher als Sex. Wer auf seinen Körper achtet und die Anzeichen rechtzeitig erkennt, sollte beim nächsten Bundesliga- oder Länderspiel jedoch keine Probleme haben.
Wilbert-Lampen, U., Leistner, D., Greven, S., Pohl, T., Sper, S., Völker, C., ... & Steinbeck, G. (2008). Cardiovascular events during World Cup soccer. New England Journal of Medicine, 358(5), 475-483.