Waldbaden zum Stressabbau: Gesundheitstrend aus Japan

Raus aus dem Großstadtdschungel, rein in den Wald. Immer mehr Menschen entdecken eine ganz besondere Methode zum Stressabbau für sich: das Waldbaden. Anders als der Name vielleicht vermuten lässt, springt man dabei nicht etwa in der freien Natur in einen Teich. 

Frau im Wald
Innehalten und entspannen sind die Ziele des Waldbadens Foto: iStock/da-kuk

Was ist Waldbaden?

Was hierzulande als neuer Wellnesstrend gefeiert wird, wird in Japan schon seit den 1980er-Jahren praktiziert und ist schulmedizinisch anerkannt: “Shinrin Yoku” bedeutet übersetzt so viel wie “ein Bad in der Atmosphäre des Waldes nehmen”. Man taucht in den Wald ein und nimmt die Natur mit allen Sinnen auf – es soll eine Entschleunigung stattfinden. Sie tanken neue Energie, das Stresslevel sinkt. Dabei ist das Waldbaden nicht einfach mit einem Waldspaziergang gleichzusetzen. Es geht weniger um körperliche Betätigung als vielmehr um ein bewusstes Verweilen.

Die Bedeutung von Waldbaden in Japan

Der Begriff “Shinrin Yoku” wurde 1982 vom japanischen Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Fischerei geprägt. Um den medizinischen Effekt nachzuweisen, förderte das Ministerium ein millionenschweres Forschungsprogramm. Zahlreiche Studien haben sich seitdem mit der Wirksamkeit des Verfahrens auseinandergesetzt. Waldbaden ist seit Jahrzehnten fester Bestandteil der japanischen Gesundheitsvorsorge. Die sogenannte “Waldmedizin” wird mittlerweile an Universitäten gelehrt. Rund fünf Millionen Japaner besuchen jährlich den Nationalen Erholungswald von Akasawa, einen der schönsten und bekanntesten Wälder des Landes. Auch in Südkorea werden immer mehr Erholungsgebiete angelegt, allein im Norden des Landes schuf man fünf große Wälder, die Natural Recreation Forests. Auch in den USA ist Waldbaden mittlerweile eine anerkannte Therapieform. In den letzten Jahren ist die Methode auch zu uns rübergeschwappt.

Wie geht Waldbaden?

Jeder hat die positiven Effekte der Natur sicherlich schon einmal am eigenen Leib gespürt. Allein ein kleiner Spaziergang im Grünen kann ungemein wohltuend sein. Beim “Waldbaden” sollen Sie allerdings ganz bewusst Kraft aus der Umwelt schöpfen. Die Umgebung soll mit allen Sinnen wahrgenommen werden: Man betrachtet die Flora und Fauna, riecht den modrig-feuchten Geruch, ertastet die Baumrinde und das Moos, lauscht den Vögeln und hört das Rauschen der Blätter. Wichtig ist, dass Sie sich Zeit nehmen. Es geht nicht darum, mit einem festen Ziel im strammen Marsch durch den Wald zu wandern, sondern um Innehalten und Verweilen. Sie sollten sich im besten Falle mehrere Stunden Auszeit gönnen und Pausen einplanen. Gezielte Atemübungen und Meditationstechniken können helfen, tiefer in die Erholungsphasen einzutauchen. Feste Regeln fürs Waldbaden gibt es nicht, folgende Punkte sollte man aber beachten:

Tipps fürs Waldbaden

  • Suchen Sie sich einen möglichst dichten und/oder vielfältigen Wald aus
  • Nehmen Sie Ihre Umwelt mit allen Sinnen wahr
  • Laufen Sie langsam und bewusst durch den Wald
  • Gönnen Sie sich Pausen im Stehen, Sitzen oder Liegen
  • Testen Sie Atem- und Meditationsübungen

Die positiven Effekte des Waldbadens

  • Die Effekte des Waldinnenklimas:

Allein das besondere Waldinnenklima wirkt sich positiv auf unseren Körper aus. Bäume produzieren Sauerstoff und ätherische Öle, im Zusammenspiel mit der höheren Luftfeuchtigkeit, der angenehmen Kühle und einer geringeren Lichtintensität werden Beschwerden der Atemwege oder Kopfschmerzen gelindert.

  • Der Anti-Stress-Effekt:

Personen, die das Waldbaden praktizieren, berichten von einem besseren Schlaf, einer höheren Konzentrationsfähigkeit, der Linderung von Depressionen, Panik, Angststörungen und Burn-out. Yoshifumi Miyazaki, der Direktor des Zentrums für Umwelt, Gesundheit und Agrarwissenschaft der Universität Chiba, ist einer von Japans bekanntesten Wissenschaftlern in der Waldmedizin. Er untersuchte die Wirkung des Waldes auf gestresste Stadtmenschen und fand heraus, dass der Stresshormonpegel bei den Versuchspersonen um 13,4 Prozent sank – und das allein durch den Anblick des Waldes. Auch die Farbpsychologie besagt, dass das Grün im Wald hilft, unsere Nerven zu beruhigen.

  • Der Wald als Medikament:

Pflanzen sondern sogenannte Phytonzide ab, das sind Stoffe, mit denen sie sich selbst vor Bakterien und Insekten schützen. Diese Phytonzide werden an die Luft abgegeben. Wenn wir diese im Wald einatmen, kommt es Studien zufolge zu einer Vermehrung der natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) im Körper. Dies belegte unter anderem Dr. Qing Li, Assistenzprofessor am Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit am Zentrum für Medizin Nippon. Es soll auch zu einer vermehrten Bildung unterschiedlicher Anti-Krebs-Proteine kommen, auch die Bildung des sogenannten “Herzschutzhormons” DHEA wird angeregt. DHEA nimmt Medizinern zufolge eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung von Volkskrankheiten wie Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Stoffwechselstörungen oder einem erhöhten Blutzuckerspiegel ein.

Waldbaden in der Gruppe

Innehalten und kein festes Ziel haben – genau das fällt gestressten Menschen oftmals besonders schwer. Zur Unterstützung gibt es ausgebildete Waldbademeister oder Waldführer, die Sie beim Eintauchen in die Natur begleiten. Wohllebens Waldakademie ist die wohl populärste Anlaufstelle für Leute, die in einer kleinen Gruppe unter Anleitung die Entspannung zwischen Bäumen und Büschen erlernen wollen. Gründer Peter Wohlleben ist Förster und Autor und hat mehrere Bestseller rund um den Wald geschrieben. Er gehört zweifelsohne zu denjenigen, die das Waldbaden in Deutschland in den letzten Jahren populär gemacht haben. Unter Umweltpädagogen, Heilpraktikern oder Burn-out-Coaches wird eine Ausbildung zum Waldbademeister immer beliebter.