Unregelmäßiger Herzschlag: Deshalb soll er gesund sein
Wenn sich der Herzschlag plötzlich verändert, machen sich Betroffene schnell Sorgen. Schließlich hält uns das Herz am Leben, mit jedem Schlag wird Blut durch den Kreislauf gepumpt. Herzrhythmusstörungen schwächen das Herz und können sehr gefährlich sein. Doch ein internationales Forscherteam behauptet nun, dass ein unregelmäßiger Herzschlag gesund und erstrebenswert sei – die Hintergründe im Überblick.

Jede:r kennt es wohl vom Sport oder dem aufregenden Moment kurz vor einer Präsentation: Das Herz beginnt in der Brust zu rasen. Doch wer dieses Gefühl schon einmal unabhängig von äußeren Ereignissen gespürt hat, weiß, wie furchterregend es sein kann. Es kommen Fragen auf wie: Was passiert mit mir? Wie beruhige ich mein Herz wieder? Und im schlimmsten Fall sogar: Erleide ich einen Schlaganfall oder werde ich sterben? So beunruhigend es auch ist, wenn das Herz ganz schnell oder sehr langsam, kräftig klopfend oder unregelmäßig schlägt – es soll gesund sein. Zumindest, wenn man den Ergebnissen der Studie eines internationalen Forscherteams glaubt.
Herzrhythmusstörungen sind weit verbreitet
Die Bilanz ist erschreckend: Jährlich werden allein in Deutschland etwa 400.000 Menschen wegen Herzrhythmusstörungen in ein Krankenhaus eingeliefert. Meist verspüren die Betroffenen Herzrasen oder Herzstolpern in Kombination mit innerer Unruhe, Angst, Schwindel und Übelkeit. Es leiden aber noch weitaus mehr Personen unter Herzrhythmusstörungen – am häufigsten tritt das Vorhofflimmern auf, wenn das Herz unregelmäßig und zu schnell schlägt, das Blut staut sich dann im Vorhof des Herzens. Schätzungen zufolge sind davon eineinhalb bis zwei Millionen Menschen in Deutschland betroffen.
Durch das Vorhofflimmern erhöht sich das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Generell schwächen Herzrhythmusstörungen das Herz und können zu plötzlicher Bewusstlosigkeit führen. Wenn sie behandelt werden und bei Menschen unter 65 Jahren ohne zusätzliche Herzerkrankung auftreten, wird die Lebenserwartung nicht unbedingt beeinträchtigt. Durch eine medikamentöse Behandlung kann die bisherige Lebenserwartung aber auch bei Menschen über 65 und jenen mit weiteren Herzkrankheiten weitestgehend aufrechterhalten werden.
Studie zeigt: Unregelmäßiger Herzschlag ist gesund
Trotz der Risiken, die Herzrhythmusstörungen mit sich bringen, sollen sie auch etwas Gutes haben. So hat ein internationales Forscherteam in einer Studie herausgefunden, dass das Herz gesund sei, wenn es nicht regelmäßig schlägt. Dafür haben die Forschenden um den österreichischen Gesundheitspsychologen Andreas Schwerdtfeger die Herzratenvariabilität (HRV) untersucht, die anzeigt, wie gut das Herz und Gehirn miteinander kommunizieren.
Der Herzschlag wird durch verschiedene Faktoren wie die Atmung, Stress, kognitive Vorgänge und Stoffwechselprozesse beeinflusst. „Die Herzratenvariabilität ist ein Zeichen körperlicher und psychischer Vitalität und Flexibilität“, erklärt Andreas Schwerdtfeger. Ein regelmäßiger Herzschlag könne anzeigen, dass die Kommunikation zwischen dem Herz und dem Gehirn gestört sei, wie es beispielsweise bei Menschen mit einer Depression der Fall sei.
Herzratenvariabilität beeinflussen: So wird das Wohlbefinden gesteigert
Die HRV werde unter anderem durch anhaltenden Stress, eine unausgewogene Ernährung, mangelnde Bewegung und zu wenig Schlaf gesenkt, was dem Körper auf Dauer schaden könne. Die Erhöhung der HRV könne hingegen dazu führen, dass Prozesse im Gehirn verändert werden, die eine positive Wirkung auf die Gesundheit haben. „Mit Hilfe kontrollierter Atmung kann man die Herzratenvariabilität und damit das körperliche und psychische Wohlbefinden steigern“, erläutert der Gesundheitspsychologe.
Dafür solle man sechs Atemzüge pro Minute machen, das entspricht einem Atemzyklus alle zehn Sekunden. Dadurch werde die optimale Sauerstoffaufnahme im Gehirn erreicht: „Mit dieser Technik lässt sich nicht nur Angst vermindern, auch die Gehirnfunktionen, etwa in Bezug auf das Arbeitsgedächtnis oder die Reaktionszeit, verbessern sich“, so Schwerdtfeger.
In Zukunft sollen die Studienergebnisse als Grundlage für die Erschließung von neuen Diagnose- und Therapiemethoden dienen, insbesondere bei der Behandlung von Frühgeborenen, Patient:innen mit Herztransplantationen und Menschen, die künstlich beatmet werden.
Herzrhythmusstörungen bleiben ein Warnsignal
Trotz der Erkenntnisse des Forscherteams sollte weiterhin aufmerksam mit dem Gefühl von Herzrasen oder Herzstolpern umgegangen werden. Dass gelegentlich ein paar Herzschläge außerhalb des Rhythmus auftreten, ist, wenn keine weiteren Symptome wie Schwindel oder Atemnot auftreten oder andere Herzerkrankungen vorliegen, unbedenklich. Wenn die unregelmäßigen Herzschläge jedoch häufiger und in starker Form auftreten, sollte unbedingt ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht und die Ursache abgeklärt werden. Im Notfall sollte immer ein Rettungsdienst alarmiert werden.
Quelle:
Schwerdtfeger, A. R., Schwarz, G., Pfurtscheller, K., Thayer, J. F., Jarczok, M. N., & Pfurtscheller, G. (2020). Heart rate variability (HRV): From brain death to resonance breathing at 6 breaths per minute. Clinical Neurophysiology, 131(3), 676-693.