Überversorgt und mangelernährt: Vitaminmangel in Industrienationen

Einkaufen im Supermarkt
Lebensmittel im Überfluss: Wir haben freien Zugang zu allen Nährstoffen, die wir brauchen. Umso erstaunlicher, dass viele Deutsche unter Vitaminmangel leiden. Essen Sie zur Vorbeugung viel Gemüse der Saison – das enthält die meisten Nährstoffe Foto: Fotolia

Auf Wochenmärkten und in Geschäften sind frische, gesunde Lebensmittel im Überfluss vorhanden. Dennoch leiden viele Deutsche an dramatischem Vitaminmangel. Wie ist das möglich?

Es klingt verrückt, ist aber leider eine Tatsache: Ausgerechnet in den reichen Industrieländern sind die Menschen oft erschreckend unterversorgt.

Vitaminmangel: Gefährliche Diät-Falle

Das gilt besonders für jüngere Frauen, die ständig Diät halten: Laut einer Studie nimmt nur jede vierte Europäerin zwischen 19 und 36 Jahren genug Vitamin B6 zu sich. Ebenso kritisch wie das „Schlank-Hungern“ sind Ernährungsweisen, bei denen bewusst auf Teile des Nahrungsspektrums verzichtet wird. So weisen Veganer, auf deren Speisezettel ja so wichtige Vitamin-B12-Lieferanten wie Eier und Milchprodukte fehlen, sehr oft ein alarmierendes Defizit auf. Auch bei Patienten, die mit einem Antibiotikum behandelt werden, das den Wirkstoff Metformin enthält, zeigt sich nicht selten ein bedenklicher Vitaminmangel. Nicht besser sieht die Bilanz beim dritten Power-Vitamin aus: Untersuchungen haben ergeben, dass nur jeder vierte Deutsche genug Folsäure aufnimmt. Und wieder sind die Frauen die schlimmsten Ernährungssünder: Im Schnitt erreichen sie gerade mal 71 Prozent der empfohlenen Tagesdosis von 0,3 mg, Männer schaffen immerhin noch rund 88 Prozent.

Vitamine gehen beim Kochen verloren

Selbst routinierte Hobby-Köche wissen oft nicht, wie sensibel fast alle Vitalstoffe auf äußere Einflüsse wie Licht und Luft, Wärme, Feuchtigkeit und falsche Lagerung reagieren. Milch etwa verliert bereits nach zwei Minuten Kochzeit ein Drittel ihres Vitamin-B12-Gehalts! Und von der extrem wasserlöslichen Folsäure verschwinden beim Kochen schon mal 60 bis 95 Prozent. Wenn Sie möglichst viel des flüchtigen Vitamins auf den Teller retten wollen, sind kurze Garzeiten daher Pflicht.

Vitaminmangel durch Monokulturen und Transport

Doch selbst wer auf schonende Zubereitung achtet, kann nicht sicher sein, dass die tägliche Vitamin-Bilanz stimmt. Grund: verfrühte Ernten und lange Transportwege – wenn beispielsweise Äpfel aus Neuseeland und Nektarinen aus Chile herbeigeschafft werden. Aber auch was bei uns wächst, ist nicht immer gut für die Gesundheit: Monokulturen und Überdüngungen haben viele Ackerböden ausgelaugt. Die Ernte enthält oft nur noch 20 bis 30 Prozent der einstigen Vitalstoffe. Hinzu kommt die „vitaminfressende“ Verarbeitung. Weißmehl enthält bis zu 60 Prozent weniger Vitamin B6 als Getreide, polierter Reis 50 Prozent weniger als Naturreis.