Trennung von einem Narzissten: 7 typische Phasen
Die Trennung von einem Narzissten verläuft in mehreren Phasen, die herausfordernd sein können. Vielen Betroffenen fällt es nicht leicht, trotz emotionalen Missbrauchs ihren Peiniger zu verlassen. Aber warum ist es so schwer, sich von einem Narzissten zu trennen? Und was sind typische Taktiken von Narzissten nach einer Trennung?
Für das Abspielen des Videos nutzen wir den JW Player der Firma Longtail Ad Solutions, Inc.. Weitere Informationen zum JW Player findest Du in unserer Datenschutzerklärung.
Bevor wir das Video anzeigen, benötigen wir Deine Einwilligung. Die Einwilligung kannst Du jederzeit widerrufen, z.B. in unserem Datenschutzmanager.
Weitere Informationen dazu in unserer Datenschutzerklärung.
Genauso kräftezehrend wie die Beziehung kann die Trennung von einem Narzissten sein. Nicht nur, weil Narzissten eine Trennung nicht auf sich sitzen lassen können. Die besondere Beziehungsdynamik versperrt Betroffenen eine klare Sicht auf die Dinge und lässt sie an ihrer Entscheidung, einen Schlussstrich zu ziehen, zweifeln. Wie eine Trennung von einem Narzissten dennoch gelingen kann.

Narzissmus: Nicht immer handelt es sich um eine Persönlichkeitsstörung
In den letzten Jahren hat sich Narzissmus zu einem regelrechten Trendthema entwickelt. Gefühlt, kennt jede:r mindestens einen Narzissten persönlich. Doch: „Grundsätzlich ist die Zahl von pathologischen Narzissten deutlich niedriger als dies vielleicht nach außen hin wirkt. Starke narzisstische Anteile gibt es erheblich häufiger […]“, erklärt der Paartherapeut und Beziehungscoach Eric Hegmann.
Jeder Mensch besitzt narzisstische Anteile – sie sind für eine gesunde Entwicklung notwendig. Denn sie sorgen unter anderem für psychische Stabilität, Selbstbewusstsein und Durchsetzungsstärke.
Für das Abspielen des Videos nutzen wir den JW Player der Firma Longtail Ad Solutions, Inc.. Weitere Informationen zum JW Player findest Du in unserer Datenschutzerklärung.
Bevor wir das Video anzeigen, benötigen wir Deine Einwilligung. Die Einwilligung kannst Du jederzeit widerrufen, z.B. in unserem Datenschutzmanager.
Weitere Informationen dazu in unserer Datenschutzerklärung.
Traumatische Erfahrungen in der Kindheit wie Vernachlässigung und Misshandlung können dazu beitragen, dass die narzisstischen Anteile Überhand gewinnen. Der Narzissmus wirkt dann als Schutzstrategie, um den geschädigten Selbstwert vor weiteren Verletzungen zu bewahren.
Als Folge zeigt sich ein überhöhtes Selbst, das von einem Gefühl der eigenen Grandiosität und dem Bedürfnis nach Macht und Kontrolle getragen wird. Das resultiert in einem rücksichtslosen Verhalten und der Tendenz, andere Menschen für die eigenen Zwecke auszunutzen. Narzissten brauchen andere, weil sie von ihnen Bestätigung und Anerkennung („narzisstische Zufuhr“) bekommen.
Schätzungen zufolge weisen etwa acht Prozent der Männer und fünf Prozent aller Frauen in Deutschland eine narzisstische Persönlichkeitsstörung auf. „Eines der Kriterien für die Diagnose der narzisstischen Persönlichkeitsstörung ist, dass die Betroffenen keine Krankheitseinsicht haben“, erläutert Hegmann.
Narzisstische Persönlichkeitsstörung und Trennung: Die Besonderheiten
Zu Beginn einer Beziehung merken Betroffene nicht, dass Sie es mit einem Narzissten zu tun haben. Die Anfangszeit mutet märchenhaft an. Mit Love Bombing umgarnt der Narzisst sein Opfer: Frühe Liebesbekundungen und viel Aufmerksamkeit stellen innerhalb kürzester Zeit Nähe her und sorgen beim Partner für einen regelrechten Dopaminrausch.
Sobald der Narzisst merkt, dass er sein Gegenüber für sich gewonnen hat, zeigt er mehr und mehr sein wahres Gesicht. Um ein Gefühl der Überlegenheit zu bekommen, wertet er sein Gegenüber immer mehr ab – zunächst subtil, danach ganz offen mit abwertenden Kommentaren und Beschimpfungen. Zudem kommt es zu Manipulation und Gaslighting. Narzisstische Wut und zermürbende Streitigkeiten gehören zum Alltag in einer Beziehung mit einem Narzissten.
Dennoch fällt es vielen Betroffenen schwer, sich zu trennen. Denn die Beziehung lebt von der Hoffnung, dass sich der Narzisst ändern wird. Dabei liegen die Betroffenen dem Irrtum auf, dass ihr Partner eigentlich der liebevolle und zugewandte Mensch ist, den sie in der Kennenlernphase erlebt haben. Das missbräuchliche Verhalten wird als großes Missverständnis gesehen – nicht zuletzt aus dem Grund, weil Narzissten die Love-Bombing-Phase immer wieder aufleben lassen, wenn sie merken, dass sich ihr Partner zurückzieht.
Hinzu kommt, dass die Beziehung den Betroffenen viel Energie raubt und ihnen das Selbstbewusstsein nimmt, das für eine Trennung notwendig ist. Nicht selten schaffen es Narzissten zudem, ihre Partner von Familie und Freunden zu isolieren.
Wie trenne ich mich von einem Narzissten?
In der Außenwahrnehmung müsste es Betroffenen aufgrund des emotionalen Missbrauchs leichtfallen, sich zu trennen. Doch die kurzen Hochphasen und die Erinnerung an die Anfangszeit lassen sie an der Beziehung festhalten. Deswegen besteht der erste Schritt zur Trennung darin, sich klarzumachen, dass sich der Narzisst nicht ändern wird, da er in einer Beziehung nicht nach Verbundenheit, sondern nach Macht und Kontrolle strebt.
Wenn Betroffene zu dieser Einsicht gelangen, können sie weitere Schritte ergreifen, um sich vom Narzissten zu lösen. Wichtig ist, sich Unterstützung von außen zu holen und Freunde und Familie ins Vertrauen zu ziehen. Denn häufig versuchen Betroffene den psychischen Missbrauch vor anderen zu verbergen. Sinnvoll ist es zudem, eine Psychotherapie zu beginnen – ganz besonders, wenn Betroffene zwar einsehen, dass ihnen die Beziehung nicht guttut, aber sich psychisch nicht dazu in der Lage fühlen, sich zu trennen.
Eine Therapie kann dabei helfen, das Selbstbewusstsein zu stärken, die emotionale Abhängigkeit aufzulösen und konkrete Handlungsschritte zu erarbeiten. Letzter Punkt ist vor allem bei einer Trennung von einem Narzissten wichtig, wenn Kinder involviert sind und eine finanzielle Abhängigkeit besteht. Wenn Betroffene die Beziehung beenden, sollten sie psychisch gestärkt und unabhängig sein, da ansonsten die Gefahr besteht, sich vom Narzissten wieder vereinnahmen zu lassen.
Taktiken von Narzissten nach der Trennung
Narzissten akzeptieren eine Trennung oftmals nicht. Entweder versuchen sie, den Ex-Partner und damit zugleich die Quelle für ihre narzisstische Zufuhr zurückzugewinnen. Oder sie starten einen Rachefeldzug, da sie das Verlassenwerden als große Niederlage empfinden.
Wenn sich der Narzisst für die empfundene Kränkung rächen möchte, nutzt er dafür verschiedene Taktiken: Er lässt seinen Ex-Partner vor Freunden und Familie in einem schlechten Licht dastehen und versucht möglicherweise, seinen Ruf zu schädigen. Im Falle einer Scheidung ist es für Narzissten typisch, unberechtigte Forderungen zu stellen und dem Ex-Partner den Kontakt zu den Kindern zu verwehren.
Liegt das Ziel darin, die Beziehung wieder aufleben zu lassen, wird der Narzisst „gemeinsame Freunde gezielt befragen, um sich über die Zustände der Ex-Partner zu informieren. Häufig, um dann wieder ins Leben der Betroffenen zu betreten, erneut Versprechungen zu machen, eine Annäherung herzustellen – um letztlich aber meist wieder in alte Muster zu verfallen“, warnt Hegmann.
Wenn der Versuch scheitert, die Beziehung wiederherzustellen, können narzisstisch gestörte Menschen in eine schwere Krise stürzen: „Gerade das Scheitern in einer Beziehung oder in der Karriere versetzt Betroffene häufig einen so schweren Schlag, gegen den die bisherigen Schutzstrategien nicht wirken. Der verletzte Selbstwert liegt dann sichtbar offen. Das ist die schlimmste Erfahrung für die Betroffenen“, so Hegmann.
Narzissten können mit einer Trennung nur gut leben, wenn sie diese ganz bewusst herbeiführen und ihren Partner dazu bringen, sie zu verlassen. Das tun sie, damit sie einem unangenehmen Trennungsgespräch, in dem sie sich erklären und sich mit den Gefühlen ihres Gegenübers auseinandersetzen müssten, entgehen können.
Der Narzisst macht Schluss: Warum das traumatisch sein kann
Für Betroffene, die mit einem Narzissten eine Beziehung führen, ist es der bestmögliche Fall, wenn er selbst eine Trennung herbeisehnt oder sie von sich aus initiiert. Das Beziehungsende kündigt sich häufig dadurch an, dass die Hochphasen immer seltener auftreten, bis sie irgendwann ganz ausbleiben. Beendet ein Narzisst eine Beziehung, hat dies immer einen ganz bestimmten Grund: Er hat jemanden gefunden, von dem er mehr narzisstische Zufuhr bekommen kann. Oft fangen Narzissten eine neue Beziehung an, noch bevor sie die alte beendet haben.
Auch wenn eine Affäre oder Zweitbeziehung der Grund für die Trennung ist, wird der Narzisst seinem:seiner Partner:in die Schuld für sein Handeln geben. Er sieht sich als Opfer, da er der Ansicht ist, zu wenig Aufmerksamkeit oder Liebe bekommen zu haben.
Die Trennung kann für Betroffene traumatisch sein, da sie nicht selten unerwartet kommt. Narzissten können über gemeinsame Zukunftspläne sprechen und schon ein paar Tage später emotionslos das Beziehungsaus verkünden. Im anglo-amerikanischen Raum wird das plötzliche Fallenlassen des Partners durch einen Narzissten als „discard“ beschrieben, was so viel wie „wegwerfen“ oder „entsorgen“ bedeutet. Mit diesem Begriff wird der Umstand wiedergegeben, dass Narzissten andere Menschen objektivieren – wenn sie keinen Nutzen mehr in ihnen sehen, streichen sie sie ohne viele Worte aus ihrem Leben.
Verdeckter Narzissmus und Trennung
Vom klassischen, extravertierten Narzissmus, bei dem der Egoismus und die Rücksichtslosigkeit in der Beziehung nach einer Zeit offensichtlich werden, ist der sogenannte vulnerable, verdeckte Narzissmus abzugrenzen. Dieser ist meist bei Frauen zu finden, weshalb hier auch von weiblichem Narzissmus die Rede ist.
Menschen, die einen vulnerablen Narzissmus aufweisen, neigen dazu, sich an ihren Partnern zu klammern. Charakteristisch sind subtile Abwertungen, etwa in Form von vermeintlichen Scherzen oder scheinbar harmlosen Fragen, sowie Eifersucht und Lügen. Wutausbrüche und offen gezeigte Feindseligkeiten vermeiden vulnerable Narzisstinnen hingegen, um ihr Gesicht zu wahren. Stattdessen zeigen sie sich scheinbar selbstlos und aufopferungsvoll. Aber auch das dient letztendlich nur dazu, den Partner an sich zu binden.
Die Formen der Manipulation sind für den Partner oftmals bis zum Schluss nicht erkennbar – die schlechten Seiten kommen nicht offen zutage. Deswegen kann weiblicher Narzissmus eine Trennung noch schwieriger machen. Schaffen es Betroffene dennoch, die Beziehung zu beenden, kann eine vulnerable Narzisstin genau wie ihr männliches Pendant die Trennung in der Regel nicht akzeptieren.
Um ihren Ex-Partner von ihrer Entscheidung abzubringen, werden Narzistinnen sie emotional erpressen und mit Schuldgefühlen überhäufen. „Ich habe so viel für dich getan/geopfert“ ist ein typischer Satz, den man von verdeckten Narzisstinnen nach einer Trennung hört. Auch scheuen sie sich nicht davor, ihre Ex-Partner durch Mitleid wieder für sich zu erweichen. Unter Tränen gestehen sie dann etwa, niemand anderen zu haben und ohne die Person nicht leben zu können.
Trennung von Narzissten: 7 Phasen
Unabhängig davon, von wem die Trennung ausgeht, stellt es für Betroffene eine große Herausforderung dar, sich von Narzissten vollends zu lösen. Denn eine Aussprache oder Erklärung erhalten sie vom Narzissten nicht. Das hinterlässt bei Betroffenen mitunter das Gefühl, nicht ganz mit der Beziehung abschließen zu können, was vom Narzissten durchaus gewollt ist, um später – wenn er das möchte – ins Leben des Ex-Partners zurückkehren zu können.
Zudem wirkt die Manipulation, der Betroffene mitunter Jahre oder sogar Jahrzehnte lang ausgesetzt waren, nach. Sie fragen sich, ob die Beziehung in der Rückschau tatsächlich so schlimm war, wie sie denken und ob sie den Verlauf der Beziehung hätten ändern können. Erschwert wird die Verarbeitung der Trennung auch dadurch, dass die immer wiederkehrenden Hochphasen in der Beziehung eine Art Sucht erzeugen – das Gehirn von Betroffenen verlangt nach einem erneuten Dopaminrausch, was sie zu deren „Quelle“ – den Narzissten – treibt.
Die Besonderheiten einer narzisstischen Beziehung führen dazu, dass die Phasen der Trennung in vielen Punkten anders verlaufen als normal:
Obsession: Betroffene beschäftigen sich gedanklich rund um die Uhr mit der Beziehung. Fragen danach, ob auf Seiten des Narzissten überhaupt Liebe im Spiel war und was überhaupt real war, stehen im Vordergrund.
Trauer: Trotz des emotionalen Missbrauchs trauern Betroffene um die Beziehung – aber auch um die anfängliche Illusion der perfekten Liebe. Auch depressive Verstimmungen sind möglich.
Einsamkeit: Betroffene fühlen sich mit ihrer Erfahrung, narzisstischen Missbrauch erlebt zu haben, alleine und isoliert, was ein Gefühl von Einsamkeit hervorrufen kann.
Zweifel: Die jahrelange Manipulation hat zur Folge, dass Betroffene ihrer eigenen Wahrnehmung misstrauen. Sie fragen sich, ob der Fehler möglicherweise die ganze Zeit bei ihnen lag.
Scham: Viele Betroffene schämen sich dafür, auf einen Narzissten „reingefallen“ zu sein und den emotionalen Missbrauch jahrelang geduldet zu haben.
Wut: Nach einiger Zeit wandeln sich Trauer und Scham in Wut auf den Narzissten. Betroffene sehen klarer und erkennen, wie sehr sie während der Beziehung gelitten haben.
Erleichterung: Auf die Wut folgt Erleichterung darüber, sich vom Narzissten befreit zu haben und wieder ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.
Trennung von Narzissten durchhalten
Besonders in den ersten Phasen nach der Trennung ist das Risiko hoch, zum Narzissten zurückzukehren. Schuldgefühle, Zweifel und das Zurückdenken an die schönen Momente können dazu führen, dass sich Betroffene wieder auf den Narzissten einlassen – und damit dem emotionalen Missbrauch Tür und Tor öffnen. Um das zu verhindern, sollte der Kontakt komplett eingestellt und Versuche der Kontaktaufnahme durch den Narzissten von vornherein unterbunden werden, wie etwa durch das Blockieren auf sozialen Medien.
Ein enges soziales Netz und der Kontakt mit anderen Betroffenen (wie etwa in einer Selbsthilfegruppe) helfen dabei, Gefühlen von Einsamkeit und Isolation entgegenzuwirken und Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, den Narzissten loszulassen, gar nicht erst aufkommen zu lassen. Denn Gespräche mit Außenstehenden tragen dazu bei, eine klare Sichtweise auf die Beziehung zu bekommen.
Nicht nur, um die Trennung vom Narzissten durchzuhalten, sondern auch um den emotionalen Missbrauch zu verarbeiten und mögliche Nachwirkungen wie eine Depression zu behandeln, ist es zudem empfehlenswert, eine Psychotherapie zu beginnen oder weiter fortzuführen.
Eric Hegmann ist Single- und Beziehungscoach sowie Paartherapeut und Autor mit Sitz in Hamburg. In seinem Fachbereich gilt er als meist zitierter Experte im deutschsprachigen Raum. Zudem ist er Gründer der Modern Love School – einer Plattform, die Online-Kurse rund um Liebe und Beziehung anbietet.
Wenn Sie sich ständig erschöpft und traurig fühlen oder unter Schlafproblemen leiden, kann dies auf eine Depression hindeuten. Spätestens nach zwei Wochen Niedergeschlagenheit ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen. Auf der Website der Deutschen Depressionshilfe finden Sie verschiedene Anlaufstellen. Dort sind auch Adressen für Notfälle gelistet. Bei konkreten Suizidgedanken ist es wichtig, die nächstgelegene Klinik mit psychiatrischer Notaufnahme aufzusuchen.
Bei akuten Sorgen oder Ängsten können Sie jederzeit anonym die Telefonseelsorge unter den Telefonnummern 0800/111 0 111 oder 116 123 anrufen.
Wenn Sie nicht selbst betroffen sind, aber depressive Symptome bei anderen bemerken, erhalten Sie auf der Website der Deutschen Depressionshilfe konkrete Handlungsempfehlungen. Besteht eine konkrete Suizidgefahr ist es wichtig, sofort den Rettungsdienst unter 112 oder die Polizei zu verständigen.