Traumdeutung: Wie kann ich Träume deuten?

Was hat es zu bedeuten, wenn ich davon träume, dass mir die Zähne ausfallen, ein Flugzeug abstürzt oder ein Familienmitglied stirbt? Antworten auf die Fragen kann die Traumdeutung liefern. In der Psychoanalyse ist sie ein fester Bestandteil. Und auch in der Psychologie werden Träume als Möglichkeit angesehen, unbewussten Gefühlen auf die Spur zu kommen. Aber was sollte man beim Träume deuten beachten? Alles zur Traumdeutung und Traumsymbolen.

Eine Frau schläft
Träume zu deuten, kann dazu beitragen, sich mit seinen unbewussten Gefühlen auseinanderzusetzen Foto: iStock/skynesher
Auf Pinterest merken

Im Durchschnitt verbringen wir rund sechs Jahre unseres Lebens mit Träumen. Wer sein 70. Lebensjahr erreicht, hat statistisch gesehen schon 150.000 Male geträumt. Den überwiegenden Teil davon vergessen wir, sobald wir aufwachen. An manchen Träumen können wir uns aber lebhaft erinnern. Häufig sind es jene Träume, die mit starken Emotionen verbunden sind oder die wir immer wieder haben. Dann drängt sich unweigerlich die Frage auf, was dieser Traum zu bedeuten hat. In der Psychoanalyse ist die Traumdeutung ein Mittel, um unbewusste Ängste und Konflikte zum Vorschein zu bringen. Aber wie kann man selber Träume deuten und zu den richtigen Schlüssen kommen?

Freud und Traumdeutung: Träume in der Psychoanalyse als Weg ins Unterbewusste

Die moderne Traumdeutung, auch Oneirologie (griech. oneiros = der Traum) genannt, wurde vom Begründer der Psychoanalyse, Sigmund Freud, entwickelt. Auf über 600 Seiten beschrieb er in seinem im Jahr 1899 erschienenen Werk „Traumdeutung“, die Funktion und die Möglichkeit der systematischen Deutung von Träumen. Der Grundtenor: Träume sind verschlüsselte Botschaften des Unterbewusstseins – sie sind Symbole, die sich aus Erlebnissen und Erfahrungen des Alltags, aus der Vergangenheit und besonders aus der Kindheit speisen. Die Trauminhalte würden auf unbewusste Wünsche und psychische Prozesse hindeuten, die im Wachzustand aufgrund gesellschaftlicher Normen verdrängt würden.

Durch Analyse der Trauminhalte könnten innere Konflikte zutage gebracht und so aufgelöst werden, war Freud überzeugt. Damit wurden Träume zu einem zentralen Bestandteil der Diagnostik und Behandlung von psychischen Erkrankungen in der Psychoanalyse des frühen 20. Jahrhunderts.

Traumdeutung: Traumsymbole haben eine verschlüsselte Bedeutung

Im Traum ist der Präfrontale Cortex ausgeschaltet, also jener Teil des Gehirns, der uns zu rationalem Denken und Handeln befähigt. Bereiche für emotionales Empfinden, sind hingegen aktiv, wenn wir träumen – das zeigen zahlreiche Untersuchungen, in denen die Hirnwellen von Träumenden aufgezeichnet wurden. Träume werden von Gefühlen gelenkt und können daher, im wachen Zustand betrachtet, unlogisch oder verwirrend sein.

Freud zufolge sind Träume stark verzerrt („codiert“); ihre Bedeutung, der sogenannte Traumgedanke, könne nur durch eingehende Analyse entschlüsselt werden. Entsprechend orientiert sich die psychoanalytische Traumarbeitet an den drei Arten der Traumentstellung:  

  • Verschiebung: Die Dinge, Gegebenheiten und Personen im Traum stehen nicht für das, was sie vordergründig darstellen – ihre Bedeutung wird verschoben. Oder Wichtiges bleibt im Hintergrund, während Unwichtiges im Vordergrund erscheint.

  • Verkehrung: Einzelheiten im Traum stellen das Gegenteil vom dem dar, was gemeint ist.

  • Verdichtung: Der Traum ist kurz, aber hat viel Bedeutung.

Traumdeutung: Was sagt die Psychologie?

Noch heute spielt in der analytischen Psychotherapie die Traumdeutung eine Rolle, allerdings in abgeschwächter Form: Die Analyse von Träumen ist nur eine von vielen Techniken, um inneren Konflikten auf die Spur zu kommen. Was die Bedeutung von Träumen angeht, hat sich die moderne Psychoanalyse von der ursprünglichen Theorie gelöst. Freud war überzeugt davon, dass viele Traumsymbole eine allgemeingültige Bedeutung haben. Diese Annahme war bereits zu Lebzeiten Freuds umstritten. Inzwischen gilt sie als völlig überholt.

Es gibt heute viele Theorien über die Funktion von Träumen. Als zweifelhaft gilt, dass Träume bloße Zufallsprodukte der nächtlichen Gehirnaktivität sind und keinerlei tiefere Bedeutung haben. In der Wissenschaftswelt hat sich die Theorie durchgesetzt, dass in Träumen Gefühle, Eindrücke und Erlebnisse des Tages verarbeitet werden. Zudem seien sie das Ergebnis davon, dass das Gehirn im Schlaf Erinnerungen sortiert und neues Wissen mit altem abgleicht. Dadurch würden Assoziationen entstehen, die den Träumenden zu neuen Einsichten führen könnten, so eine Annahme der Traumforschung.

Träume könnten jedoch auch eine Art Trainingslager für das Gehirn sein, wie viele Forschende glauben: Wenn wir von lebensbedrohlichen oder furchterregenden Situationen träumen, können wir im Schlaf ein Verhalten einüben, das unser Überleben oder unser Wohlergehen sichert. In dieser Sicht laden Träume dazu ein, über Lösungen für Probleme nachzudenken und Handlungsalternativen zu entwickeln: Wie würde ich handeln, wenn ich im wahren Leben mit diesem Problem konfrontiert wäre? Was würde ich tun, wenn ich durch eine wichtige Prüfung falle, meinen Job verliere oder mein:e Partner:in sich von mir trennt? Eine nähere Beschäftigung mit Träumen könne somit dazu beitragen, Ängste abzubauen.

Passend dazu kam ein Team von Forschenden um den Neurowissenschaftler Raphael Vallat von der Universität Lyon nach einer Studie mit 40 Versuchspersonen zu dem Ergebnis, dass Träume ein Mittel zur Emotionsregulierung sein können: Wiederholen wir emotional aufgeladene oder belastende Situationen im Traum, verlieren die Gefühle auch im echten Leben an Intensität.

Welche der vielen Theorien nun stimmt, lässt sich nicht sagen. Wissenschaftler:innen vermuten, dass es eine Mischung aus allem ist. Was aber klar ist: Träume können aufzeigen, was uns beschäftigt, welche Ängste und Sorgen wir haben und vor welchen Problemen wir stehen.

Traumdeutung: Tabelle mit Symbolen und Bedeutung

Träume sind eine individuelle Angelegenheit. Es gibt jedoch Träume, die viele Menschen schon mindestens einmal hatten. Dabei handelt es sich meist um Urängste oder um Dinge, die die meisten Menschen auch in der Realität erleben. Die Bedeutung dieser Träume ist daher sozial und kulturell überformt, wobei auch hier die individuelle Lebenssituation wichtig für die Traumdeutung ist. Zudem sollte auch immer der Kontext bei der Deutung miteinbezogen werden – denn ein und dasselbe Symbol kann in verschiedener Variation in Träumen vorkommen und entsprechend unterschiedliche Bedeutungen haben.

Die häufigsten Traumsymbole und mögliche Bedeutungen

Traumsymbol

Eine mögliche Bedeutung

Zähne fallen aus

Angst vor dem Tod oder dem Verlust der Jugend

Haarausfall

Auseinandersetzung mit dem Älterwerden

Tod

Ende eines Lebensabschnitts

Flugzeugabsturz

Angst vor Kontrollverlust

Schwanger

Wunsch nach einem Neuanfang

Fremdgehen

Unerfüllte Bedürfnisse

Hochzeit

Sehnsucht nach Liebe, Vorfreude auf bevorstehende Hochzeit

Spinne

Ausdruck für Konflikte, unterdrückte Wünsche, aber auch Kreativität

Schlange

Wunsch nach Veränderung

Feuer

Zeichen für Kreativität und Ideen, für die sich leidenschaftlicher Einsatz lohnt

Einbruch

Angst vor Kontrollverlust, Verlustangst, Misstrauen und Wunsch nach Gerechtigkeit

Krieg

Angst vor einer Konfrontation

Fliegen

Wunsch nach Freiheit

Verfolgt werden

Flucht vor Gefühlen

Streit

Ungelöster Konflikt

Entführung

Beziehungskonflikte, Angst vor Kontrollverlust

Haare schneiden

Wunsch nach Veränderung

Geld

Wunsch nach Erfolg und Wohlstand

Mord

Verarbeitung von Angst oder Wut

Ratten

Wunsch nach mehr Sicherheit

Fallen

Angst vor Kontrollverlust, mangelndes Selbstvertrauen

Zug

Zeichen für Neues, unerreichbare Ziele

Träume deuten: Realität nicht mit Träumen gleichsetzen

Viele Traumsymbole lassen vor dem Hintergrund individueller Erlebnisse und Probleme sowie der individuellen Lebenssituation einige Deutungsmöglichkeiten zu. Besonders sich immer wiederholende Trauminhalte legen bestimmte Interpretationsweisen nahe.

Die Traumdeutung hat aber auch ihre Grenzen: Nicht alle Träume haben eine tieferliegende Bedeutung – viele sind bloß „Nachwirkungen“ des Tages. Zudem sollten Träume nicht überinterpretiert oder gar mit der Realität gleichgesetzt werden: Ein Traum von einem Flugzeugabsturz bedeutet nicht, dass man seinen nächsten Flug nicht überleben wird. Und ein Traum vom Fremdgehen ist keine Warnung, dass der:die Partner:in untreu wird.

Träume sind weder Orakelsprüche noch klare Wegweiser für unbewusste Wünsche oder Konflikte. Dennoch kann sich Traumdeutung lohnen, denn sie verhilft dazu, den Blick nach innen zu richten – und daraus kann die ein oder andere Erkenntnis erwachsen.