Traditionelle chinesische Medizin (TCM) – was ist das?
Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Um eine Krankheit zu behandeln, bedarf es keines großen Arztes – um die Gesundheit zu erhalten aber eines wahren Meisters!“ Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist hierzulande inzwischen sehr beliebt. Wie funktioniert sie?

Als traditionelle chinesische Medizin (TMC) wird eine ganzheitliche Heilkunde bezeichnet, die auf der Wiederherstellung eines inneren Gleichgewichts beruht. Bestandteile der TMC sind beispielsweise eine bestimmte Ernährungsweise, Akupunktur, Qigong, Tuina-Massage und Kräutermedizin.
Yin und Yang: Grundlage der TCM
Das bekannte chinesische Symbol Yin und Yang steht für das Verhältnis von Ruhe und Bewegung, Tag und Nacht, heiß und kalt. Dabei handelt es sich um gegensätzliche Energien. Voraussetzung für eine gute Gesundheit und Wohlbefinden ist es, dass Yin und Yang in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Yin: stofflich oder materiell, ruhig, dunkel, kühl. Yang: aktiv, dynamisch, hell, heiß. Den optimalen Zustand erreichen die beiden Kräfte laut der chinesischen Lehre in der Natur, bei Menschen und Tieren sowie im gesamten Universum, wenn sie im Gleichgewicht sind. In der chinesischen Medizin steht Yin für das Stoffliche oder Materielle im Körper, während Yang das Bewegliche, Regungen und Energie umfasst. Demnach kommt es zu körperlichen Beschwerden, wenn Yin und Yang sich im Ungleichgewicht befinden.
TMC-Ernährung (chinesische Diätetik)
Die Ernährung spielt eine wesentliche Rolle in der traditionellen chinesischen Medizin. Die TMC-Ernährung beruht auf dem Prinzip der fünf Elemente Erde, Wasser, Feuer, Holz und Metall. In der TMC-Ernährung stehen diese fünf Elemente für die fünf Geschmacksrichtungen und ihre Wirkung wird unterschiedlichen Organen zugeordnet. Mithilfe der TMC-Ernährung sollen Gleichgewicht und Harmonie zwischen Yin und Yang hergestellt werden – die Voraussetzung für gute Gesundheit. Laut dem Prinzip der 5-Elemente-Ernährung können Lebensmittel entweder Yin oder Yang zugeordnet werden und wirken damit entweder abkühlend und entschlackend (Yin) oder wärmend und kraftspendend (Yang).
Akupunktur in der traditionellen chinesischen Medizin
Die Akupunktur ist die in Deutschland verbreitetste Behandlungsmethode der traditionellen chinesischen Medizin. Dabei wird mit feinen Nadeln in bestimmte Hautpunkte gestochen. Die Orientierung dafür geben unsichtbare Energiebahnen (Meridiane). Nach Vorstellung der chinesischen Medizin bringt eine Akupunkturbehandlung die Lebensenergie Qi wieder ungehindert zum Fließen. In Studien konnte die Wirkung von Akupunktur bei verschiedenen Beschwerden und Erkrankungen nachgewiesen werden.
Wie funktioniert Akupressur?
Die Akupressur ist eine der Akupunktur verwandte Heilmethode aus der TCM. Auch sie soll das Qi wieder gleichmäßig zum Fließen bringen. Der Unterschied: Während bei der Akupunktur feine Nadeln in die Haut gesetzt werden, erfolgt die Stimulation der Hautpunkte bei der Akupressur durch Druck. Akupressur kann auch ohne Therapeut durchgeführt werden.
Akupressur-Anleitung: Wenn die Stelle beim Drücken leicht weh tut, haben Sie den richtigen Punkt gefunden. Beginnen Sie die Akupressur mit wenig Druck, später können Sie etwas fester reiben oder drücken. Nutzen Sie dafür die Kuppe Ihres Daumens oder Zeigefingers. Bei manchen Punkten kann auch der Fingernagel zum Einsatz kommen. Bei Schmerzen hingegen streichen Sie nur sanft über die Stelle. Soll eine Körperfunktion angeregt werden, massieren Sie gegen den Uhrzeigersinn. Wenn Sie eine Funktion dämpfen wollen, wird die Bewegung im Uhrzeigersinn ausgeführt. Die Tabelle führt die wichtigsten Akupunkturpunkte auf:
Beschwerden | Akupressurpunkt |
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Schwindel und Kopfschmerzen | Der Energiepunkt Yongquan liegt in der Mitte des Fußgewölbes zwischen dem zweiten und dritten Mittelfußknochen. Legen Sie Ihren linken Fuß auf den rechten Oberschenkel und reiben Sie etwa eine Minute lang mit Ihrem Daumen über den Punkt. |
Zahnschmerzen | Ein wichtiger Meridian verläuft vom Zeigefinger über den Arm bis ins Gesicht. In der Akupressur werden gern Punkte stimuliert, die genau am anderen Ende eines Meridians sitzen als der Schmerzpunkt. Daher ist der Shangyang am oberen Gelenk des Zeigefingers gut geeignet, um Zahnschmerzen zu lindern. Eine Minute lang mit dem Daumen reiben. |
Schnupfen | Der Punkt Yingxiang befindet sich neben den Nasenflügeln. Um die Wirkung zu verstärken, können Sie zusätzlich den Punkt Jingming an der Innenseite Ihrer Augenwinkel einbeziehen. Führen Sie Ihre Finger ein bis zwei Minuten vom Punkt Jingming zum Punkt Yingxiang auf und ab. Bei Heuschnupfen drücken Sie den Bereich zwischen Oberlippe und Nase. |
Rückenschmerzen | Zu den Hauptpunkten für die Behandlung von Rückenschmerzen gehören Shen-Shu und Da-Chang-Shu. Sie liegen im unteren Teil des Rückens links und rechts der Lendenwirbelsäule. Setzen Sie sich hin und reiben Sie eine Minute lang die Region mit beiden Fäusten kräftig ab. Um die Lendenmuskeln zu stärken, gehen Sie ein paar Schritte rückwärts und massieren Sie diesen Bereich gegen den Uhrzeigersinn mit Ihren Daumen. |
Stress | Legen Sie den Daumen Ihrer rechten Hand auf die weiche Stelle zwischen Daumen und Zeigefinger Ihrer linken Hand. Tasten Sie das Gewebe ab, bis Sie die empfindlichste Stelle gefunden haben. Pressen Sie diesen Punkt dreimal für jeweils zehn Sekunden fest zusammen. |
Wie wirkt die Tuina-Massage?
Der Begriff Tuina setzt sich zusammen aus den Silben „Tui“ = schieben, drücken, und „na“ = greifen, ziehen. Damit wird auch gleich die Funktionsweise der Tuina-Massage erklärt. Der Therapeut behandelt den Patienten von Kopf bis Fuß, drückt und greift mit kleinen, kreisenden Bewegungen ins Gewebe. So sollen Blockaden gelöst werden. Tuina wird erfolgreich bei Beschwerden des Bewegungsapparates, bei Rücken- und Gelenkproblemen eingesetzt. Therapeutische Tuina-Massagen sind sehr intensiv und teils auch schmerzhaft.
Qigong: Was besagt die Bewegungslehre?
Die Bewegungsmeditation Qigong ist Teil der traditionellen chinesischen Medizin. Der Begriff bedeutet übersetzt: Beständiges Üben (Gong), um mehr Energie (Qi) zu erhalten. Ziel von Qigong ist es, neue Kraft zu schöpfen und dabei Stress und Verspannungen abzubauen. Ruckartige und kraftraubende Aktionen sind verpönt. Hände und Beine bewegen sich in harmonischen, fließenden und abgerundeten Figuren.
Ein Beispiel: Sie stehen locker in aufrechter Haltung, am besten in freier Natur, und stellen sich vor, Ihre Füße seien mit der Erde verwurzelt. Die Hände halten Sie leicht umfasst in Bauchhöhe. Bald stellt sich eine tiefe Entspannung ein. Die Hände nun voneinander lösen und ganz langsam aufwärts über den Kopf führen. Dabei die Handflächen nach oben wenden, bis es so aussieht, als würden Sie den Himmel abstützen. Während des ganzen Ablaufs ruhig einatmen. Stellen Sie sich vor, auch durch Ihre Handflächen würde Sauerstoff bis tief in den Körper dringen. Nun die Hände wieder allmählich nach unten in die Ausgangsposition bringen und dabei lange ausatmen.
Wie tickt die Organuhr?
Laut der TCM fließt das Qi auf zwölf Meridianen (Bahnen) durch den Organismus. In einem regelmäßigen Abstand von zwei Stunden wechselt der Fokus des Qi von einem Organ auf das nächste – dieses Organ läuft dann für eine kurze Zeit auf Hochtouren. Um Gesundheit und Wohlbefinden zu stärken, ist es demnach wichtig, zu wissen, wann welches Organ „an der Reihe“ ist und mit Qi geflutet wird.
Uhrzeit | Organ | Wirkung |
---|---|---|
1-3 Uhr | Leber | Die Leber leistet jetzt ihre Arbeit bei der Entgiftung des Körpers. Wer jetzt aufwacht, der hat dem Organ vermutlich zu viel zugemutet – etwa durch Alkohol oder schweres Essen. Um das Leber-Qi zu stärken, eignen sich regelmäßige Bewegung und Brennesseltee. |
3-5 Uhr | Lunge | In dieser Tiefschlafphase wird der Organismus optimal mit Sauerstoff versorgt. Laut der chinesischen Medizin können Allergien, Asthma und Schlafstörungen auf eine Schwächung des Lungenmeridians zurückzuführen sein. Das stärkt das Leber-Qi: Beim Duschen laut singen; bei geöffnetem Fenster schlafen. |
5-7 Uhr | Dickdarm | In dieser Phase (nach dem Aufwachen) ist laut TCM-Lehre ein optimaler Zeitpunkt für die Darmentleerung. Ein Glas warmes Wasser vor dem Frühstück hilft dabei, die Verdauung in Schwung zu bringen. |
7-9 Uhr | Magen | Die Magenzeit ist die ideale Zeit fürs Frühstück – und das sollte nach der TCM-Ernährung warm sein, damit der Organismus nicht auskühlt. Dazu eignen sich etwa Porridge, Milchreis oder Grießbrei, mit Kompott oder Zimt verfeinert. |
9-11 Uhr | Milz | Durch die Höchstleistung der Milz am Vormittag wird der Körper mit einer Extraportion Energie versorgt. Darum können wir zu dieser Tageszeit geistige Aufgaben besonders gut lösen. Hinter Müdigkeit kann ein blockiertes Milz-Qi stecken. Passionsblumentee verschafft Linderung. |
11-13 Uhr | Herz | Das Qi im Herzmeridian wird durch Geselligkeit, gemeinsames Lachen und anregende Gespräche „befeuert“. Eine Mittagspause in Gesellschaft tut dem Herzen darum gut. |
13-15 Uhr | Dünndarm | Nach dem Essen fühlen wir uns häufig schlapp und schläfrig. Das liegt daran, dass der Körper mit der Verdauung beschäftigt ist – der Dünndarm arbeitet auf Hochtouren und verbraucht dabei viel Energie. Ideal ist jetzt eine Ruhepause – Aufgaben, die geistige Höchstleistungen erfordern, sollten nicht in diese Zeitspanne gelegt werden. |
15-17 Uhr | Blase | Der zweite Leistungshöhepunkt des Tages fällt in die Zeit der Blase: Sie arbeitet jetzt intensiv an der Regulierung des Flüssigkeitshaushalts und baut „überflüssigen Ballast“ ab. Der Kreislauf wird dadurch angeregt. Wer jetzt Sport treiben kann, sollte dies tun – der Zeitpunkt ist ideal. |
17-19 Uhr | Nieren | Die Nierenphase sollte eine Ruhephase sein. Denn: Um den Organismus mit Wärme zu versorgen und Energie zu speichern benötigt das Organ Ruhe. Um den Körper in dieser Zeit zu schonen, sollte das Abendessen fettarm und ohne viele Ballaststoffe ausfallen. |
19-21 Uhr | Perikard | In dieser Phase wird der Herzbeutel (Perikard) mit Qi versorgt. Laut der TCM-Lehre geht es dabei weniger um den Körper als um die Seele: Ein starkes Perikard-Qi bewahrt uns vor seelischen Wunden und stärkt das Selbstwertgefühl. Zur Unterstützung hilft Weißdorntee und „Seelenstreichler“ wie die Lieblingsmusik oder ein schöner Film. |
21-23 Uhr | Dreifacher Erwärmer | Am späten Abend beginnt die Phase des sogenannten Dreifachen Erwärmers – dabei handelt es sich nicht um ein Organ, sondern eher um einen Energiekreislauf. Er verläuft vom Ringfinger über die äußere Seite des Arms bis zur Augenbraue. Der TCM-Lehre nach schafft er ein Gleichgewicht zwischen Körper und Seele und steuert den Fluss des Qi. |
23-1 Uhr | Gallenblase | Gallenkoliken treten gehäuft bei Einbruch der Nacht auf – denn jetzt arbeitet die Gallenblase auf Hochtouren. Um das Qi der Gallenblase zu stärken, eignen sich eine fettarme Kost, Alkoholverzicht, grünes Gemüse und Entspannungsübungen. |
Kräuterheilkunde in der chinesischen Medizin
In der traditionellen chinesischen Medizin kommen hauptsächlich pflanzliche Mittel zum Einsatz (Phytotherapie). Für die traditionelle Pflanzenmedizin werden Blüten, Blätter, Rinden oder Wurzeln verschiedener Heilpflanzen verwendet. Die Auswahl geschieht nach der Zuordnung der Pflanzen zu Yin oder Yang, ihrem Geschmack und ihrer Wirkung auf verschiedene Organe. So entstehen individuelle Rezepturen, die für den einzelnen Patienten zusammengestellt werden. Eine typische Heilpflanze aus der chinesischen Kräuterheilkunde ist der Ginseng: Er hat eine die Stresstoleranz erhöhende (adaptogene) Wirkung und wird beispielsweise zur Steigerung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit und in der Genesungsphase nach Krankheiten eingesetzt.