Tinnitus heilen: Ist das möglich?

Lässt sich ein Tinnitus heilen? Die Frage, ob Tinnitus heilbar ist, ist für Betroffene essenziell. So hoch sind die Heilungschancen.

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Egal ob Pfeifen, Rauschen oder Piepen auf einem oder beiden Ohren: Lässt sich ein Tinnitus heilen? Gibt es effektive Behandlungsmethoden, die einen dauerhaften Heilungserfolg garantieren? Davon hängt es ab, ob Tinnitus heilbar ist.

Frau mit Tinnitus hält die Hände auf die Ohren
Ein Tinnitus kann die Lebensqualität beeinträchtigen – umso wichtiger ist es, sich frühzeitig ärztliche Hilfe zu holen Foto: iStock/tommaso79

Tinnitus heilen: Was bedeutet das?

Die meisten verstehen unter dem Heilungsbegriff, dass die Ohrgeräusche vollständig verschwinden. Doch bei einem Tinnitus geht es nicht nur um die vollständige Beschwerdefreiheit.

Wenn die Behandlung nicht dazu führt, dass die Dauertöne verstummen, verlagert sich das Therapieziel: Als „geheilt“ gelten dann diejenigen Betroffenen, die lernen, mit den Ohrgeräuschen besser umzugehen, damit der Tinnitus keine große Belastung mehr darstellt und im Alltag nicht mehr als störend empfunden wird.

Kann man Tinnitus heilen?

Auch wenn sich Betroffene eine klare Antwort wünschen – die Frage, ob ein Tinnitus heilbar ist, lässt sich nur mit „Jein“ beantworten. Bei akuten Ohrgeräuschen, die im Zuge eines Hörsturzes auftreten, ist die Wahrscheinlichkeit für eine vollständige Beschwerdefreiheit am höchsten.

Je länger Pfeifen, Piepen oder Rauschen auf dem Ohr anhalten, desto mehr sinken die Chancen auf Symptomfreiheit: Wenn der Tinnitus einen chronischen Verlauf angenommen hat bzw. länger als drei Monate andauert, geht es mehr und mehr darum zu lernen, mit dem Tinnitus zu leben.

Ob ein Tinnitus heilbar ist, hängt von der Ursache ab

Ein wesentlicher Faktor bei der Tinnitus-Heilung ist, welche Ursachen für die Ohrgeräusche verantwortlich sind. Mediziner:innen unterscheiden dabei zwischen einem primären und sekundären Tinnitus:

  • Beim primären bzw. idiopathischen Tinnitus ist die Ursache unklar. Daher gestaltet sich die Behandlung auch schwierig.

  • Von einem sekundären Tinnitus ist die Rede, wenn eine genaue Ursache ausgemacht werden kann. Wenn die zugrundeliegende Erkrankung oder Störung behandelt wird, steigen die Chancen, dass die Geräusche im Ohr nachlassen.

Als Ursachen für einen sekundären Tinnitus kommen zum Beispiel ein geplatztes Trommelfell, ein Knalltrauma, eine durch Viren ausgelöste Mittelohrentzündung oder Gefäßerkrankungen infrage. Wird die Erkrankung behandelt, so geht auch der Tinnitus in den meisten Fällen zurück.

Auch bestimmte Arzneimittel können als Nebenwirkung einen Tinnitus auslösen. Dies betrifft vor allem Entwässerungsmedikamente (Diuretika), trizyklische Antidepressiva mit den Wirkstoffen Clomipramin, Imipramin und Amitriptylin, Betablocker sowie die Anti-Baby-Pille. Liegt der Verdacht nahe, dass der Tinnitus durch ein Medikament ausgelöst wird, so verschwinden die Ohrgeräusche, sobald das Arzneimittel nicht mehr eingenommen wird.

Ein akuter Tinnitus ist heilbar – in den meisten Fällen

Bei den Heilungschancen eines Tinnitus gilt: Je früher mit der Behandlung gestartet wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Ohrgeräusche wieder nachlassen. Laut der Deutschen Tinnitus-Liga kann ein akuter Tinnitus in 80 Prozent der Fälle wieder vollständig verschwinden – insbesondere in den ersten vier Wochen. Ein akuter Tinnitus ist also meist heilbar.

Es lässt sich allerdings nicht pauschal sagen, woher die Spontan-Heilung rührt. Bei einigen Betroffenen verschwinden die Ohrgeräusche nach ein bis zwei Tagen von alleine. Es ist also nicht immer notwendig, Tinnitus-Medikamente zu verabreichen. Verschwinden die Ohrgeräusche jedoch nicht nach einigen Tagen, behandeln HNO-Ärzt:innen in der Regel mit Kortison, das zehn Tage lang intravenös oder in Tablettenform verabreicht wird.

In der Wissenschaft geht man davon aus, dass eine Infusionstherapie mit Kortison die Durchblutung im Innenohr fördern kann sowie einen entzündungshemmenden und abschwellenden Effekt hat; abschließend belegt ist diese Wirkung jedoch noch nicht. Dies zeigt sich auch in der Praxis: Nicht bei jedem Betroffenen führt die Infusionstherapie zum Behandlungserfolg.

Tinnitus natürlich heilen: Helfen pflanzliche Mittel?

Ein pflanzliches Allheilmittel gegen Tinnitus gibt es leider nicht. Viele Betroffene greifen auf Ginkgo-Präparate zurück und erleben dadurch eine Besserung ihrer Beschwerden – wissenschaftlich bewiesen ist die Wirkung von Ginkgo-Extrakten allerdings nicht.

Darüber hinaus steht Ingwer hoch im Kurs, bei Tinnitus eine Besserung zu erzielen. Die gelbe Knolle fördert die Durchblutung, was bei Ohrgeräuschen hilfreich sein kann.

Chronischen Tinnitus heilen: Was tun, wenn die Ohrgeräusche nicht weggehen?

Halten die Ohrgeräusche länger als drei Monate an, so handelt es sich um einen chronischen Tinnitus. Es kann passieren, dass auch der chronische Tinnitus heilbar ist beziehungsweise nach einiger Zeit von selbst verschwindet. Es kann allerdings auch sein, dass die Ohrgeräusche über einen längeren Zeitraum andauern.

In der Behandlung geht es dann nicht darum, den Tinnitus zu heilen, sondern Methoden zu entwickeln, wie Betroffene mit den Beschwerden besser leben können. Als wirksame Behandlungsmethode gilt die kognitive Verhaltenstherapie, bei der Strategien entwickelt werden, um die Lebensqualität zu erhöhen.  

Geht der Tinnitus mit einem Hörverlust einher, so kann ein Hörgerät sinnvoll sein. Das verbesserte Hörvermögen könnte dafür sorgen, dass die Tinnitus-Töne nicht mehr so stark wahrgenommen werden.

Darüber hinaus gibt es weitere Maßnahmen, die die Lebensqualität von Tinnitus-Patient:innen verbessern könnten – ihre Wirksamkeit ist jedoch wissenschaftlich nicht nachgewiesen:

Diese Tipps erhöhen die Chancen, den Tinnitus zu heilen

Das eigene Verhalten kann einen Einfluss darauf haben, ob die Symptome verschwinden, anhalten oder stärker werden.

Folgende Maßnahmen können helfen, Tinnitus zu heilen:

  • Stressfaktoren ausfindig zu machen und das Stresslevel zu senken

  • Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung anzuwenden

  • Orte mit hohem Lärmpegel zu meiden

  • auf Alkohol und Nikotin zu verzichten

  • leichten Ausdauersport zu treiben

  • leise, angenehme Musik beim Einschlafen zu hören.

Tinnitus-Heilung: Erfahrungsberichte von Betroffenen geben Hoffnung

Wer mit seinem Tinnitus hadert und noch keinen Weg gefunden hat, dass die Beschwerden entweder verschwinden oder erträglicher werden, sollte sich mit anderen Betroffenen austauschen. Dafür eignen sich zum Beispiel Selbsthilfegruppen, die zum Beispiel auf der Website der Deutschen Tinnitus-Liga zu finden sind.

Die Strategien, um mit den Ohrgeräuschen besser leben zu können, sind sehr individuell. Einen einheitlichen und ultimativen Weg gibt es nicht. So hilft es einigen zum Beispiel, mit ihrem Tinnitus einen inneren Dialog zu führen, um sich den Dauertönen nicht ausgeliefert zu fühlen. Auch die radikale Akzeptanz der Beschwerden kann hilfreich sein, wie zahlreiche Erfahrungsberichte von Betroffenen zeigen. So gelingt es ihnen zwar nicht, den Tinnitus zu heilen, aber den Fokus im Leben wieder auf positive Dinge richten zu können.

Quellen:

Wenn Ohrgeräusche erstmalig auftreten, in: tinnitus-liga.de

Was hilft bei chronischem Tinnitus – und was nicht?, in: gesundheitsinformation.de

Leben mit Tinnitus, in: stiftung-tinnitus-und-hoeren-charite.org

Ginkgo: Keine Hilfe bei Tinnitus, in: medizin-transparant.at