Tausende Behandlungsfehler aufgedeckt! Verwechslung, Fremdkörper, falsche Medikamente
Der Medizinische Dienst meldet tausende Behandlungsfehler, die in Krankenhäusern und Arztpraxen gemacht wurden. Und die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen. Die Hintergründe.

Am Donnerstag wurde die „Jahresstatistik zur Behandlungsfehlerbegutachtung des Medizinisches Dienstes Bund“ vorgestellt. Bei der Prüfung sind mehrere Tausend Fälle von Behandlungsfehlern nachgewiesen worden – ein Teil davon sogenannte „Never Events“ mit besonders dramatischen Folgen.
3.665 Behandlungsfehler in Kliniken und Arztpraxen
Ob eine Verletzung übersehen wurde, die Operation schiefgelaufen ist oder ein falsches Medikament verschrieben wurde: In insgesamt 13.050 Fällen bestand 2021 der Verdacht auf einen Behandlungsfehler. Dafür hat der Medizinische Dienst fachärztliche Gutachten erstellt und das Ergebnis nun vorgestellt.
„In jedem vierten Fall wurde ein Fehler bestätigt und ein Schaden festgestellt, in jedem fünften war der Fehler Ursache des erlittenen Schadens“, heißt es in einer Pressemitteilung. In 3.665 Fällen sind demnach Fehler aufgedeckt worden, in 3.222 Fällen war es ein Fehler mit Schaden und in 2.709 Fällen war der Fehler Schadensursache. Die meisten Verdachtsfälle – 30 Prozent – betrafen Orthopädie und Unfallchirurgie.
Knapp 4 Prozent der Behandlungsfehler führten zum Tod
Der größte Teil der Schadensfälle ist zwar nicht sehr schwerwiegend: In zwei von drei Fällen sind die Beschwerden vorübergehend. Aber: 6,8 Prozent der Schäden waren auch dauerhaft, die Betroffenen waren erblindet oder pflegebedürftig. In 3,8 Prozent der Fälle starben die Patient:innen sogar infolge des Behandlungsfehlers.
Dunkelziffer bei Behandlungsfehlern deutlich höher
Die Zahl der unentdeckten Fälle dürfte noch höher liegen: „Die Dunkelziffer der Behandlungsfehler liegt deutlich über dem, was in der Begutachtungsstatistik sichtbar wird. Das ist vielfach wissenschaftlich belegt“, wird Dr. Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Bund, zitiert. Dagegen zeigt die Statistik aber auch, dass in knapp 72 Prozent der Verdachtsfälle kein Behandlungsfehler vorlag.
„Never Events“: 130 dramatische Behandlungsfehler
In 130 Fällen ist es zu sogenannten „Never Events“ gekommen. Dabei handelt es sich um besonders dramatische Behandlungsfehler, die vermeidbar gewesen wären – beispielsweise, wenn bei der Operation ein Fremdkörper im Körper vergessen oder das falsche Körperteil operiert wurde. 2020 wurden 120 solcher Fälle entdeckt, die Zahl ist gestiegen. „Never Events sind seltene Einzelereignisse“, so Dr. Gronemeyer. „Sie spielen jedoch eine besondere Rolle in der Sicherheitskultur.“
Expert:innen fordern daher die verpflichtende Einführung einer Nationale Liste zur anonymen Erfassung von Never Events, um die Patientensicherheit gezielt verbessern zu können. So kann man sehen, wo Risiken im Versorgungsprozess bestehen und welche Sicherheitsvorkehrungen unzureichend sind. Andere Länder nutzen die Meldung solcher Ereignisse bereits erfolgreich, um vermeidbare Behandlungsfehler in Kliniken und Arztpraxen zu verhindern.
Quellen:
Behandlungsfehlerbegutachtung 2021: Wieder zahlreiche Never Events festgestellt in: md-bund.de
Tausende Behandlungsfehler in Kliniken und Arztpraxen entdeckt in: spiegel.de
Tausende Behandlungsfehler bestätigt in: tagesschau.de
Patientenbeauftragter will Register für schwere Behandlungsfehler in: faz.net