Süßstoff macht Sie dick - garantiert!
Natürlich süßen – ohne Kalorien! Süßstoffe versprechen viel. Doch wie gut sind sie wirklich? Praxisvita hat für Sie nachgefragt.
Unser Gehirn ist süchtig nach Zucker
Sie sind 30- bis 3000-mal süßer als Haushaltszucker, enthalten null Kalorien. Und machen trotzdem dick. Doch das ist längst nicht alles: Der Lübecker Diabetologe und Hirnforscher Prof. Dr. Achim Peters hat durch die Analyse von mehr als 10 000 Studien nachgewiesen, dass Süßstoffe sogar Diabetes auslösen können. Unser Gehirn kennt die vier Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig und bitter. Aber sein Hauptinteresse gilt allem Süßen, denn das ist sein Treibstoff. Glukose (Traubenzucker) liefert ihm die Energie, die es zum Leben braucht. Nehmen wir aber statt normalem Zucker Süßstoff, verwirren wir unser Gehirn. Die Geschmacksknospen haben ihm das Signal „süß“ weitergeleitet, doch nach zehn Minuten stellt es fest: Es bekommt keine Glukose, sondern Chemie. Daraufhin fordert es neue Energie an. „Wenn wir unser Gehirn mehrfach durch Süßstoff getäuscht haben, reagiert es gereizt und ruft den Energienotstand aus – und der führt dann zum Plan B. Und Plan B heißt: mehr essen“, erklärt Professor Peters. Heißhungerattacken führen nun dazu, dass wir dicker werden und noch mehr Süßstoffe konsumieren, um unser Gewicht in den Griff zu bekommen. Ein Teufelskreislauf beginnt. Denn unser Gehirn ist ein überaus egoistisches Organ: Es fordert unbarmherzig ein, was es braucht. Damit nicht genug: Sind die Körperspeicher gefüllt, reichert sich die Glukose im Blut an.
Süßstoff verwirrt unseren Kopf
Der Blutzuckerspiegel steigt – und ein Typ-2-Diabetes bahnt sich an. Nur wenn sich das Gehirn darauf verlassen kann, dass Süßes auch Energie liefert, kann es genauso viel Nahrung ordern, wie der Körper wirklich braucht. Erst wenn unser Gehirn „satt“ ist, werden die inneren Organe, die Muskeln und schließlich die Fettspeicher beliefert. Einer der vielen Beweise für die Theorie des egoistischen Gehirns: Unter extremen Hungerbedingungen verlieren die inneren Organe bis zu 40 Prozent Gewicht – das Gehirn jedoch schrumpft um höchstens zwei Prozent. Studien haben zudem belegt: Bei einem Anteil von nur zwei Prozent am Körpergewicht beansprucht das Gehirn 50 Prozent des täglichen Glukose-Bedarfs. „In Stresssituationen sogar bis zu 90 Prozent“, erklärt Peters.
Warum Diäten sinnlos sind
Rund 130 Gramm Glukose braucht unser Gehirn, um seine Arbeit zu machen. Das entspricht einer vollen Tasse Zucker pro Tag! Was also empfiehlt der Hirnforscher als ersten Schritt? „Vorsicht mit Süßstoffen“, lautet sein Rat, denn: „Je kürzer wir diesen Süßstoffen ausgesetzt sind im Leben, je kürzer diese Periode ist, desto größer ist die Chance, dass sich unserer Stoffwechselprogramm wieder erholt und wir dann schlanker werden.“ Auch wenn wir älter sind, hat unser Gehirn noch die Fähigkeit, sich zu regenerieren. Auf der sicheren Seite ist man, wenn man auf künstliche Geschmackszusätze verzichtet, die auch das Stresssystem irritieren können. Der Einsatz von Süßstoffen ist aus Sicht der Hirnforschung ein Kunstfehler!
Ist der Süßstoff Stevia eine Mogelpackung?
Der Süßstoff Stevia ist inzwischen auch in Deutschland zugelassen. Viele Hersteller erwarten jetzt eine süße Revolution auf dem deutschen Lebensmittelmarkt. Stevia-Wundermittel oder nur eine Mogelpackung? Dr. Udo Kienle von der Universität Hohenheim gehört zum kleinen Kreis international renommierter Stevia-Experten und beantwortet exklusiv bei Praxisvita die wichtigsten Fragen zum Zucker des 21. Jahrhunderts:
Sollen wir jetzt mit Stevia statt mit Zucker süßen?
Dr. Kienle: Fakt ist: Der Süßstoff hat gegenüber Zucker viele Vorteile: Er ist unbedenklich für die Zähne, hat praktisch keine Kalorien, süßt 300-mal stärker als Zucker und ist für Diabetiker geeignet. Und gegenüber anderen Süßstoffen hat die Stevia-Süße den Bonus, dass man damit kochen und backen kann.
Und was sind die Nachteile?
In puncto Geschmack variieren die Stevia-Extrakte leider noch. Zuweilen hinterlässt das Süßungsmittel einen bitteren oder lakritzähnlichen Nachgeschmack. Dies liegt in der Regel daran, dass der aufwendige Herstellungsprozess der überwiegend aus China gefertigten Produkte noch nicht ganz ausgefeilt ist.
Was genau verbirgt sich hinter Stevia?
Die Stevia rebaudiana sieht aus wie Pfefferminze und stammt ursprünglich aus Paraguay. Allerdings: Wer von dem Süßstoff ein Naturprodukt erwartet, wird enttäuscht. Mit der Ursprungspflanze haben die Steviolglycoside, die am Ende in der Limo landen, nichts mehr zu tun, wei sie durch ein chemisches Verfahren gewonnen wurden.
Kann man alternativ nicht einfach die Blätter der Stevia-Pflanze nutzen?
Die Stevia-Pflanze ist in Deutschland als Lebensmittel nicht zugelassen. Ebenso wenig sind bislang frische oder getrocknete Blätter, grünes Pulver aus getrockneten Blättern und wässriger oder alkoholischer Auszug lebensmittelrechtlich zugelassen, weil toxikologische Untersuchungen noch fehlen. Teilweise werden solche Produkte unter Umgehung des Lebensmittelrechts im Internet oder in Bioläden bzw. Reformhäusern angeboten. Das ist aber nicht zulässig und auch strafbar.

Kritiker glauben, dass der Süßstoff womöglich gesundheitsgefährdend ist. Die Steviolglycoside stehen im Verdacht, Krebs zu fördern, genverändernd zu wirken und unfruchtbar zu machen.
Von der strengen EU-Kommission werden keine Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen, die nur im geringsten Verdacht stehen, die Gesundheit zu gefährden. Toxikologische Tests beweisen, dass der Stevia-Süßstoff keine Veränderungen im genetischen Zellmaterial hervorruft und nicht krebserregend ist. Auch wurden keine negativen Folgen auf die Fruchtbarkeit oder das ungeborene Leben festgestellt.
Aber schon Paracelsus hat gesagt: Die Dosis macht das Gift. Wie viel Stevia darf man denn pro Tag zu sich nehmen?
Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat einen Grenzwert von ca. 10 mg Süßstoff pro Kilogramm Körpergewicht festgelegt und empfiehlt 600 mg nicht zu überschreiten – das ist heutzutage für einen Süßstoff ein viel zu geringer Wert. Beim künstlichen Süßstoff Aspartam z. B. gilt die Richtlinie von 40 mg pro Kilogramm Körpergewicht. Eine 70 Kilo schwere Frau könnte also 2,8 g Aspartam aufnehmen. Das ist fast das 5-Fache der Stevia-Süße. Aufgrund der vorgeschriebenen niedrigen Grenzwerte lassen sich derzeit Limonaden oder Milchprodukte nur zu rund 30 Prozent mit Stevia-Extrakten süßen. Für die restlichen zwei Drittel müssten andere Süßstoffe oder eben doch wieder Zucker herhalten.
Wo kann ich Stevia-Süßstoffe oder damit angereicherte Produkte derzeit kaufen?
Supermarkt-Ketten wie Edeka und Rewe bieten bereits Stevia als Pulver oder Tabletten an. Steviolglycoside dürfen künftig auch in Marmeladen, Milchprodukten und Getränken eingesetzt werden. Verbraucher erkennen es an dem Kürzel E 960 auf der Zutatenliste.
Was ist mit Produkten aus dem Reformhaus, Bioladen oder Internet – sind die genauso gut?
Davon rate ich dringend ab. Zum einen gibt man dort viel Geld aus für sensorisch meist minderwertige Produkte. Zum anderen sind die Hygiene- und Qualitätsstandards vor allem von Internet-Waren schwer zu kontrollieren.
Süßen Sie selbst mit Stevia-Süßstoff?
Mir schmeckt Stevia in Obstsalat, Obstquark und Weihnachtsplätzchen. Wenn Stevia optimal hergestellt ist, kann man seine Süße nicht von Zucker unterscheiden. Die Produkte, die derzeit im Supermarkt angeboten werden, sind übrigens alle geschmacklich in Ordnung.
Stevia senkt den Blutzuckerspiegel
Eine kleine unscheinbare Pflanze aus Paraguay revolutioniert den Lebensmittelmarkt: Stevia. Die aus den Blättern der Staude Stevia rebaudiana gewonnenen Extrakte – die sogenannten Steviolglycoside E 960 – haben keine Kalorien und sind 300-mal süßer als Zucker, so dass zum Süßen nur Mengen im Milligrammbereich benötigt werden. Zudem senkt Stevia den Blutzuckerspiegel, so dass auch Diabetiker von der pflanzlichen Süße profitieren. Und: Stevia verhindert sogar die Entstehung von Zahnbelag, da seine Inhaltsstoffe antibakteriell und karieshemmend wirken. In Studien hat sich Stevia als unbedenklich für die Gesundheit erwiesen. Die EU-Behörden empfehlen nicht mehr als 600 Milligramm Steviolglycoside pro Tag (bei 60 Kilo Körpergewicht). Für Getränke wurde die Höchstmenge auf 200 mg pro Liter begrenzt. Geschmacklich unterscheiden sich die Steviolglycosoide kaum von Haushaltszucker.
Lebensmittel mit Stevia-Zusatz
Wenn nicht „Stevia“ auf den Packungen steht, erkennt man es im Kleingedruckten als Zusatzstoff E 960. Vor allem alkoholfreie Erfrischungsgetränke, Speiseeis, Milchprodukte und Konfitüren können Stevia enthalten.
Aspartam verursacht Kopfschmerzen

Aspartam schmeckt 200-mal süßer als Zucker und hat praktisch keine Kalorien. Klingt gut, dennoch gehört der synthetische Süßstoff zu den umstrittensten Lebensmittelzusatzstoffen überhaupt. Studien der Universität Ohio haben gezeigt, dass Aspartam Kopfschmerzen, Gedächtnisstörungen und Sehstörungen verursachen kann. Außerdem wird es von Wissenschaftlern als Mitverursacher von Alzheimer, Diabetes und Depressionen beschuldigt. Bei seiner Verstoffwechselung entstehen gefährliche Nervengifte. Gedächtnisverlust und Verlust des Hörvermögens sind weitere mögliche Folgen. Fakt ist, dass beim Abbau von Aspartam im Körper zu einem Drittel daraus der hochgiftige Methylalkohol entsteht – ein Stoff, der seit Jahrzehnten als schweres Stoffwechsel- und Rauschgift eingestuft ist. Studien weisen auch auf einen Zusammenhang zwischen Aspartam und Heißhungerattacken hin. Die maximale als unbedenklich eingestufte Tagesdosis ist 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht.
Produkte, die Aspartam enthalten
Der als E 951 gekennzeichnete Zusatzstoff steckt in kalorienreduzierten Erfrischungsgetränken, Desserts, Milchprodukten, Brotaufstrichen, Senf, Soßen, Obstkonserven und Spirituosen.
Saccharin kann Diabetes auslösen

Er hat kaum Kalorien – und trotzdem hält sich hartnäckig der Verdacht, dass der Süßstoff Saccharin (300- bis 500- mal süßer als Zucker) dick macht. Susan Swithers von der Purdue Universität in Indiana ist jedenfalls fest überzeugt davon, dass der Zuckerersatzstoff den Körper täuscht. Die Forscherin fütterte Ratten mit Joghurt, der entweder Zucker oder Saccharin enthielt. Fünf Wochen später waren die auf Süßstoff gesetzten Tiere schwerer – und tatsächlich auch dicker geworden. Die Daten deuten darauf hin, dass der Verzehr von Produkten mit Sacharin zu einem erhöhten Gewicht und Fettsucht führen könnte, weil sie die Stoffwechselvorgänge im Körper nachhaltig stören. Andere Wissenschaftler berichten, dass der vermehrte Genuss von Saccharin dazu führt, dass der Körper verstärkt Fett in die Bauchhöhle einlagert. Dadurch erhöht sich der Blutdruck. Gleichzeitig entwickelt sich eine sogenannte Insulinresistenz, die zu Diabetes führen kann.
Produkte, die Saccharin enthalten
Als Zusatzstoff E 954 findet man ihn in Light-Produkten, Limonaden, Kaugummis, Desserts, Marmeladen, Senf, Süßigkeiten und speziellen Diabetiker-Produkten. Saccharin steckt auch in Mundwasser, Zahnpasta, Lippenstiften und Tabletten.
Cyclamat kann das Krebsrisiko erhöhen
In den USA ist der künstlich hergestellte Süßstoffe Cyclamat seit Jahrzehnten verboten. Hohe Konzentrationen erhöhten in Tierversuchen das Risiko für Blasenkrebs. Obwohl dieser Effekt für den Menschen nicht nachgewiesen werden konnte, haben die Behörden den Süßstoff vom Markt nehmen lassen. Und bis heute konnten die Hersteller nach Ansicht der US-Experten den Krebsverdacht nicht ausreichend widerlegen. Andere Forscher vermuten, dass Cyclamat in großen Mengen den Blutdruck erhöht. Die tägliche Höchstdosis beträgt 11 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Für einen 70 Kilogramm schweren Erwachsenen heißt das: Nicht mehr als 770 mg Cyclamat pro Tag. Ein Liter Light-Getränk enthält aber bereits bis zu 400 mg. Ein 15 Kilogramm schweres Kind hat den täglichen Höchstwert bereits mit einem Glas eines zuckerfreien Getränkes erreicht. Inzwischen ist der Zusatz von Cyclamat auch bei uns für einige Lebensmittel untersagt worden.

Produkte, in denen Cyclamat steckt
Der Zusatzstoff E 952 verbirgt sich in zuckerfreien Getränken, Marmeladen, Gelees, Puddings, Obstkonserven, Nahrungsergänzungsmitteln und Süßstoff-Tabletten. Zum Süßen von Speiseeis, Bonbons und Kaugummis ist es allerdings nicht mehr zugelassen.