Stressreaktion: Das passiert im Körper
Eine Stressreaktion ist ein (lebens)wichtiger Vorgang im Körper, der uns in herausfordernden und brenzligen Situationen leistungsfähiger macht. Doch wie ist der physiologische Ablauf bei einer Stressreaktion?
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Sei es die bevorstehende Prüfung, eine gefährliche Verkehrssituation oder auch der perfektionistische Anspruch an sich selbst – all diese äußeren und inneren Faktoren können Stressreaktionen im Körper auslösen. Was dabei im Gehirn passiert und welche Rolle Hormone spielen.
Was sind Stressreaktionen?
Eine Stressreaktion ist der körperliche und psychische Reflex auf einen sogenannten Stressor – also ein innerer oder äußerer Faktor, der zu einer Stressreaktion führt. Dieser Vorgang versetzt den Menschen in Höchstform: wir sind bei Stress leistungsfähiger, wacher und können blitzschnell reagieren, etwa wenn ein Verkehrsunfall droht oder wenn wir eine Rede halten müssen. Die Reaktion ermöglicht es, sich schnell an eine Situation anpassen zu können.
Diese physiologische Reaktion im Körper ist schon uralt. Bekannt ist das Beispiel des Säbelzahntigers: Neandertaler mussten bei einer Begegnung mit diesem gefährlichen Tier sofort die Flucht ergreifen oder in den Angriff übergehen – die Stressreaktion macht diesen Flucht-Kampf-Modus möglich. Sie versetzt den Körper innerhalb kürzester Zeit in Alarmbereitschaft.
Heutzutage müssen wir zwar nicht mehr um Leib und Leben durch einen Säbelzahntiger fürchten, dennoch ist die Stressreaktion im Körper heute noch dieselbe wie zu Zeiten der Neandertaler – also schon mehrere Hunderttausend Jahre alt.
Welche Faktoren können eine Stressreaktion auslösen?
Laut einer Stressstudie der Techniker Krankenkasse von 2021 fühlen sich Menschen in Deutschland vor allem durch diese Faktoren gestresst:
Beruf, Schule, Studium oder Ausbildung (47 Prozent)
zu hohe Ansprüche an sich selbst (46 Prozent)
wenn jemand Nahestehendes schwer erkrankt (31 Prozent)
Konflikte in der Beziehung oder mit Freunden und Familie (26 Prozent)
ständige Erreichbarkeit durch Smartphone und Social Media (25 Prozent)
zu viel Freizeitstress (25 Prozent)
Äußere Stressfaktoren bzw. Stressoren können auch Lärm, eisige Kälte, Hitze oder der Verkehr sein. Als innere Faktoren kommen zum Beispiel unerfüllte Wünsche und Träume, Überforderung, ein geringer Selbstwert und auch psychische Erkrankungen. Auch der Tod eines nahen Angehörigen kann eine Stressreaktion auslösen.
Was passiert bei einer Stressreaktion im Körper?
Bei einer Stressreaktion spielen Hormone eine tragende Rolle. Durch sie werden einige Körperprozesse hochgefahren und andere reduziert – mit dem Ziel, möglichst viel Energie sicherzustellen. Dabei steht nur eines im Fokus: die vermeintliche Gefahrensituation. Alles andere wird für den Moment ausgeblendet.
Unterdrückt werden deshalb bei einer Stressreaktion die sexuelle Lust und die Verdauungsvorgänge. Dagegen steigt der Blutzuckerspiegel, die Herzfrequenz erhöht sich, der Blutdruck steigt und die Muskulatur in Armen und Beinen wird stärker durchblutet und spannt sich an, um sofort handlungsfähig zu sein, falls eine äußere Gefahr Leib und Leben bedroht. Zudem ist das Immunsystem stärker aktiviert und wir fangen an zu schwitzen oder frösteln. Auch die Atmung wird schneller und flacher, weil die Bronchien sich weiten und dadurch mehr Sauerstoff aufnehmen.
Die Stressreaktion wirkt sich auch auf die Psyche aus: So können wir im Stress-Modus nur eingeschränkt denken, fokussieren unsere Wahrnehmung auf die Gefahrensituation und haben auch ein vermindertes Schmerzempfinden. All diese Reaktionen haben ihren Ursprung im Gehirn.
Akuter Stress kann das Immunsystem veranlassen, effektiver Krankheitserreger zu bekämpfen. Dabei wird die unspezifische Abwehr, das "Schutzschild" des Körpers aktiviert, um Krankheitserreger aufzuhalten, weiter in den Organismus vorzudringen. Gleichzeitig verringert sich die spezifische Immunabwehr in einer akuten Stresssituation. Diese ist dafür zuständig, Eindringlinge, die die unspezifische Barriere überwunden haben, gezielt zu bekämpfen.
Chronischer Stress führt dazu, dass beide Abwehrsysteme des Körpers geschwächt werden und Betroffene deshalb infektanfälliger sind.
Physiologische Stressreaktion: Ablauf erfolgt im Gehirn auf zwei Wegen
Das Gehirn ist die Schaltzentrale und steuert die Stressreaktion. Dabei gibt es zwei Stressachsen, die ein komplexes Netzwerk bilden und die Stressreaktion im Körper auslösen.
Eine wesentliche Rolle kommt dabei der sogenannten Amygdala zu, die umgangssprachlich auch als Angstzentrum oder Stressdirigent im Gehirn bezeichnet wird. Der mandelförmige Hirnkomplex gehört neben dem Hippocampus und dem präfrontalen Cortex zum limbischen System, das unter anderem für die Entstehung und Steuerung von Emotionen zuständig ist und maßgeblich die Stressreaktion im Körper steuert. Die Nervenzellen der Amygdala sind aufgrund einer möglichen Gefahrensituation alarmiert und beurteilen in Millisekunden, ob der Sinneseindruck gut oder schlecht für uns ist.
Der biologische Ablauf einer Stressreaktion erfolgt auf diesen beiden Wegen:
Die schnelle, neuronale Stressreaktion über das sympathische Nervensystem: Grob gesagt gibt die Amygdala die Stress-Information an den sogenannten Sympathikus weiter. Dieser ist Teil des vegetativen (autonomen) Nervensystems, das bei Stress unwillentlich verschiedene Organe aktiviert. Der Sympathikus leitet die Information an das Nebennierenmark, das sich im Inneren der Nebenniere befindet, weiter. Das Nebennierenmark schüttet daraufhin die Hormone Adrenalin und Noradrenalin aus (auch Katecholamine genannt), die das Herz schneller schlagen lassen und die Atemfrequenz erhöhen. Zudem wird die Versorgung von Sauerstoff und Glucose erhöht, um mehr Energie zu haben.
Die langsamere, hormonelle Stressreaktion über den Hypothalamus: Zeitgleich wird die sogenannte Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) von der Amygdala über die potenzielle Gefahr informiert. Ein weiterer Stressvorgang wird so in Gang gesetzt: Der Hypothalamus im Zwischenhirn setzt Hormone frei, die auf die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) einwirken, die widerum das Hormon Adrenocorticotropin (ACTH) ausschüttet. ACTH gelangt zur Nebenniere, die das Stresshormon Kortisol freisetzt. Daraufhin steigt der Blutdruck, das Herz pumpt vermehrt, Entzündungsreaktionen werden im Körper vermindert und Glukose und Fett vermehrt freigegeben – dadurch nimmt der Blutzuckerspiegel zu: Körper und Psyche sind jetzt leistungsfähiger.
Diese zwei Mechanismen sorgen dafür, Körper und Psyche in den Flucht-Kampf-Modus zu versetzen und in herausfordernden Situationen Höchstleistungen zu bringen.
Der hormonelle und neuronale Ablauf im Körper klingt kompliziert – vereinfacht gesagt lässt sich eine Stressreaktion in drei Phasen unterteilen. Als erstes kommt die Alarmphase, in der sich der Körper auf die potenzielle Gefahr vorbereitet. Wir fokussieren uns auf die Konfrontation und unsere Muskeln spannen sich an. In der Handlungs- und Widerstandsphase zeigt sich, ob wir weglaufen oder „zum Angriff“ übergehen. Benötigt werden hier die Energiereserven, die in Phase 1 erhöht wurden. Anschließend folgt die Erholungsphase, in der sich die Körpervorgänge wieder beruhigen und „normal“ weiterarbeiten.
Zum Problem wird Stress erst, wenn keine Erholungsphasen folgen, er langanhaltend wird und sich die Stressreaktion „verselbstständigt“ – welche Krankheiten dann entstehen können, lesen Sie hier.
Quellen:
Stress im Körper, in: stresszentrum-trier.de
Stress: Was ist das?, in: gesundheit.gv.at
Wie funktioniert das Nervensystem?, in: gesundheitsinformation.de
Wie Gehirn und Hormone die Stressreaktion steuern, in: tk.de
Entspann dich, Deutschland! TK-Stressstudie 2021, in: tk.de