Sollten Babys in Pappkartons schlafen?

Eine finnische Erfindung erleichtert nicht nur Müttern, sondern auch Babys die ersten Monate nach der Geburt.
Finnland hat eine der niedrigsten Kindersterblichkeitsraten der Welt. Doch das war nicht immer so. Noch in den 1930er Jahren hatte Finnland eine sehr hohe Säuglingssterblichkeit, auch die Geburtenrate ging immer mehr zurück. Heute belegt Finnland mit 2,52 Todesfällen auf 1000 Geburten (zum Vergleich Deutschland: 3,43) den siebsten Platz in der Liste der niedrigsten Kindersterblichkeitsraten der Welt. Der Grund dafür könnte unter anderem eine zugleich simple aber dennoch raffinierte Pappkiste sein. Seit 1938 bekommt jede werdende Mutter in Finnland eine sogennante „Äitiyspakkaus“, ein Baby-Starterkit. Einzige Voraussetzung: Bis zum vierten Schwangerschaftsmonat muss sie sich einer Vorsorge-Untersuchung beim Gynäkologen unterziehen. In der Kiste befindet sich alles, was Mamas und Babys in den ersten Monaten brauchen: Infomaterial, Stilleinlagen, Kleidung, Windeln, Spielzeug, Pflegeprodukte – alles in geschlechtsneutralem Design.
Am Muster ihrer Lätzchen erkennt man bei finnischen Kleinkindern übrigens gut, in welchem Jahr sie geboren wurden. Das Design der Baby-Ausstattung ändert sich nämlich jährlich.
Ein ganz besonderer Karton
Aber was ist nun das Besondere an Äitiyspakkaus? Die Kiste selbst. Die von außen unscheinbare Pappschachtel ist von innen mit einer dünnen aber bequemen Matratze ausgekleidet und kann deshalb gleich als Babybett benutzt werden. Durch ihre praktische Größe kann die Box nachts neben das Bett gestellt werden und die Eltern können bei dem Kind sein ohne es mit ins Bett nehmen zu müssen. Studien haben gezeigt, dass sich durch das Schlafen im Elternbett das Risiko für Erstickungen erhöht, da sich Eltern im Schlaf auf das Baby drehen können. Außerdem hat die Box keine Elemente, an denen sich Säuglinge stoßen, schneiden oder strangulieren können.
Babybox als internationales Vorbild
Im Laufe der Jahrzehnte haben sich die Box und ihr Inhalt immer wieder geändert. Waren in den 1930er Jahren noch Stoffe und Nähzeug Bestandteile der Box, gehörte fertige Babykleidung ab den 50er Jahren zum festen Repertoire. Von Stoffwindeln zu Wegwerfwindeln und wieder zurück zu Stoffwindeln wurde auch der ökologischen Entwicklung Rechnung getragen.
Auch andere Länder haben sich ein Vorbild an dem finnischen Projekt genommen. Die kanadische Provinz Alberta versorgt seit diesem Jahr junge Mütter kostenlos mit „Baby Starter Kits“. In Mexico City hatte sich die lokale Regierung im vergangenen Jahr dazu entschlossen, in Zusammenarbeit mit der finnischen Botschaft, die Babybox an bedürftige Mütter von Neugeborenen zu verteilen. In den USA gab es bereits ein Pilotprojekt am Temple University Hospital in Philadelphia. Trotzdem ist Finnland immer noch das einzige Land der Welt, das die Box flächendeckend anbietet. Deshalb und auch wegen seiner sehr guten öffentlichen Gesundheitsversorgung, wurde das Land von der Kinderrechtsorganisation „Save the Children“ als „Best Place To Be A Mother On Earth" ausgezeichnet.