Augeninfarkt – wenn ein Auge plötzlich streikt

Plötzlich blind auf einem Auge: Bei einem Augeninfarkt lässt die Sehkraft auf einem Auge nach – wie stark, unterscheidet sich von Fall zu Fall. Der Grund ist eine Durchblutungsstörung im Auge.

Was ist ein Augeninfarkt?

Ein Augeninfarkt ist eine akute Durchblutungsstörung der Netzhaut, die ein Auge betrifft. Verengungen oder Verschlüsse kleinerer oder auch größerer Blutgefäße im Auge sorgen dafür, dass das Auge nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt wird.

Retinaler Arterienverschluss und Augenthrombose

Retinaler Arterienverschluss: Der Gefäßverschluss tritt dauerhaft oder vorübergehend in den Arterien auf, die das Blut vom Herzen in Richtung Auge transportieren. Hier wird zwischen einem Verschluss der Zentralarterie und einem Verschluss in einem Arterienast unterschieden. Ein retinaler Arterienverschluss ist vergleichsweise selten.
Retinaler Venenverschluss (Thrombose im Auge): Dieser Gefäßverschluss tritt in den Venen auf, die das Blut von den Netzhautzellen in Richtung Herz transportieren. Auch hier unterscheidet der Arzt zwischen einem Verschluss der Zentralvene und einem Verschluss in einem Venenast. Der retinale Venenverschluss, auch Thrombose im Auge genannt, zählt zu den häufigsten Gefäßerkrankungen der Netzhaut und gehört zu den wesentlichen Erblindungsursachen bei älteren Menschen.

Welche Augeninfarkt-Symptome gibt es?

Bei einem Augeninfarkt treten die Symptome unmittelbar auf und beschränken sich auf ein Auge. Je nach Art und Ausmaß des zugrunde liegenden Gefäßschadens berichten Menschen mit einem Augeninfarkt zu Beginn häufig von einem „Schleier vor dem Auge“ und einem insgesamt eingeschränkten Seh- oder Gesichtsfeld.

Das Ausmaß der Augeninfarkt-Symptome reicht von einer vorübergehenden Erblindung für die Dauer von Sekunden oder Minuten – einem sogenannten Amaurosis fugax – über die dauerhafte Verschlechterung von Sehstärke und Sehschärfe bis hin zur vollständigen Erblindung des betroffenen Auges. 

Als Folge bestimmter Formen des Gefäßverschlusses kann sich der Augeninnendruck (Sekundärglaukom) deutlich erhöhen, was mit Schmerzen verbunden ist. Der Augeninfarkt selbst löst keine Schmerzen aus.

Augeninfarkt-Symptome werden oft gar nicht oder erst viel später von den Betroffenen bemerkt. Das liegt daran, dass das zweite Auge gleichbleibend gut sieht und den Sehverlust ausgleicht. Nicht selten fällt der Augeninfarkt darum erst bei einer Routineuntersuchung beim Augenarzt auf.

Wer oben beschriebene Symptome an sich selbst bemerkt, sollte in jedem Fall sofort einen Arzt aufsuchen. Denn mit einem schnellen Therapiestart können mögliche Folgen, wie eine dauerhafte Erblindung, des betroffenen Auges vermieden werden.

Welche Ursachen hat ein Augeninfarkt?

Der Augeninfarkt wird entweder durch wachsende Ablagerungen in den Gefäßen ausgelöst oder durch Blutgerinnsel, die das Blutgefäß wie ein Pfropfen verschließen. Sie bilden sich meist vor Ort in den Blutgefäßen des Auges. Die Blutgerinnsel können sich aber auch an anderer Stelle bilden, beispielsweise in Verzweigungen der Halsschlagader, in den Gefäßen der Herzwand oder an verkalkten Herzklappen. Sie lösen sich von dort und werden über den Blutfluss in die Blutgefäße des Auges gespült. Hier setzen sie sich je nach Größe und Beschaffenheit in den zentralen Gefäßen der Netzhaut oder in den Seitenästen und feinen Verzweigungen fest.

Die Entstehung des Augeninfarkts unterscheidet sich je nach Form: Bei einem retinalen Arterienverschluss ist das Gewebe direkt von der Sauerstoffversorgung abgeschnitten. Denn die Arterien haben die Aufgabe, das sauerstoffreiche Blut zum Auge zu transportieren – sind sie verstopft, kommt dieses Blut nicht beim Auge an.

Kommt es zu einer Augenthrombose, das heißt Venen sind verschlossen, entsteht im Auge ein Blutstau und eine Schwellung, weil das Blut das Auge nicht „verlassen“ kann. So werden auch die benachbarten Arterien abgedrückt – und es entsteht letztlich ebenfalls ein Sauerstoffmangel im Gewebe.

Auch Blutungen aus geschädigten oder undichten Gefäßen sorgen durch einen erhöhten Druck auf das Gewebe dafür, dass die Netzhaut zu wenig Sauerstoff bekommt. Gefäßverschlüsse, -einengungen oder Blutungen bedingen sich dabei oft gegenseitig: Zuweilen bildet das Auge zum Beispiel neue Gefäße, um verschlossene zu ersetzen. Diese neu gebildeten Gefäße sind jedoch weniger stabil. Sie reißen leicht ein und können erneute Blutungen auslösen.

Was sind die Risikofaktoren für einen Augeninfarkt?

Da bei einem Augeninfarkt Verengungen und Verschlüsse der Blutgefäße die Ursachen sind, entsprechen die Risikofaktoren denen, die auch für Gefäßerkrankungen in anderen Regionen des Körpers gelten, etwa für das Herz (z.B. Herzinfarkt) oder das Gehirn (z. B. Schlaganfall). Zu Ihnen zählen:

  • zunehmendes Alter
  • Geschlecht (Männer sind häufiger betroffen)
  • Diabetes mellitus
  • Bluthochdruck
  • Arteriosklerose (Verengung der Blutgefäße, sogenannte Arterienverkalkung)
  • Faktor-V-Leiden-Mutation (erhöhte Blutgerinnungsneigung)
  • Erhöhte Blutfett- und Cholesterin-Werte
  • Rauchen
  • Bewegungsmangel
  • Geringe Flüssigkeitsaufnahme

Augeninnendruckmessung
Bei Verdacht auf einen Augeninfarkt führt der Arzt eine Augeninnendruckmessung durch Foto: Fotolia/jyleken

Wie stellt der Arzt den Augeninfarkt fest?

Um einen Augeninfarkt zu diagnostizieren, führt der Augenarzt verschiedene Untersuchungen durch:

  • Sehschärfetest: Buchstaben, Zahlen und Zeichen sind mit dem betroffenen Auge in der Regel kaum oder gar nicht mehr zu erkennen.
  • Untersuchung der Lichtreaktion der Pupille: Je stärker ausgeprägt die Sehstörung und damit das Ausmaß der Erblindung ist, desto geringer ist der Pupillenreflex.
  • Untersuchung des Augenhintergrunds: Der Augenarzt kann dabei je nach Art des Gefäßverschlusses charakteristische Veränderungen an Netzhaut und Blutgefäßen feststellen.
  • Fluoreszenzangiographie: Dieses bildgebende Verfahren macht verschlossene Gefäße ebenso sichtbar wie poröse, undichte Gefäßwände, die Blutungen verursachen.

Da Durchblutungsstörungen im Auge immer auch ein Symptom für eine allgemeine Herz-Kreislauf- oder Gefäßerkrankung sein können, wird der Augenarzt in Absprache mit den behandelnden Neurologen, Internisten und Gefäßchirurgen weitere Untersuchungen empfehlen. Zu ihnen zählen:

  • Elektrokardiogramm (EKG)
  • Ultraschalluntersuchung bestimmter Blutgefäße, in denen Arterienverkalkung (Arteriosklerose) gehäuft auftritt
  • Ultraschalluntersuchungen des Herzens, insbesondere der Vorhöfe
  • Abklärungen verschiedener Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Blutgerinnungsstörungen

Grundsätzlich handelt es sich bei einem Sehsturz um einen Gefäßverschluss, der auch in anderen Körperregionen, beispielsweise im Herz, im Gehirn oder in den Beinvenen auftreten kann. Für den Arzt gilt es daher einzuschätzen, ob auch das Risiko für weitere Gefäßverschlüsse erhöht ist, die zu einem Schlaganfall, einem Herzinfarkt oder einer Thrombose in den Beinen führen können.

Wie wird der Augeninfarkt behandelt?

Bei einem Augeninfarkt zielt die Therapie darauf ab, die Durchblutung in den Gefäßen zu normalisieren, Einblutungen zu stoppen und die Folgeschäden an der Netzhaut so gering wie möglich zu halten.

Im Falle eines Gefäßverschlusses in einer Vene (Thrombose im Auge) konzentriert sich die Therapie darauf, die Durchblutung wieder zu normalisieren und die Neubildung von unerwünschten Blutgefäßen im betroffenen Auge zu vermeiden. Dazu gibt der Arzt Medikamente, die das Blut dünnflüssiger machen. Im Zuge einer Augenthrombose bilden sich außerdem häufig Schwellungen in der Netzhaut, die durch Flüssigkeitsansammlungen verursacht werden, sogenannte Ödeme. Die Injektionen bestimmter Medikamente (z. B. VEGF-Hemmer, Steroide) in den Augapfel beschleunigt den Abfluss der angestauten Gewebsflüssigkeit. Die Ödeme bilden sich zurück. Durch den Einsatz einer bestimmten Lasertechnik (Fokale Laserkoagulation) vernarbt der behandelnde Arzt gezielt undichte Stellen sowie neu gebildete Gefäße. So unterbindet er bestehende Blutungen und verhindert neue Blutungen.

Wird der Augeninfarkt durch einen Gefäßverschluss in einer Arterie ausgelöst, so kann selbst eine im Rahmen einer Notfallmaßnahme unmittelbar begonnene Therapie Folgeschäden kaum vermeiden. Denn nach einem Arterienverschluss dauert es gerade mal 60 bis 90 Minuten, bis Netzhautzellen im Auge dauerhaft geschädigt sind. Dennoch wird der Arzt versuchen, den Gefäßverschluss so schnell wie möglich zu beseitigen, unter anderem mit folgenden Maßnahmen:

  • Augeninnendruck senken: Dafür wird Kammerwasser aus der Vorderkammer des Auges abgelassen und es werden sogenannte Karboanhydrasehemmer verabreicht.
  • Fibrinolyse: Die Betroffenen bekommen Medikamente, die die Blutgerinnung deutlich senken. Wegen des erhöhten Risikos unerwünschter Blutungen wird eine solche Behandlung allerdings nur in einer internistischen Intensivstation durchgeführt.
  • Dauerhafte Medikation: Zur Vorbeugung weiterer Gefäßverschlüsse nehmen Betroffene nach einem Augeninfarkt dauerhaft Medikamente ein, die die Blutgerinnung hemmen (z. B. Acetylsalicylsäure, Clopidrogel).

In manchen Fällen kann es notwendig sein, dass verschlossene Gefäß mittels „Schlüssellochtechnik“ unter Einsatz eines speziellen Lasers oder durch einen chirurgischen Eingriff zu öffnen.

Wie kann man einem Augeninfarkt vorbeugen?

Einem Augeninfarkt kann jeder mit folgenden Maßnahmen vorbeugen:

  • Ausgewogene Ernährung: Viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukte zu sich nehmen, weitgehend auf zucker- und fetthaltige Lebensmittel verzichten. Fleisch sollte maximal zwei- bis dreimal pro Woche auf dem Speiseplan stehen.
  • Ausreichend trinken: Zwei Liter Flüssigkeit in Form von Wasser oder ungesüßten Tees pro Tag sind ideal.
  • Mit dem Rauchen aufhören: Raucher haben ein erhöhtes Risiko für Gefäßerkrankungen wie einen Augeninfarkt – mit der richtigen Rauchstopp-Strategie gelingt die Entwöhnung.    
  • Ausreichend bewegen: Hier eignen sich Ausdauersportarten wie Joggen, Fahrradfahren, Schwimmen oder im Winter Skilanglauf. Auch ein 30-minütiger Spaziergang pro Tag wirkt vorbeugend.
  • Stress nach Möglichkeit vermeiden: Zusätzlich Entspannungstechniken erlernen (z.B. Yoga, Progressive Muskelentspannung).
  • Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen: Blutdruck-, Blutfett-, Blutzucker und Cholesterinwerte regelmäßig kontrollieren und entsprechende Erkrankungen – falls erforderlich – ärztlich behandeln lassen.

Quellen:
S2e-Leitlinie (2016): Retinale arterielle Verschlüsse (RAV)

Pettenkofer, Moritz, et al. (2018): Retinale Gefäßverschlüsse: Moderne Therapieansätze. In: Klinische Monatsblätter für Augenheilkunde

Lang, G. E., and S. J. Lang. (2012): Venöse und arterielle Gefäßverschlüsse der Netzhaut. In: Augenheilkunde up2date