Schlangenphobie: So habe ich meine Angst vor Schlangen überwunden

Eine Schlangenphobie kann sehr belastend sein – auch für Menschen, die gar nicht in Gebieten mit den giftigen Tieren leben. Ich weiß das, denn auch ich litt in der Großstadt Hamburg, definitiv kein beliebter Wohnort für Schlangen, viele Jahre unter dieser Angststörung. Wann aus der Angst vor Schlangen eine Phobie wird, wie sich diese äußert und was meine persönlichen Tipps gegen die Phobie vor Schlangen sind.

Schlange in der Hand
Viele Menschen fürchten sich vor Schlangen – doch ab wann ist es eine Phobie? Foto: iStock / chameleonseye
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Viele Menschen empfinden Unbehagen, wenn sie an Schlangen denken. Doch bei manchen geht das Gefühl über diese leicht unangenehme Beklommenheit hinaus. Es kann zu starker Angst bis hin zu Panik kommen. Eine reale Bedrohung muss dafür gar nicht vorliegen. Bilder, Videos oder auch nur der Gedanke an die Tiere reichen aus, um die Furcht auszulösen. Doch wie entsteht die Schlangenphobie überhaupt und was hilft, um sie zu überwinden? Natürlich ist der Weg für jede:n individuell – das hier ist mein Erfahrungsbericht.  

Schlangenphobie: Name in der Psychologie

Die Furcht vor Tieren wird als Zoophobie bezeichnet. Die konkrete Angst vor Schlangen nennen Psycholog:innen Ophidiophobie und ordnen sie im ICD-10-Klassifikationssystem den spezifischen Phobien zu. In Deutschland leiden rund zehn Prozent der Bevölkerung an diesem am häufigsten auftretenden Angstsyndrom.

Während etwas Ängstlichkeit gegenüber Schlangen nachvollziehbar ist – schließlich leben zum Beispiel in Afrika oder Australien lebensgefährlich giftige Arten –, kann die Angst vor Schlangen auch schnell zu einer Phobie werden.

Angst vor Schlangen: Wann eine Phobie dahintersteckt

Bei einer Schlangenphobie ist das Angstgefühl extrem ausgeprägt und oft auch unbegründet, zum Beispiel in einer deutschen Großstadt. Außenstehende können die Angststörung daher häufig nicht nachvollziehen – für sie sind Schlangen normale Lebewesen, die sie in der Regel höchstens mit dem nächsten Tierpark in Verbindung bringen.

Betroffene einer Schlangenphobie hingegen schätzen die Gefahr, die von Schlangen (auch in einer Großstadt) ausgeht, als sehr hoch ein. Zwar wissen sie, dass ihre Angst übertrieben und in diesem Ausmaß unbegründet ist. Trotzdem werden sie das Gefühl nicht los und vermeiden es, Bilder und Filme mit Schlangen anzuschauen.

Wie viele Schlangen gibt es und wovor haben Schlangen Angst?

Weltweit gibt es etwa 3.000 Schlangenarten, davon 600 giftige. Die meisten giftigen Schlangen leben in Indien, Nordamerika und Afrika. In Deutschland kommen hingegen nur zwei giftige Arten vor, die Aspisviper und Kreuzotter. Insgesamt leben hierzulande sieben verschiedene Schlangenarten.

Was viele nicht wissen: Die Tiere sind überwiegend menschenscheu und meiden daher bewohnte Gebiete und beliebte Ausflugsziele. Nur in Gefahrensituationen, beispielsweise wenn eine Schlange provoziert oder im Schlaf plötzlich berührt wird, werden sie gegenüber Menschen aggressiv.

Schlangenphobie: Symptome, die typisch sind

Wie auch bei anderen psychischen Erkrankungen können sich die Symptome bei einer Schlangenphobie individuell unterscheiden. Die Intensität kann dabei je nach Situation variieren – während ein Bild angeschaut wird, sind die Empfindungen meistens weniger stark als bei einem Video. Am stärksten ist die Angst in der Nähe einer echten Schlange.

Bei einer Schlangenphobie sind folgende Symptome typisch:

Wie entsteht eine Schlangenphobie? Diese Ursache hatte sie bei mir

Genau wie die Symptome sind auch die Ursachen einer Schlangenphobie verschieden. Ich wusste viele Jahre nicht, was der Auslöser für meine Angst war – ich erinnerte mich lediglich daran, dass ich als Grundschülerin einmal eine Schlange auf dem Arm hatte und es nicht schlimm fand. Doch wann hat sich das geändert?

In einem ausführlichen Gespräch mit einer Freundin habe ich endlich einen Zusammenhang realisiert, der mir nicht bewusst war. 2010 war ich mit meiner Familie in Amerika und besuchte dort eine Schlangenvorführung. Als eine Klapperschlange begann mit ihrer Rassel Geräusche zu machen, wurde eine Frau hinter mir ohnmächtig. Das war lange Zeit mein letzter Berührungspunkt mit den Kriechtieren. Denn fortan vermied ich jegliche Kontakte: ich ging nicht mehr in Zoos, guckte bei Schlangenbildern im Internet weg und machte jeden Film aus, in dem plötzlich eine Schlange zu sehen war. Ich assoziierte sie sofort mit Gefahr.

Angst vor Schlangen muss keinen bestimmten Grund haben

Ein möglicher Grund für die Phobie ist also ein negatives Erlebnis mit Schlangen, wobei Betroffene gar nicht mit einer direkten Gefahr konfrontiert werden müssen, sondern auch wie in meinem Fall eine Verknüpfung bestimmter Begebenheiten reicht. Bis heute weiß ich nicht, ob die Frau nicht einfach wegen der drückenden Hitze oder aus einem anderen Grund umgekippt ist – in meinem Kopf entstand sofort die Verbindung zur Schlange, die trotz vieler Meter Entfernung Menschen zur Ohnmacht bringen kann.

Einer spezifischen Phobie muss jedoch gar nicht immer eine konkrete Ursache zugrunde liegen. Expert:innen vermuten hinsichtlich ihrer Entstehung eine Kombination aus Vererbung, unbewussten Konflikten oder dem Nachahmen von nahestehenden Personen. Vor allem die Angst vor Schlangen und Arachnophobie (Angst vor Spinnen) entstehen Forschenden zufolge oft auch genbedingt.

Vermeidungsverhalten hält die Angst aufrecht

Für Betroffene einer Schlangenphobie ist es typisch, dass sie alle angstauslösenden Situationen meiden. Während Menschen, die Angst vor Schlangen haben, sich auch nicht unbedingt trauen würden, eine Schlange anzufassen oder diese als Haustier zu halten, können sich Phobiker:innen meist nicht einmal Bilder der Tiere anschauen. Auch ich habe alles vermieden, was mit Schlangen zu tun hat – und genau das war der Fehler. Denn durch das Ausbleiben der Symptome habe ich mich immer wieder bestätigt gefühlt, dass meine Furcht begründet ist. Es entstand ein Teufelskreis der Angst, aus dem ich zehn Jahre lang nicht hinauskam.

Weitreichende Folgen einer Phobie vor Schlangen

Am Anfang habe ich keinerlei Einschränkungen gemerkt, so oft wird man ja nun auch wieder nicht mit Schlangen in Deutschland konfrontiert. Doch irgendwann sind die Gedanken an Schlangen zu einem so festen Bestandteil meines Lebens geworden, dass ich eine Schlafstörung entwickelte, ständig Alpträume von Schlangen in meinem Zimmer hatte, sodass ich kaum mehr alleine schlafen konnte. Fahrradschlösser und Stöcke auf dem Weg zur Uni oder Arbeit sahen aus wie Schlangen und ich wollte nicht mehr in ferne Länder reisen, weil dort Schlangen leben könnten.

Die Angst beherrschte zu einem unerträglichen Teil mein Leben. Dabei wusste ich, meine Furcht war übertrieben und die Wahrscheinlichkeit, dass aus heiterem Himmel nachts eine Schlange in mein Bett kommt, gleich null – doch ich konnte meine Panik nicht mehr kontrollieren. Nach zehn Jahren habe ich es dann endlich geschafft, mich der Phobie zu stellen. Und das können Sie auch!    

Schlangenphobie bekämpfen: In kleinen Schritten zum Ziel

Grundsätzlich wissen die meisten Betroffenen, dass sie sich der angstauslösenden Situation stellen müssen, um ihre Phobie zu überwinden – und das schreckt ab, ich verstehe das. Doch keine:r, der oder die Angst vor Schlangen hat, muss jetzt sofort in einen Tierpark fahren und eine Schlange auf den Arm nehmen. Darum geht es sowieso nicht – es ist in Ordnung, Angst und Respekt vor Schlangen zu haben.

Lediglich wenn die Phobie so ausgeprägt ist, dass sie das Leben einschränkt, sollte gehandelt werden. Wenn Sie sich trauen, können Sie es natürlich auf diese radikale Weise machen: In den Zoo fahren, die Schlange so lange beobachten, bis die Angst von selbst abfällt. Doch wer sich das nicht traut, muss es nicht tun. Stattdessen hilft es, in kleinen Schritten vorzugehen. Die Reihenfolge könnte dabei wie folgt aussehen:

  • Viel über Schlangen sprechen

  • Erst gemalte Bilder, dann schwarz-weiß Fotos und anschließend farbige Bilder von Schlangen anschauen

  • Videos gucken, erst wenige Minuten, dann immer längere

  • Zu guter Letzt: eine reale Schlange beobachten

Wann eine Schlangenphobie mit einer Therapie behandelt werden sollte

Keiner dieser Schritte muss dabei allein durchgestanden werden. Es ist immer hilfreich und auch ratsam, sich vertrauten Personen und auch einem Psychotherapeuten oder einer -therapeutin zu öffnen. Weil ich mich nicht einmal überwinden konnte, mir mit meiner Familie Schlangenbilder anzuschauen, habe auch ich mir professionellen Rat gesucht und eine Verhaltenstherapie angefangen. Grundsätzlich gilt: Wenn die Phobie Sie im Alltag einschränkt und Sie sich nicht trauen, die angstauslösende Situation allein aufzusuchen, ist eine Therapie der richtige Behandlungsweg.

Schlangenphobie überwinden: Das sind meine 3 wichtigsten Tipps

Nach mehreren Monaten Schlangenbilder und -videos anschauen habe ich es, zuerst in Begleitung und dann auch allein, tatsächlich geschafft, mir lebendige Schlangen im Zoo anzuschauen. Während meine Angst auf einer Skala von 0 auf 100 beim ersten Besuch definitiv bei 100 lag, ist sie bei meinen heutigen Zoobesuchen nur noch bei etwa 10. Damit auch Sie Ihre Angst vor Schlangen überwinden können, sind hier meine drei wichtigsten Tipps:

  1. Suchen Sie sich Hilfe bei einem Verhaltenstherapeuten oder einer -therapeutin. Die Person ist mit dem Umgang von Phobien vertraut und kann Sie optimal unterstützen. 

  2. Informieren Sie sich über die tatsächliche Gefahr von Schlangen in Ihrer Nähe. Für mich war es jahrelang realistisch, dass eine Schlange in meiner Wohnung auftauchen und mich töten könnte. Als ich mich über die Häufigkeit und Bedrohung von Schlangen in Deutschland belesen habe, fing ich an wieder realitätsnaher zu denken.

  3. Nehmen Sie sich genügend Zeit für mindestens eine Konfrontation pro Woche (ob mit Bildern, Videos oder mit einem Besuch eines Tierparks) und belohnen sie sich nach dieser. Übrigens: Auch wenn Sie die Phobie überwunden haben, macht es Sinn, alle paar Monate eine Exposition durchzuführen – ansonsten können die Symptome wiederkehren.

Schlangenphobie heilen: Auch heute habe ich noch Angst – aber diese ist nicht mehr krankhaft

Wenn Sie Ihre Schlangenphobie überwinden wollen, ist es wichtig zu wissen, dass das Ziel nicht ist, gar keine Angst mehr vor Schlangen zu haben. Auch in einer professionellen Psychotherapie wird dies nicht als Absicht formuliert. Angst zu haben ist in Ordnung und in gewissem Umfang sogar gesund.

Das wichtigste Ziel sollte sein, unbeschwert leben zu können. Wenn ich heute ein Bild einer Schlange sehe, fühle ich noch immer für einen Moment Unbehagen – doch kurze Zeit später ist dieses vorüber und ich weiß nicht mal mehr, wie die Schlange auf dem Foto aussah. Ich kann einschlafen, ohne die Kriechtiere vor meinen Augen zu sehen. Ich kann im Wald spazieren gehen, ohne dabei zu denken, dass mich gleich eine Schlange attackiert.

Mein letzter und wichtigster Tipp: Die Schlangenphobie akzeptieren

Eine Phobie zu überwinden ist kein einfacher und schneller Weg – aber ein extrem lohnenswerter. Mein letzter und wichtigster Tipp für Sie: Akzeptieren Sie Ihre Angst. Ich habe viele Jahre gedacht, meine Phobie wäre, vor allem in der Großstadt Hamburg, nicht ernstzunehmen. Doch wie jede andere Angst ist sie das. Scheuen Sie sich daher bei einer Schlangenphobie nicht, (professionelle) Hilfe anzunehmen.