Schlafparalyse - wenn der Körper plötzlich nicht mehr reagiert

Es geschieht ohne Vorwarnung: Wie aus dem Nichts sind manche Menschen urplötzlich gelähmt – Schlafparalyse heißt es nach dem Aufwachen. Aber es gibt auch andere Fälle. Forscher enthüllen die mysteriösesten Paralyse-Phänomene der Welt und erklären, was dabei im Körper wirklich passiert.
Was für ein Albtraum: Die Folter dauert eine gefühlte Ewigkeit, Tim hat keine Chance, seinen Peinigern zu entkommen. Umso erleichterter ist der 25-Jährige, als er seine Augen öffnet und an die vertraute Zimmerdecke blickt. Die Freude über seine Rückkehr in die Realität währt jedoch nur kurz. Drei Sekunden, um genau zu sein. Denn in dem Moment, in dem Tim sich zu seiner schlafenden Freundin umdrehen will, bemerkt er, dass dies unmöglich ist.
Was er da noch nicht weiß: Er leidet unter Schlafparalyse. Sein Körper ist gelähmt, reagiert nicht auf seine Befehle, Arme und Beine sind wie am Bett festgenagelt. Sein Kopf scheint eine Tonne zu wiegen. Einzig seine Pupillen rasen panisch hin und her. Tim spürt, wie sein Herz mit jeder Sekunde stärker an seinen Brustkorb hämmert. Er will um Hilfe schreien, doch auch sein Mund lässt sich keinen Millimeter öffnen.
Löst das plötzliche Aufwachen die Schlafparalyse aus?
Jede Sekunde rasen Milliarden Nervenimpulse durch unseren Körper. Was wir wahrnehmen, welche Muskeln wir anspannen, wohin wir uns bewegen – all das geschieht mehr oder weniger unterbewusst. Was kaum jemand weiß – bis er oder sie es selbst erlebt: Tatsächlich kann es passieren, dass dieses hochkomplexe Nervennetzwerk ohne Vorwarnung nach jahrzehntelanger Arbeit von einem Moment auf den anderen seinen Dienst einstellt und man die Kontrolle über seinen Körper verliert. Ohne Einwirkung von außen, ohne davor auch nur das Geringste gespürt zu haben, ist man plötzlich gelähmt.
Dieser Moment kann jederzeit auftreten, beim Spazierengehen oder auch beim Tanzen oder, wie bei Tim, während des Aufwachens als Schlafparalyse. Bis heute geben diese Blitz-Paralysen den Neurologen Rätsel auf. Überhaupt liest man nur selten etwas von diesen unheimliche Körper-Mysterien, die erstens nicht vorherzusagen und zweitens nur schwer behandelbar sind. Auf den folgenden Seiten erklären Forscher jetzt die mysteriösesten Körperparalyse-Phänomene und versuchen, den Ursachen auf den Grund zu gehen …
Schlafparalyse: Kann ein Alptraum die Muskeln lahmlegen?
Schweiß rinnt von Tims Stirn. Dann endlich, nach drei scheinbar endlosen Minuten, durchfährt ihn ein Zucken. Plötzlich kann er seine Finger wieder bewegen, und Augenblicke später seine Arme und Beine. Tim hat die Kontrolle über seinen Körper zurück. Doch die Panik davor, dass es wieder passieren könnte, ist seitdem sein ständiger Begleiter.
Und damit ist Tim nicht allein. Was wie ein Albtraum in einem Albtraum klingt, ist tatsächlich ein ganz reales und weit verbreitetes Phänomen. Jede Nacht wachen Millionen Menschen auf der ganzen Welt auf und können sich minutenlang nicht bewegen. In Internetforen berichten Tausende Betroffene über solche Erlebnisse. Schlafparalyse löst zwar keine bleibenden Schäden aus, von den Betroffenen wird sie jedoch extrem gefürchtet. Aber was genau löst eine solche Kurzzeit-Lähmung aus?

„Die Schlafparalyse ist ein Nebeneffekt eines körpereigenen Schutzmechanismus“, erklärt der Schlafforscher Ryan Hurd. „Wenn der Mensch schläft, schaltet das Gehirn mittels des Neurotransmitters Acetylcholin das Bewegungszentrum ab. Anderenfalls würden wir jede Bewegung, die wir träumen, auch ausführen und uns selbst womöglich verletzen.“ Das Problem: Wacht ein Mensch zu schnell auf (etwa durch einen Albtraum), überspringt er die Aufwachphase nach der Tiefschlafphase. Dadurch kann es passieren, dass sein Bewusstsein zwar wieder hochgefahren wird, sein Bewegungsapparat allerdings noch deaktiviert ist. Der sogenannte Motorcortex in unserem Gehirn befindet sich noch im Offline-Modus und kann keine Befehle erteilen, weil die Nervenbahnen hier noch blockiert werden. Die Folge: eine Ganzkörper-Lähmung bei vollem Bewusstsein – so wie bei Tim.
Dabei hat der Student noch Glück. Die American Academy of Sleep Medicine (AASM) berichtet, dass viele Schlafparalyse-Opfer im Zustand eines Wachanfalls unter heftigen Halluzinationen leiden.
In Situationen wie diesen rät der Schlafparalyse-Experte Ryan Hurd zu folgenden Schritten:
- Nie versuchen, gegen die Lähmung anzukämpfen, stattdessen entspannen.
- Tief und bewusst durchatmen.
- Sich selbst beruhigen und zureden: „Ich habe eine Schlafparalyse, ich bin nicht in Gefahr, das geht vorbei.“
- Nach dem Erlebnis etwas essen – oder ein Glas Milch trinken.