Saugglocke bei der Geburt: Ablauf, Risiken und Folgen
Kommt es bei der Entbindung zu Komplikationen und der Vorgang gerät ins Stocken, zählt die Saugglocke bei der Geburt zu einer der wenigen Optionen. Unsere Expertin, Frauenärztin und Fachautorin Dr. Sheila de Liz, erklärt, wie eine Saugglockengeburt abläuft und ob Risiken für Mutter und Kind bestehen.
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Was ist eine Saugglockengeburt?
Die Saugglockengeburt oder auch Vakuum-Extraktion ist ein vaginal-operativer Eingriff, der im eigentlichen Sinne keine richtige Operation darstellt. Gerät der Geburtsvorgang ins Stocken, wird eine kleine Halbkugel aus Silikon oder Metall auf den kindlichen Kopf aufgesetzt. Die Größe der Saugglocke wird dabei exakt auf den Kopf des Kindes abgestimmt. Über ein elektronisches oder mechanisches Unterdrucksystem haftet sie am Köpfchen.
Bevor das Kind zu Welt kommt, wird überprüft, ob die Glocke richtig am kindlichen Kopf anliegt und keine Weichteile der Mutter eingeklemmt wurden. „Vorbereitend wird die Blase geleert und die Mutter erhält Schmerzmittel, in manchen Fällen ist auch hier ein Dammschnitt nötig“, sagt Dr. Sheila de Liz.
Stimmt alles, „wird ein Unterdruck erzeugt, der den Kopf bei der folgenden Presswehe sanft bei der Bewegung aus dem Geburtskanal hinaus unterstützt, indem gleichzeitig an der Glocke gezogen wird. Ist der Kopf geboren, wird die Saugglocke wieder entfernt“, so die Frauenärztin.
Wann wird eine Saugglockengeburt durchgeführt?
„Der Einsatz einer Saugglocke erfolgt wie bei der Zangengeburt, wenn in der Geburtsendphase vor dem Austritt des Kopfes ein Stillstand eintritt oder auch wenn die Wehen nicht stark genug sind, um die Geburt abzuschließen“, erklärt die Expertin. In diesem Fall besteht die Gefahr, durch eine Verzögerung die Sauerstoffzufuhr des Kindes zu beeinträchtigen.
Andere Gründe für eine Saugglockengeburt sind:
- Erhöhte Temperatur (Fieber) oder Erschöpfung der Mutter
- Vorerkrankungen der Mutter
- steigendes Stresslevel des Kindes
- Wehenschwäche
Voraussetzungen für die Saugglocke bei der Geburt
Nicht jede Frau und nicht jedes Baby sind für die Saugglockengeburt geeignet. Die Voraussetzungen für eine Saugglockengeburt ähneln denen einer Zangengeburt. „Das bedeutet, dass der Muttermund bereits vollständig geöffnet und die Fruchtblase bereits gesprungen ist“, erklärt die Expertin. „Der Kopf des Kindes muss sich zudem bereits tief im Beckenboden und in der Kopflage befinden, damit der Schädel für die Glocke überhaupt erreichbar ist.“
Risiken einer Saugglockengeburt für Mutter und Kind
Nach einer erfolgreichen Saugglockengeburt kann das Kind anders als bei einer Frühgeburt oder einem Kaiserschnitt sofort von der Mutter gehalten werden. Die Auswirkungen für die Mutter und die Regenerationszeit nach der Schwangerschaft unterscheiden sich in der Regel kaum von denen einer normalen Geburt.
Wurde ein Dammschnitt durchgeführt, muss dieser anschließend genäht werden. Weitere mögliche Verletzungen wir wie leichte Risse in der Scheide und am Damm verheilen mit genügend Ruhe in den meisten Fällen schnell.
Allerdings kann eine Saugglockengeburt psychische Folgen haben und dadurch auch die Mutter-Kind-Bindung beeinflussen. Manche Frauen wünschen sich nichts sehnlicher als eine natürliche Geburt. Verläuft die Entbindung anders als geplant, tritt große Enttäuschung auf und das Gefühl des Versagens macht sich breit. Vielen Frauen hilft es daher, schon vor der Geburt über mögliche Komplikationen zu sprechen.
Welche Folgen hat eine Saugglockengeburt für das Baby?
Mithilfe der Saugglocke kann das Leben eines Babys gerettet werden. Trotzdem sollten mögliche Konsequenzen nicht außer Acht gelassen werden. Nach einer Saugglockengeburt sind am kindlichen Kopf in den meisten Fällen kleine Schwellungen und der Abdruck der verwendeten Saugglocke zu erkennen. Diese sind harmlos und verwinden nach einigen Tagen wieder. Auch Blutergüsse, die auftreten können, bilden sich mit der Zeit zurück.
Eine ernste Folge der Saugglockengeburt sind Hirnblutungen. Wie aktuelle Studien zeigen, ist der Druck, der durch die Glocke auf den Kopf des Kindes ausgeübt wird, höher als ursprünglich angenommen. Jedoch ist das Risiko für Hirnblutungen äußerst gering. In der Regel sind mit der Saugglockengeburt keine langfristigen Schäden verbunden. Vielmehr bietet sie eine Option, auf Notsituationen zu reagieren und eine ins Stocken geratenen Geburt erfolgreich zu beenden.
Gibt es Alternativen zur Saugglocke bei der Geburt?
Laut dem statistischen Bundesamt wurden in Deutschland Stand 2017 knapp sechs Prozent aller Geburten mithilfe einer Saugglocke durchgeführt. Eine Alternative zur Saugglockengeburt stellt die Zangengeburt dar, die jedoch nur in 0,3 Prozent der Fälle zur Anwendung kommt.
Gut 30 Prozent entfallen auf Kaiserschnitte, während rund 63 Prozent der Entbindungen auf natürlichem Wege erfolgen. Das heißt: In vielen Fällen setzen Ärzte auf Kaiserschnitte oder Notkaiserschnitte, sollte sich die Geburt verzögern. Die Saugglocke kommt bei der Geburt nur noch selten zum Einsatz.
Unsere Expertin: Die Frauenärztin Dr. Sheila de Liz aus Wiesbaden. In Ihrem Buch „Unverschämt – Alles über den fabelhaften weiblichen Körper“ spricht sie erfrischend locker und unverblümt über Themen, die andere nicht mal zu denken wagen.
Quellen:
Saugglocken- und Zangengeburt in: familienplanung.de
30,5 % der Krankenhausentbindungen per Kaiserschnitt im Jahr 2017 in: Statistisches Bundesamt
Beckenbodenschäden: Besser als bisher über Risiken vaginaler Geburten aufklären in: aerzteblatt.de
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