Rot-Grün-Schwäche: Wenn das Unterscheiden schwerfällt
Farblose Welt: Die Rot-Grün-Schwäche beschreibt eine genetisch bedingte Sehschwäche, die dazu führt, dass die beiden Farben schwer voneinander unterschieden werden können. Alles zu Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten!

Was ist eine Rot-Grün-Schwäche?
Bei der Rot-Grün-Schwäche (auch: anomale Trichromasie) handelt es sich um eine Farbsinnstörung des Auges. Betroffene können die beiden Farben Rot und Grün nicht voneinander unterscheiden und erleben die Farben verschieden intensiv.
Dafür verantwortlich sind drei sogenannte Photorezeptoren. Unsere Netzhaut nutzt und braucht sie für das farbliche Sehen. Diese Rezeptoren weisen eine Reaktion auf verschiedene Wellenlängen auf: Die Rot-Zapfen reagieren empfindlich auf langwelliges Licht, die Grün-Zapfen auf mittelwelliges Licht und die Blau-Zapfen auf kurzwelliges Licht. Wenn die Empfindlichkeit der Rot- oder Grün-Zapfen gestört ist, hat der Betroffene eine Rot-Grün-Schwäche.
Rot-Grün Schwäche: Unterschied zur Rot-Grün-Blindheit
Die Rot-Grün-Schwäche ist nicht mit der Rot-Grün-Blindheit zu verwechseln. Denn bei der Schwäche ist durchaus noch Sehvermögen für die beiden Farben vorhanden – wenn auch in unterschiedlichem Maße. Betroffene der Rot-Grün-Blindheit können die Farben Rot und Grün nicht mehr wahrnehmen bzw. sind blind für sie.
Rot-Grün-Schwäche – was sind typische Symptome?
Es klingt zwar unmöglich, doch manche Betroffene wissen gar nicht, dass sie eine Rot-Grün-Schwäche haben. Dann bringt erst der Sehtest Klarheit. “Eine Rot-Grün-Schwäche wird meist von Betroffenen in vielen Sehsituationen nicht wahrgenommen”, sagt Prof. Dr. med. Manfred Tetz, Facharzt für Augenheilkunde und Spezialist der Augenchirurgie in der Augentagesklinik am Spreebogen.
“Im Alltag kann auffallen, dass Farben schlechter unterschieden werden können. Problematisch könnte dies zum Beispiel im Straßenverkehr sein, wenn eine rote Ampel schlechter erkannt würde. Da aber aus Gewohnheit bekannt ist, dass an der Ampel oben rot und unten grün ist, gibt es meist keine Probleme.” Anders verhalte es sich laut dem Experten zum Beispiel beim Bootsführerschein. Hier müsse eine gute Farbtüchtigkeit vorliegen, da die Signale über verschiedenfarbige Flaggen gesetzt werden.
Betroffene sind zwar normalsichtig für Blau- und Gelbnuancen, doch die Farben Rot und Grün nehmen sie weniger intensiv wahr. Die Rot-Grün-Schwäche betrifft immer beide Augen und hängt vom Schweregrad der Farbsinnstörung ab. Je nachdem, wie stark die Sehpigmente gestört sind, ist die Sehschwäche unterschiedlich ausgeprägt. Menschen mit einer leichten Rot-Grün-Schwäche nehmen die Farben nur wenig verändert wahr, Menschen mit einer schwereren Rot-Grün-Schwäche können sie überhaupt nicht voneinander unterscheiden und erkennen.
Rot-Grün-Schwäche: Vererbung als einzige Ursache?
Ja, es handelt sich um eine genetisch bedingte Farbsinnstörung des Auges: “Die klassische Rot-Grün-Schwäche wird auf dem x-Chromosom vererbt. Daher sind Männer häufiger betroffen als Frauen”, erklärt Facharzt Dr. Tetz. “Es gibt auch erworbene Erkrankungen am Auge wie zum Beispiel eine Sehnerventzündung, die zu einer veränderten Farbwahrnehmung, insbesondere von Rot führen können.”
Wie kann man eine Rot-Grün-Schwäche feststellen?
Zunächst findet ein ausführliches Gespräch mit dem behandelnden Augenarzt statt. “Zur Diagnostik stehen verschiedene Testverfahren bereit. Verbreitet sind Tafeln, auf denen Farbflecken so angeordnet sind, dass Normalsichtige darauf Zahlen erkennen können, zum Beispiel Ishihara- oder Velhagen-Tafeln. Personen mit Rot-Grün-Schwäche erkennen hingegen weniger oder keine Zahlen”, erläutert .Dr. Tetz.
Bei anderen Tests müssen Farben in einer bestimmten Reihenfolge (Panel Test) geordnet oder an einer Maschine in Einklang gebracht werden. “Dies gelingt Personen mit Rot-Grün-Schwäche weniger gut als Normalsichtigen. Diese Tests werden in der Regel vom Augenarzt durchgeführt”, so der Experte weiter.
Rot-Grün-Schwäche behandeln: Brille als Hilfe?
Lässt sich eine Rot-Grün-Schwäche behandeln? Leider nein: “Eine ursächliche Behandlung der Rot-Grün-Schwäche existiert nicht”, bestätigt der Experte. Dennoch gibt es eine Hilfsmöglichkeit, die den Umgang mit der Sehschwäche erleichtern können. “Es gibt Brillen, welche bei Betroffenen störende Farben herausfiltern und dem Gehirn so einen Farbeindruck vorspielen, der dem eines Normalsichtigen näher kommt.
Insgesamt arbeiten die Farbschwäche-Patienten mehr mit Kontrasten als mit der eigentlichen Farbe. Sie können also Farbabstufungen im Alltag wahrnehmen, ohne die Farbe als solche ‘normal’ zu sehen.”
Eine Rot-Grün-Schwäche lässt sich somit zwar nicht direkt behandeln, aber zumindest mildern, um mögliche Einschränkungen zu umgehen.
Unser Experte: Prof. Dr. med. Manfred Tetz, Facharzt für Augenheilkunde und Spezialist der Augenchirurgie an der Augentagesklinik am Spreebogen in Berlin.
Quellen:
Rot-Grün-Sehschwäche, in: Kuratorium Gutes Sehen e.V.
Dietze, Holger (2015): Die optometrische Untersuchung, Stuttgart: Georg Thieme Verlag