RKI korrigiert Angaben zur Impfeffektivität nach unten: Das ist der Grund

Von einer Woche auf die andere korrigiert das RKI die Zahlen zur Wirksamkeit der Corona-Impfung um mehrere Prozentpunkte nach unten. Der Hintergrund ist eine längst überfällige Korrektur bei der Interpretation der Fallzahlen.

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Vergangene Woche noch gab das Robert Koch-Institut (RKI) an, die Corona-Impfung schütze Menschen über 60 Jahren mit einer 93 prozentigen Wahrscheinlichkeit vor dem Tod durch Corona. Im aktuellen Wochenbericht ist plötzlich nur noch von einer 88 prozentigen Impfeffektivität die Rede.

Damit ist die Impfwirkung in der Altersgruppe der über 60-Jährigen immer noch extrem hoch – aber woher kommt die starke Korrektur nach unten? 

RKI: Rechenfehler bewusst in Kauf genommen?

Im Grunde steckt hinter den nach unten korrigierten Zahlen des RKI ein längst bekannter Rechenfehler. Die Impfeffektivität, sagt aus, um wie viel Prozent eine geimpfte Person mehr als eine ungeimpfte Person vor einer Infektion generell sowie einem schweren oder sogar einem tödlichen Krankheitsverlauf geschützt ist. Verglichen werden dabei die bestätigten COVID-19-Fälle unter Geimpften und nicht Geimpften in bestimmten Zeiträumen.

Um die Impfeffektivität berechnen zu können, muss man also wissen, welche Personen geimpft und welche ungeimpft sind. Diese Information liegt dem RKI allerdings nicht immer vor. Ganz im Gegenteil: Wie die Behörde gegenüber "Spiegel Online" angab, fehlt die Angabe zum Impfstatus bei rund jedem fünften seit Februar gemeldeten Corona-Fall. Die Bevölkerung teilt sich also nicht in zwei Gruppen – geimpft und ungeimpft –, sondern in drei: geimpft, ungeimpft und Impfstatus unbekannt. 

Der Rechenfehler war bisher folgender: Statt die Gruppe "Impfstatus unbekannt" aus den Berechnungen zur Impfwirksamkeit herauszulassen – um so tatsächlich nur die Geimpften und die Ungeimpften zu vergleichen –, hat das RKI diese Gruppe zu den ungeimpften Personen gezählt. In der Folge wurde die Zahl der Fälle bei Ungeimpften künstlich erhöht und dadurch die Impfeffektivität unter den Geimpften nach oben geschraubt.

Längst überfällige Korrektur

"Spiegel Online" wies das Robert Koch-Institut bereits im September auf den Rechenfehler hin und erhielt als Antwort, man habe diesen Rechenweg gewählt, um eine "bessere Vergleichbarkeit mit den anderen vom RKI berichteten Daten im Wochenbericht" zu erhalten. Die "mögliche Verzerrung der Effektivitätswerte" wurde nach genauerer Prüfung als "eher gering" eingestuft

Inzwischen scheint die Behörde von ihrer Meinung abgewichen zu sein. Im aktuellen Wochenbericht räumt das RKI zum einen mögliche Verzerrungen ein. Dazu schreiben die Verantwortlichen:

"Zur Berechnung wird die Impfeffektivität über den Beobachtungszeitraum wochenweise berechnet und anschließend der Mittelwert aus den wochenweisen Einzelwerten gebildet. Durch diese Vorgehensweise wird der dynamischen Entwicklung der Impfquote Rechnung getragen. Auch wenn mit der Mittelwertberechnung einer Überschätzung der Impfeffektivität entgegengewirkt wird, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die aktuelle Dynamik sowohl in den Impfquoten als auch in den Infektionswahrscheinlichkeiten sowie ein zumindest im ambulanten Bereich möglicherweise unterschiedliches Testverhalten bei Geimpften und Ungeimpften zu Verzerrungen führen. Die hier aufgeführten Werte müssen daher mit Vorsicht interpretiert werden und dienen vor allem der Einordnung der Impfdurchbrüche und einer ersten Abschätzung der Impfeffektivität."

Zum anderen ist im aktuellen Bericht zu lesen: "Fälle, für die Angaben zum Impfstatus unvollständig waren bzw. für die eine unvollständige Impfung angegeben wurde, wurden ausgeschlossen."

Corona-Impfeffektivität sinkt deutlich

Nach Beseitigung des Rechenfehlers ist die Impfwirksamkeit nun also geringer. Wie eingangs beschrieben, sank der Wert in der vom RKI ausgewiesenen Kategorie "Schutz vor Tod" bei den Über-60-Jährigen von 93% am 23. September auf 88% am 30. September. 

Der Schutz vor einer Hospitalisierung wurde in derselben Altersgruppe von 95% auf 89% nach unten korrigiert. Der Schutz vor einer Behandlung auf der Intensivstation wurde um lediglich zwei Prozentpunkte von 96% auf 94% korrigiert. Bei der Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen sanken die Werte zur Impfeffektivität um jeweils ein bis drei Prozentpunkte.