REM-Schlaf-Verhaltensstörung: Warum sie Vorbote ernster Erkrankungen sein kann
Die REM-Schlaf-Verhaltensstörung birgt nicht nur ein hohes Risiko für Selbstverletzungen. Sie kann auch ein Frühwarnzeichen für neurodegenerative Erkrankungen sein. Alles zu Symptomen, Ursachen und wie sich die REM-Schlafstörung behandeln lässt.
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Schlafstörungen können für Betroffene und die Personen, die neben ihnen schlafen, störend, irritierend und manchmal sogar angsteinflößend sein. Doch gefährlich sind sie nicht. Die REM-Schlaf-Verhaltensstörung bildet dabei eine Ausnahme. Sie ist keine gewöhnliche Schlafstörung, die bloß Müdigkeit am Morgen oder einen genervten Partner zur Folge hat. Ein gestörter REM-Schlaf kann auf ernsthafte Erkrankungen hinweisen.

Die Bezeichnung REM leitet sich ab vom englischen Ausdruck rapid eye movement, was übersetzt so viel wie „schnelle Augenbewegungen“ bedeutet. Denn in dieser Schlafphase tun wir genau das: Unter den geschlossenen Lidern bewegen wir unsere Augen ruckartig und schnell, weil wir intensiv träumen.
Damit unser Körper die Bewegungen im Traum nicht auch in der Realität ausführt, ist die Aktivität des Muskelapparats ausgeschaltet – man ist praktisch für die Dauer des REM-Schlafs gelähmt; die Hirnaktivität hingegen ist gesteigert. So verbringen wir rund zwei Stunden unseres Nachtschlafs.
Der REM-Schlaf ist nach der Einschlafphase, dem Leichtschlaf und dem Tiefschlaf die letzte Phase im Schlafzyklus und tritt innerhalb von 90 Minuten nach dem Einschlafen zum ersten Mal auf. Ein Schlafzyklus wiederholt sich drei- bis fünfmal in der Nacht – und damit auch die REM-Schlafphase.
Was ist eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung?
Die REM-Verhaltensstörung (engl. „REM sleep behavior disorder“, RBD) wird auch als Schenck-Syndrom bezeichnet – benannt nach dem amerikanischen Schlafforscher Carlos Schenck, der die Störung erstmals 1986 beschrieben hat. Sie kennzeichnet sich dadurch, dass der Muskelapparat während des REM-Schlafs aktiv ist.
Das hat zur Folge, dass die Betroffenen die Bewegungen, die sie im Traum ausführen, auch im Schlaf umsetzen. Damit gefährden sie sowohl sich selbst als auch andere. Denn häufig handeln die Träume, die bei dieser Störung typischerweise auftreten, von bedrohlichen Situationen, in denen die Träumenden einen Angriff abwehren, sich verteidigen oder flüchten müssen. Die Häufigkeit der Episoden variiert stark: während manche sie nur wöchentlich haben, treten sie bei anderen mehrmals pro Nacht auf.
Männer machen nach Schätzungen 90 Prozent der Erkrankten aus. Eine Erklärung dafür konnte bisher noch nicht gefunden werden. Die Störung entwickelt sich zudem überwiegend im höheren Alter: rund 80 Prozent der Betroffenen sind über 60 Jahre alt.
REM-Schlafstörung – Symptome
Wenn Betroffene mit Ihrem oder ihrer Partner:in in einem Bett schlafen, ist es nicht schwer, das Schenck-Syndrom zu identifizieren: Im Schlaf zeigen Betroffene ein für sie untypisches, aggressives Verhalten, was durch die Trauminhalte bedingt ist.
Die Betroffenen können
sich heftig bewegen,
sich im Bett wälzen,
umherkrabbeln,
treten oder mit den Füßen stoßen oder
um sich schlagen.
Häufig werden die Bewegungen von lautem Sprechen, Schreien, Fluchen und Weinen begleitet. Wird versucht, die Betroffenen aufzuwecken, besteht die Gefahr, dass sie Ihre:n Partner:in für den Angreifer im Traum halten, sodass sich die Aggressionen gegen sie richten kann. Blaue Flecken und ausgerissene Haare sind Erfahrungsberichten zufolge keine seltene Begleiterscheinung der nächtlichen Angriffe.
Die REM-Schlaf-Verhaltensstörung lässt sich gut von anderen Schlafstörungen unterscheiden: Beim Nachtschreck sind die Augen weit aufgerissen und Betroffene schrecken hoch oder springen aus dem Bett, aggressiv werden sie aber nicht. Außerdem können sie sich nicht an den Traum, der die Nachtangst ausgelöst hat, erinnern – bei einer REM-Schlafstörung wissen Betroffene, was sie geträumt haben. Das Schlafwandeln hat ähnliche Charakteristika wie der Nachtschreck: Die Augen sind geöffnet und man verlässt das Bett. Zwar werden beim Schlafwandeln komplexe Handlungen ausgeführt, aber sie sind nicht an einen Traum gekoppelt.
REM-Schlaf-Verhaltensstörung: Ursachen sind häufig zunächst unklar
Ein gestörter REM-Schlaf ist nicht nur aufgrund der bestehenden Verletzungsgefahr ernst zu nehmen, sondern auch, weil er mit verschiedenen Erkrankungen in Verbindung steht. Etwa bei der Hälfte der Betroffenen ist die REM-Schlaf-Verhaltensstörung idiopathisch, das bedeutet, dass keine Ursache gefunden werden. Doch 65 bis 80 Prozent von ihnen entwickeln nach einigen Jahren Parkinson oder eine sogenannte Lewy-Körperchen-Demenz, die Symptome von Alzheimer und Parkinson beinhaltet. Die REM-Schlafstörung ist somit in vielen Fällen das Vorläuferstadium einer neurodegenerativen Erkrankung.
Zum Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens der Schlafstörung kann bereits eine Erkrankung vorliegen – dann sprechen Mediziner von einer symptomatischen REM-Schlaf-Verhaltensstörung. Neben Parkinson und der Lewy-Körperchen-Demenz zählt auch das PANS-Syndrom (Paediatric Acute-onset Neuropsychiatric Syndrome) zu den möglichen Ursachen. Dabei handelt es sich um eine neurologische Erkrankung, die bei Kindern und Jugendlichen zu plötzlichen Denk- und Verhaltensstörungen sowie zu motorischen Störungen führt.
Allerdings muss die Schlafstörung nicht mit einer Erkrankung in Verbindung stehen. Bei vielen Betroffenen bleibt sie idiopathisch. Außerdem ist auch eine akute Form der REM-Schlafstörung möglich, die sich etwa bei starkem Alkoholkonsum, Drogenkonsum und bei deren Entzug sowie bei einem abrupten Absetzen von Antidepressiva zeigen kann. Aber auch die Einnahme von Antidepressiva und Betablockern können den REM-Schlaf stören.
Traum-Schlaf-Verhaltensstörung: Schlaflabor bringt Klarheit
Bei bestehendem Verdacht ist ein auf Schlafstörungen spezialisierter Neurologe der richtige Ansprechpartner. Vor allem, wenn Auffälligkeiten im Schlaf in Verbindung mit zunehmender Vergesslichkeit, Orientierungslosigkeit und Riechstörungen auftreten, sollte eine eingehende ärztliche Untersuchung erfolgen.
Für die Diagnose ist die Fremdanamnese, also Auskünfte von Personen aus dem nahen Umfeld der Betroffenen wichtig, ebenso wie eine Selbsteinschätzung. Dafür wird oft auf den sogenannten „REM Sleep Behavior Disorder Screening Questionnaire“ (RBDSQ) zurückgegriffen – ein Test, der speziell für die REM-Schlaf-Verhaltensstörung entwickelt wurde.
Der Kern der Diagnostik ist jedoch die systematische Untersuchung des Schlafs im Schlaflabor. Bei dieser sogenannten Polysomnographie wird unter anderem die Hirn- und Muskelaktivität mittels einer Elektroenzephalographie (EEG) und Elektromyographie (EMG) analysiert. So kann festgestellt werden, ob normabweichende Hirnaktivitäten vorliegen und ob es tatsächlich zu einer gesteigerten Muskelspannung im REM-Schlaf kommt.
REM-Schlafstörung kann behandelt werden
Wird eine REM-Schlafstörung diagnostiziert, ohne dass weitere Symptome auftreten oder eine Erkrankung identifiziert werden kann, ist eine medikamentöse Behandlung möglich, um die Muskelaktivität im Schlaf zu reduzieren. Hauptsächlich kommt das Benzodiazepin Clonazepa zum Einsatz, da es auch nach langjähriger Anwendung nicht zu einer Toleranzbildung kommt.
Genau so wirksam und dazu noch nebenwirkungsarm ist auch das Schlafhormon Melatonin, das in synthetischer Form täglich vor dem Zubettgehen eingenommen werden muss. Zusätzlich zur medikamentösen Behandlung sind bei einer idiopathischen REM-Schlaf-Verhaltensstörung aufgrund des erhöhten Risikos für neurodegenerative Erkrankungen auch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen wichtig.