Reiseübelkeit (Kinetose)
Etwa fünf bis zehn Prozent der Menschen gelten als sehr anfällig für Reiseübelkeit. Medikamente, Hausmittel und Tipps zum richtigen Verhalten helfen dagegen.
Wie entsteht Reiseübelkeit?
Reiseübelkeit kann überall dort auftreten, wo der Mensch bewegt oder beschleunigt wird, ohne sich selbst zu bewegen. Das ist im Auto, in der Bahn, in Flugzeugen (Flugkrankheit), auf Schiffen (Seekrankheit), in der Raumfahrt und sogar im Fahrstuhl möglich. Typisch für Reiseübelkeit ist übrigens, dass die Symptome bei 90 Prozent aller Betroffenen nachlassen und verschwinden, sobald auch die Fahrt zu Ende ist. Die anderen zehn Prozent leiden auch danach noch für einige Stunden an den Beschwerden.
Je nach Ort und Ursache unterscheidet der Arzt zwischen:
• Seekrankheit (Schiff)
• Luftkrankheit (Flugzeug)
• Raumkrankheit (Raumfahrt)
• Landkrankheit (z. B. Landgang nach einer Seefahrt)
Symptome von Reiseübelkeit
Bei leichter und mittelschwerer Reiseübelkeit:
• Herzrasen
• Hyperventilation (beschleunigtes Atmen)
• Kopfschmerzen
• Müdigkeit
• Schwindel
• Übelkeit und Erbrechen
• Verstärkter Speichelfluss
Diese Symptome kennzeichnen eine schwere Reiseübelkeit und sind durch ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl begleitet:
• starkes Erbrechen
• Ekel gegenüber Lebensmitteln
• Koordinationsstörungen
• Kreislaufkollaps
Die schwere Reiseübelkeit kann durch den hohen Flüssigkeits- und Elektrolytverlust in Folge von häufigem Erbrechen einen schweren Verlauf nehmen. In diesem Falle sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Das gilt vor allem dann, wenn der Betroffene bereits durch bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen geschwächt ist.
Reiseübelkeit – wann zum Arzt?
Erst bei schwerwiegenden Symptomen ist bei Reiseübelkeit der Arztbesuch unabdingbar. Der Arzt kann sicherstellen, dass es sich tatsächlich um Reiseübelkeit handelt und nicht um eine Infektion oder Symptome einer Vergiftung. Das gilt insbesondere für Fernreisen und Reisen in tropische Länder.
Reiseübelkeit vorbeugen
Wer diese Tipps befolgt, kann Reiseübelkeit vorbeugen:
- Fahren Sie im Auto nach Möglichkeit selbst.
- Falls Sie nicht selbst fahren (können): Setzen Sie sich im Auto auf den Beifahrersitz oder im Bus nach vorne.
- Im Zug: Setzen Sie sich immer in Fahrtrichtung, niemals mit dem Rücken zur Fahrtrichtung.
- Im Flugzeug: Reservieren Sie sich einen Platz am Gang in der Nähe der Tragflächen.
- Auf dem Schiff: Halten Sie sich am besten in der Mitte des Schiffs auf. Gehen Sie regelmäßig an die frische Luft.
- Trinken Sie mindestens 24 Stunden vor Reisebeginn keinen Alkohol (auch während der Reise sollten Sie natürlich auf Alkohol verzichten).
- Greifen Sie vor Reisebeginn zu kohlenhydratreicher, fettarmer Kost. Verzichten Sie auf fettreiche Lebensmittel, die den Magen belasten.
- Trinken Sie während der Reise regelmäßig Wasser oder ungesüßte Tees in kleinen Mengen.
- Beschäftigen Sie Ihren Magen während der Reise mit trockenem Brot oder Salzstangen.
- Verzichten Sie auf Rauchen und Kaffeetrinken.
- Bei manchen Menschen wirkt sich Kaugummikauen gegen Reiseübelkeit positiv aus.
- Versuchen Sie Ihren Blick auf einen festen Punkt am Horizont auszurichten.
- Verzichten Sie während der Reise auf das Lesen von Büchern, Zeitschriften oder Ähnlichem.
- Der Schlaf schaltet Reiseübelkeit aus: Deswegen sollten Sie, falls möglich, viel schlafen.
- Gönnen Sie sich möglichst regelmäßige Pausen, in denen Sie frische Luft schnappen und herumspazieren.
Kinder sind – ganz im Gegensatz zu Säuglingen – besonders häufig von Reiseübelkeit betroffen: Fahren Sie deswegen möglichst nachts, wenn der Nachwuchs schläft.
Mittel gegen Reiseübelkeit
Mit den richtigen Medikamenten in der Reiseapotheke und dem richtigen Verhalten vor und während der Reise, können Sie gegen die Übelkeit angehen.
Medikamente gegen Übelkeit auf Reisen
Medikamente gegen Reiseübelkeit gibt es in Form von Kaugummi, Sirup und Tabletten.
Als Medikamente gegen Reiseübelkeit können Sie Wirkstoffe aus der Gruppe der sogenannten Antiemetika/Antivertiginosa einnehmen (Apotheke). Sie bessern Übelkeit und Schwindel, in dem sie die im Gleichgewichtsorgan ankommenden Reize drosseln und ihre Verarbeitung hemmen. Einige der gegen Reiseübelkeit angebotenen Wirkstoffe können auch prophylaktisch angewendet werden.
Je nach Wirkstoff nehmen Sie die Mittel am Abend vor Reisebeginn (z. B. Scopolamin) ein oder kurzfristig, unmittelbar vor Beginn der Reise.
Natürliche Mittel gegen Reiseübelkeit
Als pflanzliche Alternative zu Medikamenten bieten sich bei der Behandlung von Reiseübelkeit Ingwer und Ingwer-Präparate (Apotheke) an. Frischen Ingwer kauen Sie in kleinen Stücken (Vorsicht: scharf!) oder bereiten ihn vor der Reise als Tee zu. Dazu schneiden Sie ein Stück Ingwer in Scheiben und übergießen es mit heißem Wasser.
Wer leidet an Reiseübelkeit?
- Am häufigsten bekommen Kinder zwischen dem zweiten und zwölften Lebensjahr eine Reiseübelkeit.
- Etwa fünf bis zehn Prozent der Menschen sind besonders anfällig für Übelkeit auf Reisen. Bis zu 15 Prozent der Menschen sind sehr unempfindlich und leiden selten bis nie unter der Reisekrankheit.
- Frauen sind häufiger von Reiseübelkeit betroffen als Männer, insbesondere zu Beginn der Menstruation und während einer Schwangerschaft.
- Säuglinge leiden nicht darunter, da das Gleichgewichtsorgan im Innenohr noch nicht ausreichend entwickelt ist.
Auch die psychische Verfassung spielt für die Entstehung und das Ausmaß von Reiseübelkeit eine Rolle: So sind ängstliche Menschen deutlich häufiger betroffen. Vermutlich hat auch eine negative Erwartungshaltung Einfluss auf die Entstehung von Reiseübelkeit: Bei vielen Menschen bessern sich die Symptome in Tests durch die Gabe von Placebos, also von „Scheinmedikamenten“, die keinen Wirkstoff enthalten.
Der Körper sitzt still, das Auge registriert vorbeiziehende Bilder und das Gleichgewichtsorgan signalisiert Kurven oder Anstiege. Ein Widerspruch, auf den viele Menschen mit Schwindel, Übelkeit oder Erbrechen reagieren. Diese Sinneseindrücke werden in bestimmten Gehirnregionen, vor allem im Hirnstamm sowie im Mittel- und Kleinhirn verarbeitet. Die Überlastung mit zum Teil widersprüchlichen Sinneseindrücken wird vom Gehirn als Gefahrensituation interpretiert. Es schüttet Stresshormone aus, die Erbrechen, Schwindel und Übelkeit auslösen können. Wird das Gehirn häufig und regelmäßig solchen ungewohnten Situationen ausgesetzt, so ist eine Anpassung oder Gewöhnung möglich.
Quelle:
Lackner, J. R. (2014). Motion sickness: more than nausea and vomiting. Experimental brain research, 232(8), 2493-2510. Abrufdatum: 10.07.19