Raucherbein: Eine Fernbedienung für die Durchblutung
Obwohl sie nie geraucht hatte, litt Martina Thörmer unter einem Raucherbein. Als ihr Bein amputiert werden sollte, suchte sie nach der letzten Rettung – und fand sie.
Diagnose Raucherbein. Der Schock saß tief. Nach all den Therapien gegen ihre Durchblutungsstörungen und sogar einer Beinoperation sollte nun als letzte Lösung bei Martina Thörmer (59) das rechte Bein amputiert werden. „Mir wurde schwarz vor Augen, als ich davon erfuhr."
Diagnose Raucherbein
Sie wusste zwar, dass jährlich etwa 50.000 Menschen in Deutschland dieses traurige Schicksal haben. „Doch ich konnte mir ein Leben ohne meine beiden eigenen Beine einfach nicht vorstellen."
Die Düsseldorferin litt seit fünf Jahren am Raucherbein, obwohl sie nie geraucht hatte. Die medizinische Bezeichnung der Krankheit lautet auch „periphere Arterielle Verschlusskranheit (pAVK)". Da aber übermäßiger Nikotingenuss die häufigste Ursache für den Verschluss der Beinarterie ist, hat sich im Volksmund die Bezeichnung "Raucherbein" eingebürgert.

Was ist ein Raucherbein?
Ärzte beschreiben damit ein Bein, in dem die Blutgefäße verengt und entzündet sind. Unbehandelt drohen Schlaganfall und Herzinfarkt.
Interview mit Dr. med. Alina Halama, Narkoseärztin und Expertin für Schmerztherapie
Für welche Patienten kommt die Neurostimulation infrage?
Dr. Halama: Wenn eine gefäßchirurgische Maßnahme wie ein Bypass erfolglos blieb, aber noch eine Restdurchblutung vorhanden ist, kann diese Methode die Durchblutung fördern und die Schmerzen lindern.
Kann die Verlegung der Elektrode in der Wirbelsäule die Nerven verletzen?
Wir arbeiten unter Röntgenkontrolle und können jede Aktion in starker Vergrößerung auf dem Bildschirm genau verfolgen. Eine Verletzung des Nervensystems ist so gut wie ausgeschlossen.
Wer bezahlt die Kosten für die Operation und den Neurostimulator?
Wenn alle Voraussetzungen vorliegen, bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für diese Therapie.
Infos: Kaiserswerther Diakonie Düsseldorf, Telefon 02 11/4 09, www.lebenohneschmerz.de
Raucherbein als Nichtraucherin
„Weil ich vor Schmerzen kaum noch gehen konnte, wurde ich vor drei Jahren am rechten Bein operiert. Aus einer Vene meines linken Beins hat man eine Umleitung für die verstopfte Arterie gelegt. Danach gingen die Beschwerden zurück, ich konnte wieder laufen wie früher."
Doch die Freude über die neue Beweglichkeit hielt nicht lange. In diesem Frühjahr hatte sich auch die Ersatzader zugesetzt. Denn die Düsseldorferin leidet an einer Fettstoffwechsel-Krankheit. Das ist ein erhebliches Risiko für Durchblutungsstörungen. Weil die Ablagerungen die Blutzufuhr in die unteren Bereiche des Beins behinderten, drohten diese wegen Unterversorgung abzusterben. Dadurch bestand für den gesamten Organismus lebensbedrohliche Vergiftungsgefahr. Um das zu verhindern, wird bei einem Raucherbein in vielen Fällen das betroffene Bein amputiert.
Doch von ihrem Hausarzt bekam die 59-Jährige den rettenden Hinweis für das Raucherbein: Im Florence-Nightingale-Krankenhaus in Düsseldorf hilft die Anästhesistin und Schmerztherapeutin Dr. Alina Halama betroffenen Patienten mit einer neuen Methode, der so genannten Nervenstimulation. Martina Thörmer überlegte nicht lange und vereinbarte einen Termin mit der Spezialistin.
Raucherbein: Schrittmacher für gute Durchblutung
„Wir implantieren einen kleinen Stimulator unter der Haut, der ganz schwache, ungefährliche Stromimpulse erzeugt. Damit reizt er über eine Elektrode die Nerven, die für die Durchblutung im Bein verantwortlich sind. Die verstopfte Arterie weitet sich und lässt mehr Blut in die unterversorgte Region passieren", so die Ärztin.
Ein weiterer positiver Effekt der Nervenstimulation ist, dass die Weiterleitung von Schmerzimpulsen an das Gehirn unterbunden wird. Statt der starken Schmerzen im Bein spüren die Patienten nur noch ein leichtes Kribbeln, an das sie sich schnell gewöhnen.
Zuerst wurde Martina Thörmer unter örtlicher Betäubung eine Elektrode an den zuständigen Nerv verlegt. Am anderen Ende schloss die Ärztin zunächst einen externen Stimulator (Schrittmacher) an, mit dem sie verschiedene Testfrequenzen erzeugte. „Die Patienten mit Raucherbein sind bei vollem Bewusstsein. Denn sie müssen entscheiden, welche Einstellung bei ihnen die Schmerzen beseitigt und ein angenehmes Wärmegefühl im Bein bewirkt."

Eine Fernbedienung unterstützt den Blutfluss bei einem Raucherbein
Einige Tage lang testete Martina Thörmer den externen Schrittmacher, bis die beste Programmierung gefunden war. Dann wurde in einer zweiten OP der eigentliche Schrittmacher (Stimulator) unter der Bauchhaut implantiert und mit der Elektrode verbunden. Durch eine kleine Fernsteuerung kann die Düsseldorferin nun jederzeit ihren Schrittmacher einschalten, sobald ihre Beine weh tun. Dann erwärmt sich das betroffene Bein, weil es sofort besser durchblutet wird. Gleichzeitig verschwinden auch die scheußlichen Schmerzen.
Heute freut sich Martina Thörmer: „Endlich kann ich wieder ohne Beschwerden laufen und sogar lange Spaziergänge machen. Aber am glücklichsten bin ich, dass mir durch dieses kleine Gerät die Amputation meines rechten Beins erspart blieb."
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