Prednisolon – ein Ersatz für Cortison?
Die Eltern meiner 15-jährigen Patientin sind verzweifelt: Ihre Tochter hat eine Wespenstich-Allergie. In diesem Sommer ein Horror. Nach jedem Stich kommt es zu gefährlichen Schwellungen und Asthma. Sie möchte aber unbedingt ins Zeltlager fahren – ihre Eltern machen sich berechtigte Sorgen.
Ein Notfall-Set mit Nebenwirkung
Damit sich meine Patientin nach einem Stich schnell als ‚Erste Hilfe‘ selbst helfen kann, stelle ich ihr ein Notfall-Set zusammen. Ein Bestandteil: das Prednisolon. Es ist mit dem körpereigenen Cortison verwandt, wirkt aber stärker. Prednisolon soll die überschießende Abwehrreaktion des Körpers abmildern. Doch auch davor haben die Eltern Angst.

Cortison und die mit ihm verwandten Substanzen (wie das Prednisolon) werden seit Jahrzehnten in der Medizin sehr erfolgreich eingesetzt. Der Ruf ist jedoch schlecht – teilweise zu Recht. Ein regelmäßiger Einsatz als Tablette oder Infusion kann viele Nebenwirkungen auslösen. Zum Beispiel ein rundes Gesicht, Magenbluten, schwache Knochen, Wachstumsverzögerungen oder die Blutzuckerkrankheit Diabetes. Doch es stimmt auch: Seine gewünschten Wirkungen haben wahrscheinlich schon Millionen Menschen das Leben gerettet – und noch viel mehr das Leben deutlich erleichtert.
Prednisolon – ein Tausendsassa
Wann immer das Immunsystem körpereigenes Gewebe angreift (sogenannte Autoimmunerkrankung), kann Prednisolon als Tablette, Infusion oder Zäpfchen sehr sinnvoll sein. Bei Rheuma, der Darmentzündung Colitis ulcerosa, schweren Allergieschüben und vielem mehr. Doch generell gilt: Lieber kurz und hoch dosiert (so möglich) behandeln als lange und ohne rechtes Ziel. Dann sind andere Substanzen, die das Immunsystem unterdrücken oft besser geeignet, weil sie weniger Nebenwirkungen aufweisen.
Achtung! Prednisolon macht die Niere träge
Auch in unserem Körper wird Cortison in der Nebennierenrinde gebildet und ‚rund um das Aufstehen‘ als Energieanschub für den Tag ausgeschüttet. Wird jedoch über lange Zeit Prednisolon von außen zugeführt, regelt die Nebennierenrinde irgendwann ihre Funktion herunter – und baut sich ab (sogenannte Atrophie). Wird das Prednisolon dann abrupt abgesetzt, droht eine echte Krise. Bei einer kurzen Behandlung über wenige Tage ist das – selbst hoch dosiert – jedoch nicht zu erwarten.
Prednisolon richtig anwenden
Mit Ausnahme eines Notfalls (dann bitte immer sofort!) sollte das Prednisolon möglichst morgens eingenommen werden. Dann wird es am besser vertragen. Zudem gilt heute die Regel: Am besten solche cortisonvertwandten Substanzen nutzen, die vor allem ‚vor Ort‘ (topisch) wirken – zum Beispiel in den Bronchien (bei Asthma) oder im Darm. Dann treten viel weniger Nebenwirkungen auf.
Wer Prednisolon einnehmen muss, sollte seinen Arzt außerdem nach einem ‚Magenschutz‘ (bspw. Omeprazol) fragen. Gerade im Wechselspiel mit anderen Medikamenten (bspw. Aspirin) oder bei Patienten über 60 Jahren bzw. einem früheren Magenproblem, kann das Prednisolon den Magen angreifen und zu schweren Blutungen führen.