„Pille danach“ rezeptfrei – ungewollte Schwangerschaft effektiver verhindern?
Die "Pille danach" gibt es nicht nur beim Gynäkologen, sondern auch rezeptfrei in der Apotheke. Frauen müssen nicht erst zum Frauenarzt, um sich dort ein Rezept ausstellen zu lassen. Geschieht die Verhütungspanne am Wochenende, können Frauen das Hormonpräparat in Notfallapotheken schnell und unkompliziert nachfragen. Kritiker der Rezeptfreiheit fürchten jedoch, dass betroffene Frauen von Apothekern nicht ausführlich beraten werden und das Präparat in einigen Fällen unnötiger Weise verkauft wird. Gynäkologe oder Apotheker? - erfahren Sie hier, welche Chancen und Risiken es gibt.

Die „Pille danach“ rezeptfrei – seit März 2015 ist das auch in Deutschland möglich. Frauen erhalten das Präparat nun auch in der Apotheke. Die Europäische Union hatte entschieden, dass beide Pillen-Präparate („ellaOne“ und „PiDaNa“) europaweit in Apotheken frei verkäuflich sein sollen.
„Pille danach“ rezeptfrei: Befürworter und Kritiker
Beratungsstellen für sexuelle Aufklärung und die Bundesapothekerkammer begrüßten den Entschluss der Europäischen Union, die „Pille danach“ rezeptfrei in Deutschland anzubieten. Frauen bräuchten die Notfallpille vor allem am Wochenende – dann wenn die Frauenarztpraxen geschlossen seien. Die „Pille danach“ wirke allerdings innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr am effektivsten. Daher sei schnelles Handeln gefragt. Apotheken seien laut der Bundesapothekerkammer im Vergleich zu Frauenarztpraxen rund um die Uhr Anlaufstellen für Frauen. Über den Notdienst der Apotheken können Frauen die „Pille danach“ auch nachts oder an Wochenenden kaufen und somit einer ungewollten Schwangerschaft rechtzeitig entgegensteuern.
„Pille danach“ rezeptfrei: Können Gynäkologen besser beraten als Apotheker?
Bei diesem Sachverhalt setzt die Kritik der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe an. Die „Pille danach“ rezeptfrei in Apotheken zu verkaufen, sei ein Schritt in die falsche Richtung. Wenn eine Frau nachts in eine Notdienstapotheke käme, könne sie medizinisch nicht angemessen beraten werden. Der Apotheker öffnet in der Regel zum Eigenschutz lediglich ein kleines Fenster. Dadurch gehe menschliche Nähe verloren – die gerade für emotional aufgewühlte Frauen hilfreich sein könnte, kritisieren die Fachverbände der Gynäkologen. Darüber hinaus sei es am geöffneten Fenster schwieriger, über den weiblichen Zyklusverlauf zu sprechen. Dies sei aber wichtig, um daraus abzuleiten, ob die Pille danach für die Kundin zum aktuellen Zeitpunkt medizinisch sinnvoll ist. Hat der Eisprung bereits stattgefunden und eine Eizelle befindet sich im Eileiter der Frau, kann die Pille danach eine Schwangerschaft nicht mehr verhindern.
„Pille danach“ rezeptfrei: Ausführliche Beratung in der Apotheke entscheidend
Eine medizinisch kundige Beratung steht seit der Freigabe des Präparats im Mittelpunkt der Diskussionen. Apotheken sollen laut der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) Kundinnen ausführlich beraten und ähnlich wie der Gynäkologe nach den Gründen für die Verhütungspanne fragen. Kundinnen erkennen einen guten Apotheker daran, dass er weitere Fragen stellt, beispielsweise:
- wie viel Zeit ist seit dem ungeschützten Geschlechtsverkehr vergangen?
- werden aktuell Medikamente eingenommen?
- besteht eine Allergie?
- haben Sie in der Vergangenheit bereits die „Pille danach“ eingenommen?
Frauen steht es somit offen, ob sie den unkomplizierten Weg einschlagen und sich das Präparat in einer Apotheke kaufen oder sie die ausführliche Beratung durch einen Gynäkologen vorziehen. Vertreter der Apotheken sehen in der Aufhebung der Verschreibungspflicht hinzugewonnene Freiheit für Frauen, während Gynäkologen finanzielle Interessen von Pharmaindustrien vermuten.
Für Kundinnen unter 20 Jahren kann es aus finanziellen Gründen ratsam sein, einen Frauenarzt aufzusuchen. Dieser wird ihnen einen Rezeptschein ausstellen, sodass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten übernehmen („ellaOne“: ca. 30 Euro bzw. „PiDaNa“: ca. 18 Euro). Die Patientinnen müssen in diesem Fall lediglich die Rezeptgebühr in Höhe von fünf Euro entrichten.