Peter-Pan-Syndrom: Wenn Männer ewig Kind bleiben

Das Peter-Pan-Syndrom beschreibt ein Krankheitsbild, bei dem Männer nie erwachsen zu werden scheinen. Ihre Verhaltensmuster ähneln denen eines Kindes und der Partner wird damit zwangsläufig in die Rolle gepresst, Verantwortung für beide zu übernehmen. Was sind die Hintergründe?

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Was ist das Peter-Pan-Syndrom?

Die Kinderbuchfigur Peter Pan nimmt drei Londoner Kinder – Wendy und ihre zwei jüngeren Brüder Michael und John – mit nach Nimmerland, eine fiktive Insel, auf der er mit den "verlorenen Jungs" gegen Captain Hook kämpft. Peter ist unbedarft, nimmt alles mit einer ungewöhnlichen und unwirklichen Leichtigkeit und weigert sich strikt, erwachsen zu werden. Daher steht er in James Matthew Barries Kinderbuch als Symbol für Kindlichkeit.

In der Psychologie beschreibt Infantilität eine gewisse Hemmungslosigkeit, Undiszipliniertheit und unkontrolliert emotionales Verhalten. Hinzu kommen trotzige Verhaltensweisen, Egozentrismus und Imponiergehabe. Aufgrund dieser Muster spricht man bei dem Krankheitsbild vom Peter-Pan-Syndrom.

Erste Dokumentationen zum Peter-Pan-Syndrom

Erstmals tauchte der Begriff des Peter-Pan-Syndroms als Titel eines Buches des US-amerikanischen Familientherapeuten Dan Kiley auf. In "Das Peter-Pan-Syndrom – Männer, die nie erwachsen werden" (1984) beschreibt Kiley unverhältnismäßig starke kindliche Verhaltensmuster bei Männern. Im Laufe der Zeit hielt der Begriff Einzug in die Psychologie und Psychiatrie und wurde durch John J. Ratey, Professor für Psychiatrie an der Harvard Medical School, 1998 als Teil der sogenannten Schatten-Syndrome (milde Form von heftigen psychischen Störungen) klassifiziert. Dieses Phänomen gehört zu den neueren Erkenntnissen der Neuropsychiatrie.

Symptome des Peter-Pan-Syndroms

Folgende Anzeichen treten beim Peter-Pan-Syndrom auf:

Verantwortungslosigkeit

Betroffene Männer sind sich ihrer Verantwortung nicht bewusst, ziehen dahin gehende Kritik ins Lächerliche und drücken sich vor ihren Pflichten. Eine blühende Fantasie und eine vehemente Abneigung gegen Selbstdisziplin sind hier bezeichnend. Bei Nichtgelingen einer Aufgabe sucht derjenige stets die Schuld bei anderen.

Angst

Oft können Bezüge zur Kindheit hergestellt werden: Die Eltern-Kind-Beziehung war häufig gestört, der Betroffene hat Schuldgefühle seinen Eltern gegenüber, die er aber nie äußern konnte. Stattdessen verarmt er emotional und lernt nie, eine gesunde Liebe zu anderen Menschen zu entwickeln.

Einsamkeit

Daraus resultiert eine lebenslange Einsamkeit, ausgehend von der fehlenden Liebe der Eltern, vor allem des Vaters. Die meisten von Kileys Patienten hatten alle etwas gemeinsam: einen extrem dominanten Vater, von dem sie sich ungeliebt fühlten. Zu viel unreflektiertes Lob und gleichzeitige emotionale Kühle können hier unter anderem als Ursprung des Peter-Pan-Syndroms angesehen werden.

So ist der Betroffene lebenslang auf der Suche nach Freundschaft, Liebe und Wertschätzung. Aufgrund der schädlichen Verhaltensmuster, die das Peter-Pan-Syndrom mit sich bringt, wird ihm das ohne Behandlung jedoch nie gelingen. Stattdessen hängt die Person sich immer wieder an Männergruppen auf der Suche nach Anerkennung. In einer Beziehung sorgt das Ungleichgewicht der Übernahme von Verantwortung für sich und den Partner schnell für Probleme.

Sexueller Rollenkonflikt

Weil Männer mit dem Peter-Pan-Syndrom ständig auf der Suche nach Liebe sind und ihrem Sexualtrieb nachgehen, finden sie recht schnell Partner. Jedoch wird zeitnah deutlich, dass sich eine Beziehung aufgrund mangelnden Selbstbewusstseins, zu großer Unsicherheit und der daraus entstehenden Angeberei als äußerst schwierig gestaltet. Unter diesen Voraussetzungen ist eine offene und positive Partnerschaft kaum möglich und eine Trennung oft die letzte Lösung.

Narzissmus

Was zunächst als positiv zu bewertender Perfektionismus missverstanden werden kann, ist in Wahrheit eher als Selbstverliebtheit zu beschreiben. Betroffene achten immer zuerst auf sich. Sie versuchen, in allen Lebenslagen das Beste für sich herauszuschlagen, manchmal auch ohne Rücksicht auf andere.

Chauvinismus

Besonders unangenehm ist das Symptom des chauvinistischen Verhaltens – vor allem innerhalb einer Beziehung. In vielen Situationen ist eine verächtliche sexuelle Einstellung – meist gegenüber Frauen – festzustellen.

Das Peter-Pan-Syndrom: So verhalten sich Betroffene in einer Beziehung

Während Männer im Freundeskreis mit dem Peter-Pan-Syndrom oft als amüsant, lustig und durchaus charmant wahrgenommen werden, können sie in einer Beziehung zu einem echten Problem werden. Partnerschaften mit Peter-Pan-Typen haben oft ausbeuterische Charakterzüge, denn sich zu kümmern, arbeiten zu gehen oder gleichberechtigt am Leben des Partners teilzunehmen, bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. Und das ist den Betroffenen oft nicht möglich.

Äußert man ihnen gegenüber Kritik, reagieren sie äußerst empfindlich und fühlen sich in ihrer krankhaften Selbstverherrlichung falsch verstanden. Häufig denken die Betroffenen, dass die ganze Welt gegen sie sei und flüchten sich mithilfe von Drogen in eine Fantasiewelt. Hier kann oft nur ein Psychptherapeut weiterhelfen, denn ein Partner kann das psychische Problem nicht lösen.

Es gibt auch ein Wendy-Syndrom

Neben dem Peter-Pan-Syndrom existiert auch das Wendy-Syndrom, das genau das Gegenteil ist. Es bezeichnet – meist weibliche – Personen, die sich nur um andere kümmern statt um sich selbst. In Beziehungen übernehmen sie die Mutterrolle und kompensieren ihr mangelndes Selbstwertgefühl über aufopferungsvolle Verhaltensmuster. Ähnlich wie Wendy als Peter Pans beste Freundin sind Betroffene unentwegt darauf bedacht, es ihrem Partner recht zu machen – doch dabei verlieren sie schnell jegliche Selbstständigkeit und das Bewusstsein, auf sich selbst zu achten.

Quellen:

  • Maneros A: Enzyklopädie der Eponymen Syndrome und Begriffe in Psychiatrie und Klinischer Psychologie: Von Achilles-Komplex über Othello-Syndrom bis Zooanthropie. Springer-Verlag 2011
  • Ratey, J. J., & Johnson, C. (1999). Das Schattensyndrom: Neurobiologie und leichte Formen psychischer Störungen. Klett-Cotta