Pareidolie: Warum man Gesichter sieht, wo keine sind

Manchmal erkennt das Gehirn in Dingen und Mustern Gesichter, die gar nicht da sind. Bei der Pareidolie handelt es sich um eine Form der Sinnestäuschung, die die meisten Menschen schon einmal erlebt haben. In abstrakten Dingen Gesichter zu erkennen, kann verschiedene Ursachen haben und mitunter auf psychische Erkrankungen hinweisen.

Drei Personen mustern ein Rorschach-Bild
Pareidolie wird häufig auch als Hilfe bei der Persönlichkeitsanalyse angewandt Foto: istock_OlehVeres

Zwei Punkte und weiter unten ein Strich – mehr braucht unser Gehirn meist nicht, um darin ein Gesicht zu erkennen. Die sogenannte Pareidolie ist ein natürlicher Mechanismus, der früher überlebensnotwendig war. Besonders häufig kommt sie bei Menschen mit bestimmten Persönlichkeitszügen vor.

Definition: Was ist Pareidolie?

Pareidolie ist eine bestimmte Form der Sinnestäuschung, bei der das Gehirn einen tatsächlich vorhandenen Gegenstand um einen nicht vorhandenen ergänzt. Man glaubt, in abstrakten Mustern, etwa in Wolkenformationen, Gesichter zu erkennen.

Das Phänomen Pareidolie wird oft auch als Erklärung genutzt, wenn viele Menschen gleichzeitig etwas scheinbar Übernatürliches, zum Beispiel eine UFO-Sichtung, erleben. Die Ursache für diese Illusion wird in der Fehlwahrnehmung von mehreren Menschen gesehen.

Wie entsteht Pareidolie?

Die Sinnestäuschung Pareidolie entsteht in der Großhirnrinde des Gehirns, der Fusiform Face Area. Das hat der Wissenschaftler Kang Lee herausgefunden und im Jahr 2014 den IG Nobelpreis in Neurowissenschaften für seine Forschung gewonnen.

Lee konnte in einer Versuchsreihe bestätigen, dass seine Probanden in Bildern, die lediglich Punkt, Komma und Strich zeigten, Gesichter erkannten. Hirnscans der Studienteilnehmer wiesen eine gesteigerte Aktivität in der Fusiform Face Area aus. Diese Gehirnregion reagiert auch, wenn man echte Gesichter sieht.

Eine Pareidolie kann grundsätzlich jeder Mensch haben. Laut Neurowissenschaftlern ist das Gehirn eines Menschen darauf eingestellt, Vertrautes wiederzuerkennen und Abstraktes zu einem Sinn zusammenzufügen. Dass wir insbesondere auf – mutmaßliche – Gesichter reagieren, liege daran, dass diese Fähigkeit eine wichtige Grundlage für das soziale Zusammenleben sei. Für unsere Vorfahren war diese Eigenschaft überlebensnotwendig, denn so konnten potenzielle Feinde und gefährliche Tiere früh genug identifiziert werden.

Wann kommt Pareidolie besonders häufig vor?

Dinge oder Gesichter zu sehen, die eigentlich nicht da sind, ist jedoch auch typisch bei fieberhaften Erkrankungen, starker Übermüdung und Drogenmissbrauch. Auch bestimmte psychische Erkrankungen stehen mit Pareidolie in Verbindung, wie etwa Schizophrenie und Psychosen. Sieht man immer und überall Gesichter, kann das daher ein Warnsignal sein. Zudem vermutet man, dass diese natürliche Alarmfunktion bei neurotisch veranlagten, also ängstlichen und angespannten Menschen stärker ausgeprägt ist.

Pareidolie im Rahmen des Rorschach-Tests

Das Phänomen der Pareidolie machen sich Psychiater auch zunutze, um die Persönlichkeit eines Menschen zu analysieren. Der sogenannte Rorschach-Test ist eine Methode der Psychodiagnostik. Hierbei sollen die Patienten unterschiedliche symmetrische Farbkleckse deuten – das heißt, einen Sinn aus abstrakten Bildern erschließen.

Anhand dieser bewusst herbeigeführten Pareidolie zieht der Psychiater Rückschlüsse auf die emotionalen und sozialen Persönlichkeitseigenschaften oder auf mögliche psychische Störungen.

Quelle:

Pareidolie, in: Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik