Orthese: Stabilisierung und Ruhigstellung der Gelenke
Unter bestimmten Umständen kann eine Stabilisierung und Ruhigstellung der Gelenke notwendig werden. Das gelingt am besten mit einer sogenannten Orthese. Ob Knie, Hand oder Sprunggelenk – mit einer Orthese kann man vielerlei orthopädische Probleme behandeln. Sie wird etwa nach Verletzungen oder bei Fehlstellungen von Gliedmaßen vom Arzt verordnet.

Orthese: Was ist das genau?
“Eine Orthese ist zunächst einmal ein medizinisches Hilfsmittel, welches ein krankes Gelenk umschließt und in der Funktion und/oder im Heilprozess unterstützt”, sagt Dr. med. Wolfgang Schopf. Sie wird äußerlich am Körper angebracht und kann Gelenke, Muskeln und Knochen entlasten. Aber eine Orthese kann noch einiges mehr leisten: “Im Allgemeinen dienen Orthesen zum Schutz, zur Entlastung, zur Korrektur, zur Stabilisierung oder zur Ruhigstellung.” Es gibt viele verschiedene Arten des medizinischen Hilfsmittels, generell wird zwischen Softorthesen oder Hartrahmenorthesen unterschieden.
Gefertigt werden sie beispielsweise aus Metall, Kunststoff, Silikon und/oder Stoff. In die Reihe der Orthesen gehören außerdem Schienen, Mieder, Korsette, Bandagen und Stützapparate. Es kommt darauf an, welches Körperteil oder welches Gelenk genau betroffen ist.
Zu den bekanntesten Orthesen-Arten gehören zum Beispiel:
- Knieorthese
- Sprunggelenkorthese
- Handgelenkorthese
- Ellenbogenorthese
- Fingerorthese
- Halskrause
Anwendungsgebiete: Wann genau wird eine Orthese verwendet?
Orthesen sind für viele Krankheitsbilder ausgerichtet. “Große und kleine Gelenke sowie die Wirbelsäule können damit behandelt werden”, erklärt Dr. Schopf. “Die Heilung von Verletzungen soll hierdurch beschleunigt werden.” Bei Sportverletzungen von Bändern, Sehnen oder Knochen kommen Orthesen regelmäßig zum Einsatz. Genauso wie bei chronischen Leiden wie beispielsweise Knie-Arthrose, Skoliose oder Osteoporose werden entsprechende Orthesen erfolgreich eingesetzt und können frühzeitige Operationen hinauszögern.
“Nicht nur bei konservativer Therapie kommen Orthesen zum Einsatz, sondern auch nach einer Operation zur Nachbehandlung zur temporären Sicherung des OP-Ergebnisses, wie zum Beispiel nach einer vorderen Kreuzbandoperation am Kniegelenk”, erläutert Dr. Schopf weiter.
Das Hilfsmittel kann bei vielerlei orthopädischen Problemen helfen. Generell unterscheidet man Orthesen in ihrer Funktion nach ISO-Norm in diese Kategorien:
- Vorbeugung, Reduzierung und Stabilisierung von Fehlstellungen
- Reduzierung oder Verteilung von Belastung
- Einschränkung oder Vergrößerung der Gelenkbeweglichkeiten
- Ausgleich von Muskelschwächen oder Verkrampfungen (Spastiken)
- Ausgleich von Form oder Länge eines Körperteils
Anfertigung und Tragedauer: Wie ist das Vorgehen?
In der Regel verordnet einem der Arzt das Tragen einer Orthese. In der überwiegenden Anzahl der Indikationen kommen konfektionelle, dann industriell gefertigte Orthesen zum Einsatz. “Diese sind in unterschiedlichen Größen verfügbar und können durch den Orthopädietechniker individuell am Patienten angepasst werden”, so Dr. Schopf. “Doch unter krankheits- oder patientenbedingten Umständen kann auch in den seltenen Fällen die Verordnung einer maßgeschneiderten Orthese bestehen”, sagt der Experte.
Die Tragedauer sollte Dr. Schopf zufolge prinzipiell nach Diagnose und Maßgabe des behandelnden Arztes erfolgen. Wichtig: Hierbei sollte auch geklärt werden, wann genau die Orthese zu tragen ist. Nur tagsüber oder auch nachts? “Der Therapieerfolg sollte in regelmäßigen Abständen ärztlich kontrolliert werden.”
Birgt die Verwendung einer Orthese auch Risiken?
Gibt es auch mögliche Nebenwirkungen, die sich durch das Tragen einer Orthese ergeben? Prinzipiell sollte die Orthese natürlich einen tolerablen Tragekomfort bieten. Sprich: sie sollte perfekt sitzen und angelegt nicht zwicken oder wehtun. “Die Orthese darf keine Schmerzen oder Taubheitsgefühle beziehungsweise Kribbeln verursachen”, sagt Dr. Schopf. “Ebenso dürfen keine gerötete oder wunde Stellen durch zu viel Druck oder Reiben hervorgerufen werden.” Auch zu Durchblutungsstörungen sollte es bei korrektem Sitz nicht kommen.
Unpassende Orthesen können Knochen und Gelenken belasten. Aufklärung ist deshalb essenziell – und wenn der Patient Fragen hat, sollte er diese Informationen einfordern. “Wichtig ist in meinen Augen, dass die korrekte Anlage im Sanitätshaus gezeigt und auch vom Patienten beherrscht wird. Eine falsche Anlage könnte negative Folgen auf den Heilungsprozess haben”, erklärt der Orthopäde.
Je nachdem, an welchem Körperteil die Orthese getragen wird, kann es zu unterschiedlichen Beschwerden kommen. Dazu gehören zum Beispiel:
- Durchblutungsstörungen
- Druck- oder Scheuerstellen
- Reizungen bzw. Irritationen der Haut
- Schädigungen von Haut oder Gewebe
- Unsicherheiten beim Gehen
- Infektionen
Orthese tragen: Was muss ich beachten?
Wird Ihnen das Tragen einer Orthese vom Arzt empfohlen bzw. verschrieben, müssen Sie die Kosten für eine Orthese in der Regel nicht selbst tragen. Meistens werden sie mit einem Rezept und bei Bestehen eines entsprechenden Krankheitsbildes von der Krankenkasse übernommen. Selbstverständlich ist es wichtig, die Orthese richtig anlegen zu können. Sorgen Sie dafür, dass sie bestmöglich sitzt. Außerdem ist es ratsam, Passform und Funktion des Hilfsmittels regelmäßig von einem Fachmann bzw. Arzt überprüfen zu lassen, um gegebenenfalls nachzujustieren.
Damit Infektionen oder Hautirritationen keine Chance haben und die Orthese lange hält, sollte die Orthese hin und wieder mit Wasser gereinigt werden. Auch Desinfektionssprays können dabei helfen.
Dr. med. Wolfgang Schopf ist Oberarzt und Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Er ist in Pforzheim als Hüft- und Kniespezialist in denARCUS Kliniken Pforzheim tätig, die größte orthopädische Praxisklinik in Deutschland. Jeden Tag behandelt er Sportverletzte und Arthrosepatienten – sowohl konservativ als auch operativ.