Operation, Hormone oder Jod? Therapien für die Schilddrüse

Die beste Therapie für eine Schilddrüsen-Erkrankung zu finden, ist nicht immer einfach. Hormon-Spezialisten warnen nun, dass Ärzte in Deutschland im internationalen Vergleich zu häufig zum Messer greifen – aus Angst vor einem bösartigen Tumor. Wir nennen die besten Alternativen zum Skalpell.
Das Gaspedal des Körpers
Eingebunden in einen fein justierten Regelkreislauf zwischen Hirnanhangsdrüse und Hypothalamus, produziert die Schilddrüse die lebenswichtigen Hormone T3 und T4, die Einfluss auf den gesamten Stoffwechsel haben, auf das Nervensystem, die Muskulatur und die Aktivität des Herzens. "So wie das Herz der Motor des Körpers ist, ist die Schilddrüse das Gaspedal", erklärt Endokrinologe Prof. Dr. Michael Gabriel. "Gibt sie zu wenig Gas wie bei der Schilddrüsen-Unterfunktion oder zu viel wie bei der -Überfunktion ab, gerät unsere Gesundheit aus dem Gleichgewicht."
Der Tanz der Hormone
Bei einer Schilddrüsen-Unterfunktion, die medikamentös behandelt wird, mangelt es an Hormonen. Folgen: Gewichtszunahme, Müdigkeit, Frieren, Depressionen, Haarausfall. Gefährlicher ist die Schilddrüsen-Überfunktion, wenn zu viele Hormone produziert werden. Symptome: Gewichtsverlust, Herzrasen, Schlafstörungen, Schweißausbrüche, Zittern. Bei der Morbus-Basedow-Krankheit, die bei Frauen zwischen 20 und 40 Jahren die häufigste Form der Überfunktion ist, kommen Augenbeschwerden hinzu. 80 Prozent der Betroffenen leiden unter einer Vergrößerung der Schilddrüse (Kropf). Knoten und Jodmangel, eine Autoimmunerkrankung, sind die häufigsten Ursachen. Für die Diagnose ist ein Bluttest ausreichend.
Die Angst der Ärzte
Wegen einer Vergrößerung der Schilddrüse nehmen die meisten Ärzte in Deutschland eine Operation vor. Denn in der vergrößerten Schilddrüse bilden sich häufig Knoten, die durch Tasten nicht von bösartigen Tumoren zu unterscheiden sind. "Weil viele Kollegen befürchten, dass sich daraus Krebs entwickelt, raten sie mitunter voreilig zu einer Operation", sagt Peter Goretzki von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Jedes Jahr werden in Deutschland laut DGE mehr als 100.000 Schilddrüsen teilweise oder komplett entfernt – achtmal häufiger als in den USA.
Die Alternative zur OP
Die übermäßige Produktion von Schilddrüsenhormonen kann mit sogenannten Schilddrüsenhemmern (Thyreostatika) vermindert werden. Bei Morbus Basedow wird mit einer medikamentösen Behandlung bei 50 Prozent der Patienten eine Spontanheilung erzielt. Ebenfalls sehr wirksam ist die Radiojodtherapie. Bei dieser Behandlungsmethode wird eine geringe Menge an radioaktivem Jod in Form einer Kapsel eingenommen. Das Jod erreicht die Schilddrüse über die Blutbahn und zerstört durch seine Strahlen krankhaftes Schilddrüsengewebe. Zudem verhindert es damit eine Überschwemmung des Organismus mit Schilddrüsenhormonen. "Vor einer OP sollten diese diagnostischen Möglichkeiten voll ausgeschöpft sein", rät Goretzki.
Der Stoff des Lebens
Jod gilt als "Treibstoff" für die ausgewogene Produktion von Schilddrüsenhormonen. Deshalb benötigt der Körper täglich 200 Mikrogramm Jod. Die tatsächliche Aufnahmemenge liegt im Durchschnitt bei etwa 100 Mikrogramm. Zu wenig, sagen Ärzte. Denn eine ausreichende Versorgung des Körpers mit Jod ist vielleicht der wirksamste Schutz vor der Entstehung eines Kropfs sowie einer Schilddrüsen-Unter- oder -Überfunktion.
Die besten Jodlieferanten
Jod ist ein Spurenelement und kann nicht vom Organismus produziert werden. Wir müssen es mit jodhaltigen Essen aufnehmen, um die für die Gesundheit so wichtige Produktion von Schilddrüsenhormonen sicherzustellen.
Seefisch
Der wichtigste Jodlieferant ist Seefisch. Am jodhaltigsten sind Schellfisch, Seelachs und Kabeljau. Ärzte raten dazu, ein- bis zweimal in der Woche Fisch zu essen. Damit ist der empfohlene Tagesbedarf für Erwachsene gedeckt.
Milchprodukte
Weil dem Trockenfutter für Nutztiere Jod zugesetzt wird, gelangt das Spurenelement in Eier und Milch und damit auch in Eiernudeln, Joghurt oder Käse. Milchprodukte decken mehr als ein Drittel des Tagesbedarfs. Milch gehört zu den jodhaltigsten Lebensmitteln. In einem Liter können zwischen 20 und 200 Mikrogramm enthalten sein.
Jodsalz
Das bekannteste Lebensmittel mit Jodzusatz ist Speisesalz. Wird Jodsalz in Fertigprodukten wie Pizza, Brot, Wurst verarbeitet, muss es auf der Packung stehen.
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