Nutrigenetik: Können Gene beim Abnehmen helfen?
Abnehmen aufgrund der eigenen Veranlagung: Nutrigenetik soll mit einem Gentest herausfinden, was Sie künftig essen sollten, um schlank zu werden – oder es zu bleiben.

Jeder Mensch ist anders – auch was das Essen angeht. Während die eine Person den ganzen Tag nur Pizza, Burger und Softdrinks zu sich nimmt und trotzdem schlank bleibt, macht sich bei anderen jede noch so kleine Sünde sofort auf den Hüften bemerkbar. Forscher sind sich daher einig: Bei der Nahrungsmittelaufnahme und beim Abnehmen spielt die Genetik eine große Rolle. Das will sich die Nutrigenetik – ein wissenschaftliches Forschungsfeld – zunutze machen und mittels Gen-Analyse einen punktgenauen und maßgeschneiderten Ernährungsplan erstellen.
Nutrigenetik: Die 0,3 Prozent in den Genen machen es aus
Genetisch unterscheiden wir Menschen uns nur um 0,3 Prozent voneinander. Dieser minimale Prozentsatz macht aber einen gravierenden Unterschied: Er bestimmt nicht nur die optischen Details, mit denen wir uns voneinander unterscheiden – sondern bringt auch in puncto Ernährung so einige Unterschiede mit sich. Sie bestimmen zum Beispiel, ob man laktoseintolerant ist oder Eier verträgt. Oder ob man eher zu Übergewicht neigt als andere.
Das verspricht die Nutrigenetik
In den letzten Jahren erkannten Wissenschaftler immer mehr Korrelationen zwischen der DNA und der Nahrungsverwertung bei Menschen. Ein Beispiel dafür ist das sogenannte FTO-Gen (eigentlich kein Gen, sondern eine Reihe von 47.000 Nukleotiden auf dem Chromosom 16), von dem man lang glaubte, dass es für die Steuerung des Hungergefühls im Gehirn zuständig sei. Allerdings ergaben Forschungsergebnisse später etwas ganz anderes: Es entscheidet nämlich, ob Fette von den Fettzellen verbrannt oder gespeichert werden. So entwickelte sich das relativ junge Forschungsfeld der Nutrigenetik.
Deren Versprechen: Via DNA-Test können Sie herausfinden, wie Ihr Ernährungsplan aussehen sollte. Der Gentest erkennt genau, wie es bei Ihnen mit der Fettaufnahme und Fettverbrennung aussieht, wie Sie Laktose, Kohlenhydrate, Salz und anderes vertragen – und worin der Grund für Ihr mögliches Übergewicht genau liegt. So kann ein genauer und persönlicher Speise- und Gesundheitsplan erstellt werden, mit dem Sie nicht nur gesünder, sondern auch buchstäblich leichter leben.
So testen Sie Ihre Nutrigenetik
Natürlich sehen nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Konzerne großes Potenzial in diesem Forschungsfeld. Es gibt bereits einige Firmen, die Nutrigenetik-Tests anbieten. Über einen einzigen Speicheltropfen, der an ein Labor geschickt wird, soll es möglich sein, Konsumenten eine Diät maßzuschneidern, die gänzlich auf ihre genetischen Voraussetzungen abgestimmt ist. Zu diesem Zweck konzentriert sich der Test auf eine Reihe von relevanten Genen, aus denen die Nahrungsdisposition des Kunden ermittelt wird – und ihm somit ein Speiseplan erstellt werden soll. Wie dieser dann genau aussieht – zum Beispiel, ob Sie Laktose oder Fruktose meiden sollen – hängt vom jeweiligen Ergebnis ab.
Einen Test können Sie ab etwa 200 Euro machen lassen – unabhängig von dem Labor oder Unternehmen, für das Sie sich entscheiden. Doch bei diesen Kosten bleibt es nicht: Mit zusätzlichen Beratungskosten und beispielsweise einer Anmeldung im Fitnessstudio oder zusätzlichen Kosten für den Ernährungsplan können die Kosten auch schnell deutlich steigen.
Erfolgreiche Abnahme mit Nutrigenetik?
So wissenschaftlich fundiert und vielversprechend die Methode der Nutrigenetik auch klingen mag: Längst nicht alle sind überzeugt von den großen Versprechungen der jungen Wissenschaft. Wie die Verbraucherzentrale erklärte, ist die genetische Beschaffenheit eines Menschen zu komplex, um derartig eindeutige Rückschlüsse überhaupt ziehen zu können. Auch eine Mahlzeit bestehe aus Millionen an Bestandteilen und sei naturgemäß schon komplexer, als dass man es vereinfachen könnte. Außerdem, so argumentieren Skeptiker, haben nicht nur die genetische Disposition, sondern auch der Lebenswandel beziehungsweise die Lebensumstände einen großen Einfluss auf die Gewichtsabnahme oder Gewichtszunahme.
Ein konkretes Beispiel dafür, wie komplex die Sachlage ist, ist das Gen MTHFR, das bei jedem zehnten Menschen eine Mutation aufweist. Der Körper jener Personen kann Folsäure nicht gut aufnehmen. Diejenigen, bei denen dies der Fall ist, neigen zu Depressionen und Herzkrankheiten. Ginge man rein nach einem nutrigenetischen Standpunkt, würde man dies mit Nahrungsergänzungsmitteln supplementieren, um den Folsäuremangel auszugleichen. Wie mehrere Medien berichteten, zeigten Ergebnisse aber, dass bei den betroffenen Personen ein Folsäureüberschuss die Bildung von Tumoren fördert.
Bei Nutrigenetik sollten Sie Ihren Enthusiasmus also vorerst wohl noch etwas zügeln, da noch viel mehr Forschung in diesem Feld nötig sein wird.