Neurologische Symptome bei Vitamin-B12-Mangel: Wie kommt es dazu?

Nicht nur Müdigkeit und Konzentrationsprobleme, sondern auch neurologische Symptome können bei einem Vitamin-B12-Mangel auftreten. Die meisten Beschwerden verschwinden, sobald der Mangel behoben wurde. Doch in manchen Fällen können Nervenschäden zurückbleiben.

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Wenn der Körper über längere Zeit zu wenig Vitamin B12 erhält, kann es zu ernsten Folgen für die Gesundheit kommen. Neben harmloseren Beschwerden wie Müdigkeit und Haarausfall können auch neurologische Symptome bei einem Vitamin-B12-Mangel auftreten. Zwar kann durch eine Ernährungsumstellung und Vitamingaben der Mangel behoben werden. Jedoch können manche entstandenen neurologischen Veränderungen irreversibel sein.

Eine Frau befühlt ihre Füße
Kribbeln in den Beinen können auf einen Vitamin-B12-Mangel zurückgehen Foto: iStock/bymuratdeniz

Was ist Vitamin B12?

Vitamin B12 ist streng genommen nicht ein Vitamin, sondern eine Gruppe ähnlich wirkender wasserlöslicher Vitamine – die Cobalamine. Sie werden von Mikroorganismen in Tieren gebildet. Der Darm von Kühen etwa kann Vitamin B12 selbst herstellen. Auch im Dickdarm vieler Menschen kommen Cobalamin bildende Bakterien vor. Allerdings kann der Dickdarm keine Nährstoffe aufnehmen, das passiert im Dünndarm. Aus diesem Grund muss Vitamin B12 über die Nahrung aufgenommen werden.

Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollten es bei Jugendlichen ab 15 Jahren und Erwachsenen täglich 3 Mikrogramm sein. Für Schwangere und Stillende steigt der Tagesbedarf auf 4,5 bzw. 5,5 Mikrogramm. Überwiegend kommt Vitamin B12 in tierischen Produkten vor, besonders in Fleisch und Fisch, aber auch in Eiern und Milchprodukten. Menschen, die sich vegan ernähren, können daher leicht einen Mangel entwickeln, wenn sie Vitamin B12 nicht durch ein Nahrungsergänzungsmittel substituieren.

Zu den möglichen Ursachen eines Vitamin-B12-Mangels gehören auch chronische Magen- und Darmerkrankungen, die mit einer erschwerten Aufnahme und Verwertung von Nährstoffen einhergehen, sowie Alkoholmissbrauch und bestimmte Medikamente (z.B. Antidiabetika oder Diuretika). Außerdem nimmt im Alter die Fähigkeit des Darms ab, Nährstoffe aufzunehmen. Schätzungen zufolge weist jede vierte Person über 65 Jahren einen Vitamin-B12-Mangel auf.

Gut zu wissen

Für die Aufnahme von Vitamin B12 im Körper, ist ein bestimmtes Protein notwendig. Der sogenannte „Intrinsic Factor“ wird im Magen freigesetzt; es sorgt dafür, dass das Vitamin in den Dünndarm transportiert und dort resorbiert wird. Darum kann die dauerhafte Einnahme von Magensäureblockern (Protonenpumpenhemmer) einen Vitamin-B12-Mangel hervorrufen.

Warum entstehen neurologische Symptome bei einem Vitamin-B12-Mangel?

Die Symptome eines Vitamin-B12-Mangels lassen sich in zwei Gruppen unterteilen. Denn meist kommt es entweder zu einer Anämie und daraus resultierenden Beschwerden oder zu neurologischen Symptomen. Beides zusammen kommt nur selten vor. Warum das so ist, konnte die Wissenschaft bis heute nicht klären. Was man aber weiß: Die Folgen eines Vitamin-B12-Mangels können verheerend sein. Das liegt daran, dass Cobalamine überaus wichtige Funktionen im Körper haben.

Vitamin B12 ist beteiligt...

  • an der Bildung roter Blutkörperchen,

  • an der Bildung von Botenstoffen, die die Psyche und Wahrnehmung steuern,

  • am Zellwachstum und an der Zellteilung,

  • am Energiestoffwechsel und

  • an der Nervenfunktion.

Vor allem für die Nerven spielt Vitamin B12 eine wichtige Rolle, da es den Aufbau und die Regeneration der Nervenfaserhüllen (Myelinscheiden) unterstützt. Die Hüllen schützen nicht nur die Nerven, sondern stellen auch die Reizweiterleitung zwischen den Nerven sowie zwischen Nerven und Muskeln sicher. Fehlt es dem Körper an Cobalaminen, werden nach und nach Nerven zerstört – es kommt zu einer Degeneration des zentralen Nervensystems.

Neurologische Symptome bei Vitamin-B12-Mangel

Ein Mangel an Vitamin B12 zeigt sich zunächst durch unspezifische Symptome: Betroffene leiden unter Müdigkeit, Leistungsschwäche und Konzentrationsproblemen. Erst im weiteren Verlauf werden die Nervenschädigungen spürbar – es entwickelt sich eine Neuropathie mit Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen (Parästhesien). Es kann ein Kribbeln, Brennen oder ein Gefühl wie Nadelstiche in den Füßen und Beinen auftreten, später auch in den Händen und Armen. Zusätzlich leiden Betroffene unter Muskelschwäche und Gangunsicherheit.

Da durch den Vitamin-B12-Mangel auch Nerven im Gehirn zugrunde gehen und die Bildung von Botenstoffen gestört ist, können sich auch psychiatrische Symptome bemerkbar machen.

Die neurologischen Symptome bei einem Vitamin-B12-Mangel im Überblick:

  • Sensibilitätsstörungen

  • Missempfindungen

  • Muskelschwäche

  • Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen

  • Vergesslichkeit

  • Verwirrtheit

  • Apathie

  • Gedächtnisstörungen

  • Stimmungsschwankungen

Welche Krankheiten entstehen durch einen Vitamin-B12-Mangel?

Wird der Mangel nicht behoben, können sich verschiedene Erkrankungen entwickeln. Wenn der Körper nicht ausreichend Vitamin B12 aufweist, steigt der Homocystein-Spiegel an. Die Aminosäure stellt u.a. ein Risiko für Arterienverkalkung (Arteriosklerose) und damit zugleich für Herz-Kreislauf-Erkrankungen dar.

Bei vaskulären Demenzen, die auf zerstörtes Hirngewebe zurückgeht, werden erhöhte Homocystein-Blutspiegel beobachtet, welche sich mit Vitamin-B12-Gaben senken lassen. Zu den möglichen psychiatrischen Folgeerkrankungen gehören darüber hinaus Depressionen und Psychosen.

Die Nervenschädigungen im Rückenmark können zudem so stark ausgeprägt sein, dass es sogar zu einer Querschnittslähmung kommen kann.

Vitamin-B12-Mangel: Neurologische Symptome können bestehen bleiben

Wenn der Vitamin-B12-Mangel behoben ist, regenerieren sich die Nerven wieder, sodass die Symptome und mögliche Folgeerkrankungen wieder verschwinden können – sie sind reversibel. Auch eine entstandene Demenz kann zurückgehen. Sind jedoch die Nervenschädigungen weit fortgeschritten, können Beschwerden zurückbleiben, selbst wenn kein Vitamin-B12-Mangel mehr besteht. Das gilt vor allem für Säuglinge, die bleibende Entwicklungsstörungen davontragen. Der Mangel bleibt bei ihnen oft unerkannt, da sich die Symptome erst ab dem zweiten Lebensjahr bemerkbar machen.

Schwangere, die sich streng vegan ernähren, chronische Magen-/Darm-Erkrankungen haben oder Medikamente einnehmen, sollten daher ihren Vitamin-B12-Spiegel ermitteln lassen.

Wie lässt sich ein Vitamin-B12-Mangel feststellen?

Obwohl Vitamin B12 ein wasserlösliches Vitamin ist, kann der Körper, besonders die Leber, große Mengen davon speichern – und das sogar über mehrere Jahre. Das bedeutet, dass ein Mangel und entsprechende Symptome nicht innerhalb kurzer Zeit auftreten, sondern erst, wenn der Speicher in der Leber aufgebraucht ist. Das kann bis zu vier Jahre dauern.

Über einen Bluttest kann ermittelt werden, wie hoch der Vitamin-B12-Spiegel ist. Dafür gibt es verschiedene Methoden. Am aussagekräftigsten ist die sogenannte Holo-TC-Untersuchung. Dabei wird das in den Zellen verfügbare Vitamin B12, das Holotranscobalamin, gemessen.

Wurde ein Mangel festgestellt, gibt es zwei verschiedene Behandlungsmöglichkeiten: Wenn eine Ernährungsumstellung keine Wirkung zeigt – z.B. aufgrund einer chronischen Darmentzündung oder einer streng veganen Diät – muss das Vitamin substituiert werden. Beim Arzt bzw. bei der Ärztin können hochdosierte Spritzen im Monatstakt verabreicht werden. Auf diese Weise gehen die neurologischen Symptome bei einem Vitamin-B12-Mangel schneller zurück.

Quelle:

Vitamin B₁₂ (Cobalamine), in: dge.de (Deutsche Gesellschaft für Ernährung)

Ursachen und frühzeitige Diagnostik von Vitamin-B12-Mangel: Risikogruppe auch Säuglinge, in: aerzteblatt.de

Homocystein, in: ihp-labor.de

Erhöhter Homocystein-Spiegel: Risikofaktor für eine Demenz?, in: deutsche-apotheker-zeitung.de