Neues Organ entdeckt?

Mit einer neuartigen Laser-Mikroskopie kamen die Forscher unserem neuen Organ auf die Spur
Mit einer neuartigen Laser-Mikroskopie kamen die Forscher unserem neuen Organ auf die Spur Foto: robertprzybysz/iStock

Wissenschaftler aus New York sind mit einem neuartigen Verfahren den Geheimkanälen unseres Körpers auf die Spur gekommen. Was sie entdeckt haben, bezeichnen die Forscher als eigenständiges Organ – und es könnte sogar unser größtes sein. Alle Fakten zu der medizinischen Sensation.

Dr. Neil Theise und seine Kollegen von der Universität New York konnten kaum glauben, was sie da auf ihren Bildschirmen sahen. Dort, wo sich eigentlich nur Gewebefasern befinden sollten (starre Kollagenfasern und flexible Elastinfasern), zeigten sich zellartige Strukturen, die mit Flüssigkeit gefüllt waren. Am Verfahren konnte es nicht liegen: Die neuartige Laser-Mikroskopie, die sie angewendet hatten, gilt als absolut zuverlässig und konnte keinen Fehler produziert haben. Die logische Konsequenz: Was Mediziner bisher über unser Bindegewebe zu wissen glaubten, ist falsch. Im Fachmagazin nature haben Neil Theise und seine Co-Autoren ihre Forschungsergebnisse veröffentlicht.

Warum haben Wissenschaftler unser größtes Organ übersehen?

Bislang gingen Mediziner davon aus, dass die Zwischenräume (Interstitium) des Bindegewebes zellfrei seien. Ein Grund: Bei der Untersuchung einer Gewebeprobe unter einem klassischen Mikroskop muss die Probe präpariert werden. Dieser Vorgang zerstört die feine Struktur der bisher unbekannten Zellen im Interstitium.

Mit dem neuen Verfahren, bei dem lebendes Gewebe im Körper mithilfe eines Lasermikroskops vergrößert sichtbar wird, blieb der Zelltyp erhalten. In folgenden Untersuchungen konnten die Forscher die neu entdeckten Strukturen im gesamten Körper nachweisen: Überall da, wo sich bewegliches Bindegewebe befindet. Nach ihrer Hochrechnung entspricht ihr Volumen mit rund zehn Litern etwa 20 Prozent unseres Körpers. Aber wofür ist das Organ eigentlich da?

Die neue Gewebestruktur ist hier in Form von kleinen braunen Flekcen dargestellt Foto: Jill Gregory/ CC-by-ND

Wofür wir die „neuen“ Zellen brauchen

Die Forscher konnten eine Verbindung der Zellen zur Lymphe nachweisen. Das heißt, dass sie vermutlich eine wichtige Rolle im Transportsystem des Organismus spielen und Abwehr- sowie Botenstoffe an andere Zellen weiterleiten. Außerdem scheinen sie eine Art natürlicher Puffer zu sein. „Wir glauben, dass diese Struktur wie ein Stoßdämpfer wirkt und das Gewebe schützt“, sagt Neil Theise.

Was das für die Medizin bedeutet

Neil Theise und Kollegen haben eine Entdeckung gemacht, die der Medizin große Fortschritte ermöglichen könnte. „Unter anderem könnte die Analyse interstitieller Flüssigkeit ein wertvolles Diagnosewerkzeug werden", hofft Theise. Aber auch das Verständnis für Krebs könnte sich ändern. Vielleicht verstehen Mediziner in naher Zukunft besser, warum Krebs in manchen Zellschichten aggressiver metastasiert als in anderen – und daraus neue Therapien entwickeln.

Wie heißt das neue Organ?

Aktuell gibt es noch keine Bezeichnung für das „neue Organ“ beziehungsweise den neu entdeckten Zelltypen. Das ist vermutlich auch nicht notwendig, da der Gewebetyp bereits die Bezeichnung Interstitium trägt. Den Aufruf, einen Namen zu finden, hat Neil Theises auf seinem Twitter-Kanal trotzdem geteilt. Die Vorschläge lesen sich allerdings eher albern: Der Favorit ist bislang „Organ McOrganface“.