Neue Studie: Säureblocker erhöhen Demenzrisiko!
Millionen Deutsche nehmen Medikamente gegen Magenbeschwerden – eine neue Studie zeigt, dass der Langzeitgebrauch von Säureblockern das Demenzrisiko erhöhen kann. Ab welcher Einnahmedauer das Demenzrisiko ansteigt.
Die Forschung hat mittlerweile eine Vielzahl von Risikofaktoren für Demenz aufgedeckt – die neueste Erkenntnis: Ein millionenfach gekauftes Medikament gegen Sodbrennen kann das Risiko für eine Demenzerkrankung erhöhten: Die Rede ist von Säureblockern. Alle Hintergründe zur Studie!
Magensäureblocker stehen schon länger in der Kritik
Magensäureblocker (Protonenpumpenhemmer, kurz PPI) helfen zwar effektiv gegen Sodbrennen, stehen aber aufgrund unerwünschter Langzeitnebenwirkungen in der Kritik. So begünstigen diese frei verkäuflichen Medikamente Osteoporose, da die Kalziumaufnahme gestört wird. Zudem sind bei längerer Einnahme Darminfektionen wahrscheinlicher, da die reduzierte Magensäure nicht mehr in der Lage ist, Krankheitserreger abzutöten. Außerdem stehen Magensäureblocker in Verdacht, chronische Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen zu fördern.
Darüber hinaus diskutiert die Fachwelt darüber, ob Protonenpumpenhemmer (kurz PPI) das Demenzrisiko steigern könnten. Eine neue US-amerikanische Langzeitstudie, die in der Fachzeitschrift Neurology veröffentlicht wurde, bestätigt das nun. Der Grund, warum PPI-Medikamente das Gehirn so sehr beeinflussen können, dass sich später eine Demenzerkrankung entwickelt, ist bisher noch Gegenstand der Forschung – klar ist aber, dass ab einer bestimmten Einnahmedauer das Demenzrisiko erhöht ist.
Medikamente gegen Sodbrennen werden als Protonenpumpenhemmer bzw. Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) bezeichnet. Wie der umgangssprachliche Name „Magensäureblocker“ schon sagt, hemmen sie die Magensäureausschüttung um bis zu 90 Prozent. Besonders hilfreich sind diese Medikamente daher bei Sodbrennen oder bei anderen Beschwerden, bei denen zu viel Magensäure produziert wird.
Häufige Anwendungsgebiete von PPI-Medikmaneten sind zum Beispiel Magenschleimhautentzündungen, Magengeschwüre und die Refluxkrankheit.
Ab dieser Einnahmedauer erhöhen Protonenpumpenhemmer das Demenzrisiko
Das Team um Dr. Carin Northuis der University of Minnesota untersuchte die längerfristige Einnahme von PPI-Medikamenten. Dazu wertete sie Daten von einer Patient:innengruppe mit über 5.700 Frauen und Männern aus, die an der ARIC-Studie („Atherosclerosis Risk in Communities“) seit Ende der 1980er Jahre teilnahmen. Das Team erfasste dabei, wie oft und wie lange die Teilnehmenden Magensäureblocker eingenommen hatten und ob ein Zusammenhang zu einer später aufgetretenen Demenz bis 2017 besteht.
Das Ergebnis: Wer länger als 4,4 Jahre Protonenpumpenhemmer eingenommen hat, weist ein 33 Prozent höheres Demenzrisiko auf. Insgesamt erkrankten 585 der Studienteilnehmenden an einer Demenz – einen Zusammenhang mit einer Einnahme von Magensäureblockern konnten die Wissenschaftler:innen ziehen. Bei einer kürzen Einnahmedauer unter 4,4, Jahren konnten die Forschenden in der Studie keinen signifikanten Zusammenhang zur einer Demenzerkrankung feststellen.
Deutsche Gesellschaft für Neurologie warnt vor PPI-Langzeiteinnahme
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) sieht weiteren Forschungsbedarf, allerdings warnt sie vor einer längerfristigen Einnahme von PPI: „Eine dauerhafte Verschreibung und die längerfristige Behandlung mit PPI ohne gesicherte Indikation sollte nicht erfolgen und die Patientinnen und Patienten sollten auf mögliche Risiken bei Langzeitgebrauch hingewiesen werden, auch in den Apotheken, da kleine PPI-Packungen frei käuflich sind“, sagt Prof. Dr. Peter Berlit, Neurologe und Generalsekretär der DGN.
Je nach vorliegender Erkrankung sollten Magensäureblocker nicht länger als acht Wochen eingenommen werden. Bei Personen, die sich die Medikamente rezeptfrei und ohne ärztliche Empfehlung aus der Apotheke besorgen, liegt die Einnahmedauer bei 14 Tagen – wer darüber hinaus Protonenpumpenhemmer einnehmen möchte, sollte dies nur nach ärztlicher Rücksprache tun.
Magensäureblocker sind rezeptfrei erhältlich – um diese Wirkstoffe geht es
In der Apotheke gibt es PPI-Medikamente, die frei verkäuflich sind, und welche, die verschreibungspflichtig sind.
Bei frei verkäuflichen Magensäureblockern handelt es sich um Präparate, die eine niedrige Dosierung und kleine Packungseinheiten aufweisen. Dazu zählt zum Beispiel der Wirkstoff Omeprazol, der in den Dosierungen 10 und 20 mg bei einer Packungsgröße von 14 Stück rezeptfrei ist – bei größeren Mengen und einer 40-mg-Dosis muss das Medikament ärztlich verschrieben werden. Dasselbe gilt für den Wirkstoff Pantoprazol. Weitere Wirkstoffe, die zu den Protonenpumpenhemmern zählen und dadurch das Demenzrisiko erhöhen können, sind Esomeprazol, Lansoprazol und Rabeprazol.
Quellen:
Northuis, C., Bell, E., Lutsey, P., George, K. M., Gottesman, R. F., Mosley, T. H., ... & Lakshminarayan, K. (2023). Cumulative Use of Proton Pump Inhibitors and Risk of Dementia: The Atherosclerosis Risk in Communities Study. Neurology.
ARIC Studie: kumulatives Demenzrisiko bei Gebrauch von Protonenpumpenhemmern, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie
Protonenpumpenhemmer, in: Internisten im Netz