Nervenschmerzen: So bestimmt die Polyneuropathie nicht Ihr Leben

Bei der Behandlung von Nervenschmerzen ist eine multimodale Therapie wichtig
Bei der Behandlung von Nervenschmerzen ist eine multimodale Therapie wichtig, das heißt es wird mit verschiedenen Medikamenten sowohl die gestörte Empfindlichkeit als auch der Schmerz selbst behandelt Foto: shutterstock

Von Nervenschmerzen – einer sogenannten Polyneuropathie – ist fast jeder zweite Zuckerkranke betroffen. Grund: Der hohe Blutzucker hat bereits die Nerven angegriffen. Wie Nervenschmerzen behandelt werden, erfahren Sie hier.

Rosi Telgmann hat Diabetes. Sie nahm die Krankheit aber nie besonders ernst. Bis das Kribbeln in ihren Beinen begann. Doch mit solchen Empfindungsstörungen hätte die 58-Jährige sogar leben können, wären nicht bald schon Schmerzen hinzugekommen. Sie ging zu ihrem Arzt. Die Diagnose: diabetische Polyneuropathie. Der zu hohe Blutzucker hatte die Nerven angegriffen.

Bei Nervenschmerzen sind mehrere Nerven betroffen

Als Neuropathien bezeichnen Mediziner Schmerzen oder Missempfindungen, die von geschädigten Nerven verursacht werden. Das ist vor allem typisch für Diabetiker. Und da bei ihnen oft mehrere verschiedene Nerven betroffen sind, spricht man von Polyneuropathien. Ungefähr jeder zweite Zuckerkranke ist davon betroffen. Die Erkrankung führt dazu, dass die Nerven Reize nicht mehr richtig weiterleiten können. Viele merken deshalb zum Beispiel nicht einmal, wenn sie sich am Fuß verletzen. Bei den meisten Betroffenen bleibt es bei Missempfindungen, doch bei etwa 13 Prozent aller Diabetiker entwickeln sich durch die Neuropathie Nervenschmerzen.

Nervenschmerzen
Durch Polyneuropathie treten besonders in den Beinen häufig Nervenschmerzen auf Foto: iStock/PeopleImages

Nervenschmerzen: Messerscharf und brennend

"Nervenschmerzen treten oft plötzlich und heftig auf. Sie sind meist kurz und Attackenartig, messerscharf und brennend", beschreibt Prof. Dr. Rolf-Detlef Treede die Symptome. Er ist Professor für Neurophysiologie am Centrum für Biomedizin und Medizintechnik in Mannheim.

Nervenschmerzen sind extrem vielfältig. Deshalb ist es für die Ärzte wichtig, die Krankengeschichte ihrer Patienten genau zu kennen. Denn neben Diabetes können auch bestimmte Medikamente, Alkoholmissbrauch oder einige Infektionen die Erkrankung auslösen. Und Durchblutungsstörungen haben häufig die gleichen Symptome wie Nervenschmerzen.

Bei einem Patienten mit Nervenschmerzen findet der Arzt keine Veränderungen des schmerzenden Körperteils. "Dieses ist im Gegenteil wegen der Nervenschädigung oft sogar gegen äußere schmerzhafte Reize unempfindlich", sagt Professor Treede. Bei der Untersuchung werden deshalb die Leitfähigkeit der Nerven- und die Muskelaktivität gemessen. Wenn nötig, wird sogar eine Gewebeprobe von Muskeln und Nerven genommen.

Nervenschmerzen: Mehrere Schmerzmittel zugleich

"Wichtig für die Behandlung von Nervenschmerzen ist eine multimodale Therapie", sagt der Experte. Dabei werden unter anderem mehrere Medikamente mit weiteren Behandlungen kombiniert. Behandelt werden sowohl die gestörte Empfindlichkeit als auch der Schmerz selbst. Die Betroffenen bekommen sogenannte Antikonvulsiva, die die Weiterleitung der Schmerzen unterbinden. Außerdem werden Antidepressiva und Schmerzmittel eingesetzt. Denn Patienten mit Nervenschmerzen leiden häufig unter Ängsten, Depressionen und Schlaflosigkeit.

Keine Patentrezepte

Wie bei vielen Patienten mussten die Ärzte auch bei Rosi Telgmann viel ausprobieren, bis sie die richtige Wirkstoff-Kombination fanden. Patentrezepte gegen die Nervenschmerzen gibt es nicht. So können zum Beispiel auch örtliche Betäubungsmittel direkt an den Nerv gespritzt werden. Für Rosi Telgmann war es vor allem wichtig, ihren Blutzucker besser einzustellen, damit die Krankheit nicht noch weiter fortschreitet. Seitdem das geschafft ist und sie ihre Schmerzmittel-Kombination gefunden hat, hat sie wieder Spaß am Leben. Die wenigen verbliebenen Schmerzen können ihr nichts mehr anhaben.

Nervenschmerzen
Diabetes sorgt nicht nur für einen unausgeglichenen Blutzuckerspiegel, sondern kann auch viele Folgeerkrankungen nach sich ziehen Foto: iStock/Noppawan Laisuan

Nervenschmerzen können viele verschiedene Ursachen haben

Die Schmerzauslöser

Nervenschmerzen entstehen, wenn das sogenannte periphere oder das zentrale Nervensystem, also Rückenmark und Gehirn, durch Verletzung oder Krankheit geschädigt wird. Die Patienten spüren den Schmerz oft nicht nur an den verletzten Nerven selbst, sondern an den mit ihnen verbundenen Körperteilen. Solche Schäden entstehen außer bei Diabetes oft auch nach einer Operation, einer Gürtelrose oder nach einem Bandscheibenvorfall. Schlaganfälle, Multiple Sklerose oder Querschnittslähmungen können Rückenmark und Gehirn schädigen. Vor diabetischen Nervenschäden kann der Wirkstoff Benfotiamin schützen. Es gibt ihn in Tablettenform in der Apotheke.

Hilfe ohne Medikamente

Akupunktur lindert Symptome

Ergänzend zur Schmerztherapie mit Medikamenten können auch alternative Medizin-Methoden wie Akupunktur helfen, Nervenschmerzen zu lindern.

Kontakt und Hilfe
Kontakt und Hilfe

Patienten-Initiative: Initiative Wege aus dem Schmerz www.wegeausdemschmerz.de

Therapeuten-Übersicht: Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie (DGS) Tel.: 0 61 71/ 28 60 0 www.dgschmerztherapie.de

Selbsthilfegruppen: Deutsche Schmerzliga Adenauerallee 18, 61440 Oberursel Tel.: 0 61 71 / 28 60 53

Schwachstrom überdeckt Schmerz

Die Transkutane Elektrische Nervenstimulation (TENS) wird bei Nervenschmerzen von den Kassen bezahlt. Elektroden leiten schwachen Strom durch die Haut. Der Strom überdeckt die Schmerzreize.

Physiotherapie hält beweglich

Wer ständig Nervenschmerzen hat, bewegt sich weniger und neigt zu Fehlhaltungen. Gezielte Physiotherapie hilft, diese Folge der Neuropathie zu vermeiden. Das erhöht die Lebensqualität der Patienten.

Entspannungsübungen schaffen Ausgleich

Auch die Psyche muss in die Behandlung von Nervenschmerzen mit einbezogen werden Meditations- und Entspannungsübungen helfen, den Lebensalltag besser zu gestalten.

JW Video Platzhalter
Zustimmen & weiterlesen
Um diese Story zu erzählen, hat unsere Redaktion ein Video ausgewählt, das an dieser Stelle den Artikel ergänzt.

Für das Abspielen des Videos nutzen wir den JW Player der Firma Longtail Ad Solutions, Inc.. Weitere Informationen zum JW Player findest Du in unserer Datenschutzerklärung.

Bevor wir das Video anzeigen, benötigen wir Deine Einwilligung. Die Einwilligung kannst Du jederzeit widerrufen, z.B. in unserem Datenschutzmanager.

Weitere Informationen dazu in unserer Datenschutzerklärung.