Meilenstein in der Medizin: Erstmals Medikament gegen Alzheimer zugelassen

Über 1,2 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Alzheimer. Bisher gilt die Krankheit als unheilbar. Doch Forschende haben im letzten Jahr ein Medikament entwickelt, das den geistigen Abbau maßgeblich verlangsamen soll. Die erste Arzneibehörde hat dieses Mittel nun zugelassen – trotz kritischer Stimmen.

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Erstmals ist ein Medikament gegen Alzheimer zugelassen worden – ist das der medizinische Durchbruch? Das Unternehmen „Biogen“ hat gemeinsam mit dem japanischen Pharmaunternehmen „Eisai“ ein Medikament entwickelt, das den geistigen Abbau bei Alzheimer in einem frühen Stadium entscheidend verlangsamen kann.

Gehirn-Scan im Detail
Mit einem neuen Medikament soll Alzheimer künftig verlangsamt werden können Foto: Istock/haydenbird

Alzheimer-Medikament verhindert geistigen Abbau

Laut Studienergebnissen bremst das Arzneimittel den Abbau der geistigen Fähigkeiten um rund 27 Prozent, wie die Unternehmen in einer Pressemitteilung erklären. Es ist das erste Mal, dass ein Arzneimittel nennenswert in die Mechanismen der Alzheimer-Erkrankung eingreift. In Testreihen mit 856 Alzheimer-Patient:innen sei die Wirkung überprüft worden. Lecanemab, so heißt das Medikament, das unter dem Namen Leqembi vertrieben wird, konnte dabei überzeugen: Die damit behandelten Personen hätten signifikant bessere Ergebnisse erzielt als eine Placebo-Gruppe.

Die Sicherheit der Behandlung müsse jedoch in längeren Studien weiter untersucht werden, forderte eine internationale Studie im November 2022. Eine Arzneimittelbehörde hat sich nun trotzdem für eine beschleunigte Zulassung entschieden – andere planen nachzuziehen.

Lecanemab erstmals zugelassen

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat als erste eine beschleunigte Zulassung für das Antikörper-Medikament vergeben, das das Fortschreiten von Alzheimer verlangsamen soll. Das bedeutet: Während umfangreichere Testreihen durchgeführt werden, dürfen Medikamente, für deren Behandlung es ein unerfülltes Bedürfnis gebe, eingesetzt werden – so nun auch Lecanemab.

Und in Deutschland? Hierzulange sind über 1,2 Millionen Menschen von der Alzheimer-Krankheit betroffen. Jedes Jahr erkranken rund 300.000 Menschen an einer Demenz. Leqembi könnte auch hier bald auf den Markt kommen – in Europa und in Japan ist ein Antrag auf Marktzulassung bis Ende März 2023 geplant.

Kritische Stimmen zur Zulassung

Während die einen von einem medizinischen Durchbruch sprechen, äußern sich andere kritisch zu der Zulassung von Lecanemab. Der Grund: Die Forschenden berichteten während ihrer Testphase von signifikanten Nebenwirkungen, wie Hirnschwellungen und Blutungen im Gehirn. Todesfälle seien als Behandlungsfolge jedoch nicht aufgetreten, heißt es von ihrer Seite.

Anderes berichtet das Fachmagazin Science Ende Dezember: Es sei möglicherweise zu drei Todesfällen im Zusammenhang mit der Therapie gekommen.

Alzheimer-Hoffnung Lecanemab: Wie wirkt das Medikament?

Grund für die Verlangsamung des geistigen Abbaus sind die im Medikament enthaltenen Antikörper – eine humanisierte Version des Maus-Antikörpers mAb158.

Das Medikament wird intravenös verabreicht und zeige bei milden Verläufen und früher Einnahme bereits nach sechs Monaten gute Erfolge, so heißt es.

Lecanemab richtet sich dabei gegen das sogenannte Amyloid-beta-Eiweiß-Molekül, welches sich im Gehirn der Alzheimer-Patient:innen in Form von sogenannten Plaques ablagert. Das neu entwickelte Alzheimer-Medikament soll für eine deutliche Reduzierung der Ablagerungen im Gehirn sorgen.

Frank Jessen, Forscher am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), zeigt sich äußerst positiv angesichts der Studien-Ergebnisse. „Das ist eine ordentliche Studie, in der die klinische Wirksamkeit sorgfältig geprüft wurde“, erklärte er gegenüber der DPA. So einen Effekt habe man in klinischen Studien mit anderen Antikörpern noch nie gesehen.

Ist Alzheimer damit bald vollständig heilbar?

Zwar sei das Medikament ein echter Durchbruch und ein erster Schritt in die richtige Richtung, dennoch sei man von einer Heilung von Alzheimer noch weit entfernt. „Die Krankheit wird auch weiter voranschreiten, nur langsamer, was aber für die Patienten und Angehörigen von großer Bedeutung sein kann“, sagt Frank Jessen, der an der Studie beteiligt war. Wie lange der positive Effekt des Medikaments anhält, müsse nun weiter beobachtet werden.

Quellen:

Die Alzheimer-Krankheit, in: alzheimer-forschung.de

Studie: Medikament Lecanemab verlangsamt kognitiven Verfall bei Alzheimer-Demenz, in: heise.de