Medizinischer Standard nicht mehr haltbar! Experten warnen vor Blutknappheit

Transfusionsmediziner:innen schlagen Alarm: Schon bald könnte in Deutschland ein „eklatanter Mangel“ an Blutreserven herrschen. Die Einhaltung der medizinischen Standards sei gefährdet.

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Ob nach einem Unfall oder während einer Operation: Viele Patient:innen brauchen Blutkonserven. Doch die Spenden nehmen ab – und das nicht wegen Corona oder Urlaubszeit. Warum eine Blutknappheit droht und was die Expert:innen fordern.

Blutknappheit: Medizinische Standards nicht haltbar

Laut einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland sind Expert:innen höchst alarmiert: Weil immer weniger Blut gespendet wird, sei die Versorgung mit Blutprodukten in Deutschland mittelfristig gefährdet. „Es droht ein eklatanter Mangel in den Blutbanken“, erklärte Hermann Eichler, Direktor des Instituts für Klinische Hämostaseologie und Transfusionsmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes. 

Er warnt vor einem dramatischen Engpass: „Die Blutversorgungslage ist prekär.“ Und das sei nicht nur in der Urlaubszeit und nicht nur wegen Corona der Fall, sondern grundsätzlich. Wenn man nicht gegensteuere, könnte es sein, dass künftig medizinische Standards nicht mehr zu halten seien, denn man hätte dann einfach kein Blut mehr.

Demografischer Wandel Grund für Blut-Engpass

Die Ursache für diese drastische Verknappung liegt im demografischen Wandel: Die zahlenmäßig besonders starke Generation der Babyboomer – Menschen, die zwischen Mitte der 50er und Mitte der 60er Jahre geboren worden sind – kommt jetzt ins Rentenalter und kann kein Blut mehr spenden.

Laut dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) sollte das Alter der Blutspendenden zwischen 18 und 72 liegen, sofern der gesundheitliche Zustand es zulässt. Die Boomer-Generation fällt zunehmend aus diesem Kreis – und die Jüngeren sind nicht nur weniger, sie zeigen auch keine so große Spendenbereitschaft.

Jüngere Menschen spenden weniger Blut

Der Experte aus dem Saarland zitierte eine Untersuchung aus dem Bundesland, die auch bundesweit Aussagekraft habe. Demnach sei ein Viertel der Spender:innen – knapp ein Prozent der spendenfähigen Bevölkerung – für fast die Hälfte des insgesamt gespendeten Bluts verantwortlich. „Und dieses eine Prozent der spendenfähigen Bevölkerung zwischen 18 und 65 Jahren ist im höheren Lebensalter, zwischen 45 und 65 Jahren. Und droht jetzt aufgrund der Demografie nach und nach rauszufallen“, so Eichler.

Blutknappheit: Nötig sind 15.000 Spenden pro Tag

Dabei brauchen deutsche Kliniken täglich 15.000 Blutspenden, um den Bedarf zu decken. Das Blut wird nach Unfällen, bei Operationen, auf den Intensivstationen und in der Krebstherapie benötigt. Durch Corona habe der Bedarf um rund 30 Prozent abgenommen, da planbare Operationen verschoben worden seien, erklärte Professor Eichler. Diese Eingriffe würden nun nachgeholt, die Zahl Blutspenden sei aber gesunken, da die Menschen im Sommer auf Reisen seien.

Zwar habe es auch früher saisonale Schwankungen gegeben. „Aber dass wir diese demografische Überlagerung haben, dass man das mit Aufrufen einfach nicht mehr hinkriegt, das ist neu“, so Eichler. Ein Gegensteuern sei mit kurzfristigen Maßnahmen nicht mehr möglich. Man müsse dafür sorgen, dass der Anteil der Menschen, die regelmäßig spenden, steige – und nicht nur 100 Leute nach einem Spendenaufruf kämen, die dann danach wieder weg seien. Gelingt das nicht, droht eine dramatische Blutknappheit mit fatalen Folgen für die Patient:innen.