Machen Schlafmittel abhängig?
Mehr als 1,2 Millionen Menschen sind in Deutschland von verschreibungspflichtigen Schlafmitteln abhängig. Das geht aus einem Bericht der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände hervor. Die Studie zeigt außerdem, dass besonders alte Menschen vor einer Medikamentensucht bewahrt werden könnten, wenn Ärzte und Apotheker besser aufklären würden.
In Deutschland sind mehr als 1,2 Millionen Menschen von benzodiazepinhaltigen Beruhigungs- und Schlafmitteln abhängig. Die verschreibungspflichtigen Schlafmittel führen bereits nach sechs bis acht Wochen zu einer Medikamentensucht und gelten weltweit als die Arzneimittel mit der höchsten Missbrauchsrate. Der kürzlich zu diesem Thema veröffentlichte Sachbericht der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) zeigte darüber hinaus, dass besonders alte Menschen von Ärzten und Apothekern nicht ausreichend über das enorme Suchtpotential der Schlafmittel aufgeklärt würden.
Eine Großzahl der Medikamentensüchte hätte demnach durch einfache Aufklärung verhindert werden können – nach Darstellung des ABDA wüssten die Betroffenen oft nicht um die große Suchtgefahr. Besonders betroffen von dem Missbrauch der beruhigenden Medikamente sind Menschen über 65 Jahren.
Schlafmittel-Entzug als Pilotprojekt
In einem Pilotprojekt der ABDA wurden nun unter ärztlicher Aufsicht Schlafmittel-Süchtige über Risiken und Nebenwirkungen des eigenen Medikamente-Konsums systematisch und ausführlich aufgeklärt. Gleichzeitig wurden in einem ambulanten Entzug die Schlafmittel herabgesetzt und abgesetzt.
Die Ergebnisse des Versuchs überraschten die Versuchsleiter: Bei nur rund 5 Prozent der Probanden traten überhaupt schwere Entzugserscheinungen auf. 46 Prozent der Patienten hätten nach Ablauf des Projekts auf die Schlafmittel verzichten können, bei 28 Prozent konnten die Abhängigen zumindest auf eine niedrigere Dosis eingestellt werden.
Schlafmittel: Kein Suchtbewusstsein bei den Betroffenen
Viele der Schlafmittel-Abhängigen haben kein Suchtbewusstsein. Nach Aussagen Andreas Kiefers – Präsident der Bundesapothekerkammer – wären die meisten Betroffenen in der Lage, mithilfe eines ambulanten Entzugs und einer einhergehenden intensiven Betreuung den Absprung aus der Medikamentensucht zu schaffen. Wichtig sei dafür nicht nur die Bereitschaft der Abhängigen, sondern auch die Kooperation der behandelnden Ärzte. Nach Aussagen der ABDA hatte sich während der Studie herausgestellt, dass die meisten Probanden zuvor noch nie versucht hatten, die gefährlichen Schlafmittel abzusetzen. Ebenso fehle vielen Ärzten eine entsprechende Sensibilisierung, ihre Patienten ausreichend aufzuklären.