Kryotherapie: Fett wegfrieren leicht gemacht?

Kryotherapie wird längst nicht mehr nur lokal gegen Warzen eingesetzt: Eine ganzkörperliche Kältebehandlung hilft wissenschaftlich erwiesen gegen chronische Schmerzen, bei der Regeneration der Muskeln und beim Kampf gegen überschüssige Pfunde. Wir haben mit dem Kryotherapie-Experten Robin Mayler von VITALuxe über Vorteile, Risiken und Kosten der Kältekammer gesprochen.

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Auch bei der Muskelregeneration kann Kälte helfen Foto: iStock/jacoblund

Was ist Kryotherapie?

Die lokalste Form der Kryotherapie kennt jeder: Nach einer Verletzung wird die schmerzende Stelle mit einem Eisbeutel oder einer Kältekompresse gekühlt. Nichts anderes bedeutet "kryo", das griechische Wort für "kalt": Es findet eine medizinische Behandlung mittels Kälte statt.  

Unterschieden wird in zwei Formen der Kältetherapie:

  • Lokale Kryotherapie: Beispielsweise das gezielte Abkühlen von verletzten Gelenken und Muskeln oder auch das Vereisen von Warzen
  • Ganzkörper-Kryotherapie: Ganzheitliche Behandlung eines Patienten in der Kältekammer

Was passiert beim Gang in die Kältekammer?

Kryotherapie-Experte Robin Mayler von VITALuxe vergleicht die Kältekammer gerne mit einem Gerät, das sich in jeder Küche findet: "Man steht in Badesachen bekleidet zwischen drei bis fünf Minuten in einem großen Kühlschrank, der auf über -85°C herunter kühlt. Während dieser Zeit kühlt die Hautoberflächentemperatur von etwa 33°C auf mindestens 15°C, bestenfalls sogar auf unter 10°C herunter."

Um einen idealen Kühleffekt zu erzielen, sollte man in der Kühlkammer lediglich Badesachen tragen. Mütze, Handschuhe, Schlappen und Mundschutz sorgen für den nötigen Schutz der Extremitäten; der Rest der Haut bleibt frei zum Frieren.

"Das tut nicht weh", betont der Experte und hat Recht: Im Gegensatz zur natürlichen Winterkälte, die einem oft eine stechend-schmerzende Gänsehaut über den Körper jagt, herrscht in der Kammer eine trockene Kälte, die dem Körper zwar signalisiert, dass es kalt ist, die aber in keiner Weise beißt.

Bei jedem Gang in die Kältekammer darf sich der Kunde seine Lieblingsmusik wünschen, die er während des Frierens hört.

Wichtig zu wissen

Die Kältekammer wird unter keinen Umständen von außen oder innen verriegelt. Das heißt, dass der Kunde zu absolut jeder Zeit einfach die Tür öffnen und die Kältekammer verlassen kann.

Wo Kälte helfen kann

Robin Mayler und sein Team unterscheiden vier Hauptbereiche, auf die Kryotherapie angewendet wird:

Schmerztherapie

"Ursprünglich wurde die Kältetherapie als Schmerztherapie für Rheumatiker in den späten 80ern entwickelt", so Mayler. "Seitdem ist die Therapie in vielen Krankenhäusern mit Fokus auf Rheumatologie und Schmerztherapie zu finden."

"In der Zwischenzeit wurde festgestellt, dass sich die positive Wirkung nicht nur auf Rheumatiker beschränkt, sondern auch Fibromyalgie, Multiple Sklerose, Arthrose, Arthritis oder gar Kopfschmerzen, Migräne, Schwellungen, Entzündungen, Verletzungen, chronische Hautprobleme und -krankheiten dadurch gelindert werden können. Viele Kunden können die Einnahme von Medikamenten wie Cortison, Schmerztabletten und anderen starken Mitteln reduzieren oder sogar komplett absetzen."

Sport und Fitness

"Im Bereich Sport und Fitness gab es vor allem Studien, die die Wirkung der Kälte auf Leistungssportler untersucht haben. Sportler können durch die Kälte nicht nur schneller regenerieren, sondern haben weniger Muskelkater und können auch noch die letzten Prozent Leistung aus sich herauskitzeln."

Stresssymptome

"Gegen Stresssymptome wie Depression, Tinnitus und Burnout hilft die Kältetherapie langfristig auch. Dies kommt unter anderem davon, weil bei der Kältetherapie Glückshormone ausgeschüttet werden und der komplette Körper durchblutet wird."

Beauty und Gewichtsreduktion

"Sinkt die Hautoberflächentemperatur von 33°C auf bis zu 10°C,  muss der Körper schwer arbeiten, um die Temperatur schnellstmöglich wieder auszugleichen. Einerseits wird der gesamte Körper ganz stark durchblutet, andererseits fängt er an zu zittern, um so Wärme zu produzieren."

"Zittern ist nichts anderes als eine schnelle Kontraktion der Muskeln – und ähnlich wie beim Hanteltraining verbraucht es Energie, was wiederum Wärme erzeugt und Kalorien verbrennt. Hautstraffung: Kleine Fältchen, aber auch Cellulite, können durch die Kälte ebenfalls reduziert werden. Pickel, Rötungen, Schuppenflechte, Neurodermitis etc. – bei all diesen Sachen kann die Kältetherapie helfen."

Wie viele Kalorien werden in der Kältekammer verbrannt?

Wie viel Fett man pro Kältekammer-Gang verliert, hängt von den individuellen Gegebenheiten des Kunden ab. "Man kann leider nicht sagen, dass jeder einzelne Kunde pro Minute 150 kcal abnimmt, da das Thema viel komplexer ist", sagt Robin Mayler. "Es ist aber sicher, dass der Körper relativ viele Kalorien verbrennt."

Auch ohne genaue Zahlen lässt sich schätzen, dass durch das regelmäßige Besuchen der Kältekammer täglich zwischen 400 bis 900 kcal mehr verbrannt werden.

"Wir haben viele Kunden, die mehrere Kilogramm Körperfett in nur wenigen Wochen verloren haben", berichtet der Kryotherapie-Experte aus seinem Arbeitsalltag. "Ich stelle da gerne einen Kunden heraus, der mit einem guten Körperbau bei einem Alter von Mitte 50 zu uns gekommen ist und ganz unerwartet vier Kilo im ersten Monat abgenommen hat. Inzwischen, nach fast 15 Monaten, liegt er dauerhaft bei 12 Kilo weniger. Er war wie gesagt nicht dick und kam eigentlich aus einem anderen Grund zu uns. Diesen positiven Nebeneffekt nimmt er aber natürlich sehr gerne mit."

Kryotherapie und Sport: Ein Dream-Team

Hand in Hand mit der Frage, wie viel man in der Kältekammer abnehmen kann, geht die Tatsache, dass Kryotherapie allein nicht schlank macht.

"Leider geht man nicht dick in die Kammer rein und kommt schlank wieder raus. Der Kunde sollte schon eine gewisse Geduld mit sich bringen, weil die Kältekammer vor allem unterstützend wirkt", betont auch unser Experte.

Wer Kryotherapie also zum Abnehmen nutzen will, sollte zeitgleich auf eine gesunde Ernährung und ausreichend Sport setzen.

Wer darf in die Kältekammer?

Wie jede medizinische Behandlung sollte Kryotherapie nicht ohne Rücksprache mit einem Fachmann begonnen werden. Robin Mayler und sein Team führen mit jedem Neugierigen vorab ein ausführliches Gespräch, um abzuklären, ob Kältetherapie infrage kommt oder nicht.

"Eigentlich darf fast jeder die Kältetherapie nutzen", sagt der Unternehmer aus Nordrheinwestfalen. "Die Faustformel ist: Wer in die Sauna gehen kann, kann auch in die Kältekammer. Allgemein ist die Kältetherapie sehr gut bekömmlich und kann jederzeit abgebrochen werden."

Kryotherapie in der Kältekammer kann täglich angewendet werden und bei den unterschiedlichsten Erkrankungen helfen:

  • Chronisch entzündliche Gelenkserkrankungen
  • Chronisch entzündliche Wirbelsäulenerkrankungen
  • Rheumabeschwerden
  • Degenerative Gelenkserkrankungen (Arthrosen)
  • Psoriasis (Schuppenflechte) und Neurodermitis
  • Wirbelsäulensyndrome
  • Weichteilrheumatische Erkrankungen, zum Beispiel Fibromyalgie
  • Kollagenosen (Bindegewebserkrankungen)
  • Akute Schmerzen, zum Beispiel durch Sportverletzungen oder Operationen
  • Asthma bronchiale (ausgenommen kälteinduziertes Asthma)
  • Gestörte Regulation des Muskeltonus (Spastik)
  • Restless Legs
  • Migräne
  • psychische Beschwerden wie leichte Depressionen

Robin Mayler war selbst im Alter von sechs Jahren zum ersten Mal in einer Kältekammer. "Bei Kindern rate ich, dass die Eltern mitgehen. Meistens finden es Kinder in der Kältekammer sehr spannend. Sie sollten aber vor allem bei den ersten Malen die Zeit auf eine bis zwei Minuten verringern. Bei Älteren ist es ähnlich. Für Menschen mit Behinderungen haben wir beispielsweise einen behindertengerechten Stuhl, den wir in die Kammer hereinstellen können."

Wie steht es mit Frauen, die schwanger sind? Hier gibt es Einschränkungen: "Ab dem vierten Monat raten wir von einer Kältetherapie ab – man sollte die Stresssituation dann doch lieber vermeiden", so Mayler. "Nach der Schwangerschaft hilft Kryotherapie dann aber natürlich bei der Gewichtsreduktion, bei der Rückbildung von Narben und bei der Straffung der Haut."

Menschen, die sich von einem Herzinfarkt erholen, an einer Kälteallergien oder dem primären Raynaud-Syndrom, also der Blaufinger-Krankheit, leiden, sollten von Kryotherapie absehen. Weitere Kontraindikationen sind:

  • Epilepsie/Schlaganfall/Hirnblutung
  • Venenthrombose/Lungenembolie
  • Akuter Infekt (Atemwege, Harntrakt)
  • Klaustrophobie (Platzangst), Panikattacken
  • Diabetes mellitus (wenn Neigung zu Unterzucker)
  • Unbehandelter Bluthochdruck
  • Arterielle Durchblutungsstörungen
  • Koronare Herzkrankheit (KHK)
  • Herzschrittmacher
  • Schwere Formen von Herz-Rhytmus-Störungen

"Bei einer Krebsbehandlung hingegen kann die Kältetherapie unterstützend wirken, weil Entzündungsprozesse dadurch schneller abgebaut werden können", erklärt Mayler. "Allerdings muss der Patient dafür bei Kräften sein."

Wo sind Kältekammern zu finden?

In Deutschland finden sich Kältekammern überwiegend in Kur- und Reha-Zentren, doch auch immer mehr Wellness- und Gesundheitshotels springen auf den Trend auf. Online kann man beispielsweise über 'kryotherapie-direkt.com' nach Kältekammern in seiner Nähe suchen.

Die Kosten für Kryotherapie in der Kältekammer schwanken stark. Zur Orientierung erklärt Robin Mayler das VITALuxe-System: "Wir arbeiten bei VITALuxe vor allem mit Flatrates. Die Flatrate beginnt bei 20€ pro Woche. Damit kann der Kunde die Kältekammer täglich, nach Wunsch auch mehrmals, ohne weitere Aufpreise nutzen."

Unser Experte

Robin Mayler, Geschäftsführer VITALuxe Dortmund, erkrankte mit nur einem Jahr an schwerem Gelenkrheuma. Im Alter von sechs Jahren besuchte er zum ersten Mal eine Kältekammer.