Krankhafte Eifersucht – Was übersteigt das normale Maß?

Aus der Serie: Eifersucht – das macht diese Emotion so besonders

Ein gewisses Maß an Eifersucht ist laut Umfragen zumindest mehr als 80 Prozent der westlichen Bevölkerung bekannt. Handelt es sich um krankhafte Eifersucht, steht neben dem hohen Leidensdruck der Betroffenen häufig auch die Gefährdung der Partner – etwa durch Gewalttaten.

Versuchen Ärzte und Psychologen eine krankhafte Eifersucht zu diagnostizieren, unterscheiden sie dabei drei Ausprägungen: die normale, die nicht-wahnhafte pathologische (oder auch zwanghafte) und die wahnhafte pathologische Eifersucht. Doch ab wann ist Eifersucht nicht mehr normal und woran erkennt man, mit welcher Form man es zu tun hat?

Krankhafte Eifersucht in der zwanghaften Variante unterscheidet sich von der normalen Form beispielsweise in der Häufigkeit von Kontrollanrufen
Krankhafte Eifersucht in der zwanghaften Variante unterscheidet sich von der normalen Form beispielsweise in der Häufigkeit von Kontrollanrufen Foto: iStock

Krankhafte Eifersucht - Was ist noch normal?

Die Frage wann es sich noch um normale und ab wann um krankhafte Eifersucht handelt, hängt wie bei vielen psychischen Störungsbildern davon ab, was in der jeweiligen Gesellschaft oder Kultur als Norm angesehen wird. In westlichen Gemeinschaften lässt sich sagen, dass die normale Eifersucht meistens realitätsbasiert ist.  Je nach Partner, Ereignis oder Rivale fällt das Gefühl unterschiedlich stark aus. Ist die verursachende Situation vorbei oder gut durch den Partner entkräftet, flaut das unschöne Gefühl recht schnell und ganz von selbst wieder ab. Wichtig ist vor allem, dass weder die Partner noch die Beziehung unter diesem Gefühl leiden. Denn sobald Leidensdruck besteht, sollte immer etwas geändert werden.
Lesen sie hier einen Artikel zu dem Thema: Was tun gegen Eifersucht in der Partnerschaft?

Krankhafte Eifersucht – Nicht-wahnhafte pathologische oder auch zwanghafte Form

Um festzustellen ob eine krankhafte Eifersucht vorliegt, wird wie bei dem Großteil psychischer Erkrankungen erfragt, ob gewisse Grundvoraussetzungen erfüllt sind: Leidet der Betroffene erheblich unter seiner Eifersucht? Und/oder wird er durch diese stark in seinen sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen beeinträchtigt? Trifft einer oder beide Punkte zu, besteht Behandlungsbedarf. Ob die Diagnose der nicht-pathologischen Eifersucht gestellt wird, hängt dann von weiteren Kriterien ab.

Die krankhafte Eifersucht ist in der aktuellen Auflage des Diagnose-Klassifikationssystems (DSM 5) der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft erstmals auch in der nicht-wahnhaften pathologischen Variante aufgeführt. Eingeordnet wird sie dort als zwanghafte Eifersucht bei den sogenannten Zwangsspektrumsstörungen.
Leiden Betroffene an diesem Krankheitsbild drängen sich ihnen die eifersuchtsbezogenen Gedanken auf (ähnlich wie Zwangsgedanken).
Obwohl keine ausreichenden Beweise Vorliegen, beschäftigen sie sich übermäßig viel mit der sexuellen oder emotionalen Untreue des Partners –  wobei es nicht unbedingt um derzeitige Ereignisse gehen muss. Auch zukünftige oder in der Vergangenheit liegende potenzielle Seitensprünge (auch von Expartnern) können Gegenstand der sich aufdrängenden Gedanken sein. Der Eifersüchtige ist sich bewusst, dass diese irrational und übertrieben sind, kann aber einfach nicht anders.
Im Vergleich zu normaler Eifersucht ist also der betriebene Zeitaufwand aber auch die Schwierigkeit von dem Thema loszukommen, extremer. Als Folge wird die Partnerschaft stark beeinträchtigt und die Freiheit des Partners enorm eingeschränkt. Außerdem ist das Kontroll- und Rückversicherungsverhalten (etwa ständige Anrufe) der Betroffenen sehr ausgeprägt. Wie die oben aufgeführten Grundvoraussetzungen vermuten lassen, wirkt sich diese zwanghafte Beschäftigung oftmals auch negativ auf andere Bereiche außerhalb der Beziehung aus, wie etwa auf die Arbeit.

Wenn die krankhafte Eifersucht wahnhaft wird, kann das ein Zeichen für Störungen des Gehirns wie Alzheimer sein
Wenn die krankhafte Eifersucht wahnhaft wird, kann das ein Zeichen für Störungen des Gehirns wie Alzheimer sein Foto: iStock

Krankhafte Eifersucht – Die wahnhafte Ausprägung

Krankhafte Eifersucht kann in ihrer stärksten Form auch wahnhafte Ausmaße annehmen. Bei einem Wahn handelt es sich um eine offensichtlich falsche Überzeugung, von der die Betroffenen sich nicht abbringen lassen. Im Falle des Eifersuchtswahns ist also der oder die Eifersüchtige fälschlicherweise aber felsenfest von der Untreue des Partners überzeugt. Die Betroffenen fallen meist durch das Anbringen der absurdesten Beweise auf. Ein Bespiel dafür ist etwa ein Mitte 70-Jähriger, der davon überzeugt ist, seine gleichaltrige Frau betrüge ihn mit der gesamten Nachbarschaft, weil sie beim Einkaufen nun immer so lange brauche. Das Entscheidende dabei ist, dass sich Betroffene des Eifersuchtwahns nicht in ihren Annahmen beeinflussen lassen. Eventuelle Skepsis Anderer oder Gegenargumente, werden abgetan, schlichtweg ignoriert oder als parteiisch für den Fremdgehenden angesehen.

Wenn diese Wahn-Ideen ohne andere Symptome auftreten, sprechen Ärzte und Psychologen von einer isolierten Wahnstörung. Allerdings kann ein Eifersuchtswahn auch in anderen Kontexten auftreten:

  • Als ein Anfangssymptom oder als neues Symptom einer Schizophrenie
  • Als Teil einer affektiven Störungen mit psychotischen Merkmalen

Häufig entstehen solche Wahn-Ideen auch in Folge von Störungen des Gehirns:

  • Durch dementielle Erkrankungen wie Alzheimer (gerade für Demenz können solche Eifersuchts-Ideen ein Frühsymptom sein)
  • Durch Alkoholmissbrauch oder -rausch: Plötzlich eintretend bei einer sogenannten Alkoholhalluzinose oder Alkoholdelirium oder schleichend beginnend bei chronischer Alkoholabhängigkeit
  • Durch anderen Drogenmissbrauch oder-rausch

Treten die Eifersuchts-Ideen plötzlich auf, können sie meist durch die Behandlung des Drogenproblems behoben werden. Beginnen die Symptome allerdings schleichend, ist die Prognose häufig schlechter. In der medizinischen Forschung besteht bislang Uneinigkeit darüber, wie gut oder ob diese wahnhafte Form der Eifersucht überhaupt immer heilbar ist. Lesen Sie hier mehr zur dazu, wie man diese Eifersucht bekämpfen kann.

Wie häufig ist krankhafte Eifersucht?

Krankhafte Eifersucht ist weitaus seltener als die normale Form. Es gibt kaum Forschung dazu, wie häufig die pathologische Form in der Allgemeinbevölkerung zu finden ist. Allerdings legen einige Studien nahe, dass es sich dabei um kein seltenes Phänomen handelt, das häufiger bei älteren Menschen (Seniorenalter) vorkommt. Auch gehen Spezialisten davon aus, dass es einen eher fließenden Übergang zwischen normaler und pathologischer Eifersucht gibt. Wie die pathologischen Eifersuchts-Gedanken erlebt werden, kann dabei folgendermaßen eingeordnet werden:

  • Ichdyston = als ich-fremd erlebt: Gedanken werden als unsinnig und irrational erkannt und können sogar zum Teil schambesetzt sein. Betroffene haben das Gefühl, dass diese sich gegen den Willen aufdrängen und empfinden Widerstand– ähnlich wie Zwangsgedanken
    Äußern sich die Eifersuchtsgedanken in dieser Form, ist der Patient wahrscheinlich von der zwanghaften Form betroffen
  • Ichsynton = als zur Person gehörend erlebt: Dieses Gedankenerleben lassen sich nochmals dahingehend unterteilen, ob es die es nur die meiste Zeit oder durchgehend auftritt
    Bei Personen, die sich noch manchmal und mit viel Mühe innerlich von diesen Eifersuchts-Gedanken entfernen können und noch leichten Widerstand gegen diese empfinden, könnte ebenfalls die zwanghafte Variante der Erkrankung vorliegen. Sind noch weitere Kriterien erfüllt, kann dieses Gedankenerleben aber auch ein Zeichen für eine paranoide Persönlichkeitsstörung sein.
    Betroffene hingegen, die garkeinen Widerstand gegen ihre Gedanken empfinden und diese als wahr ansehen, leiden höchstwahrscheinlich an dem wahnhaften Krankheitsbild.

Krankhafte Eifersucht – Das macht sie so gefährlich

Was die krankhafte Eifersucht so gefährlich macht, sind die anderen Emotionen die sie hervorruft. Unisicherheit, Trauer, Verzweiflung oder Frustration können in Wut umschlagen. Diese Emotionen können selbst bei psychisch gesunden Menschen zu unüberlegten Handlungen führen.
Bei einer Statista-Studie von 2016 gaben fünf Prozent der Männer und 3,8 Prozent der Frauen an, auf Grund ihrer Eifersuchts-Gefühle gewalttätig geworden zu sein. Betrachtet man nur die pathologisch Eifersüchtigen, kommen ältere Studien zu dem Ergebnis, dass etwa 50 Prozent Gewalt anwendeten. Bei 14 Prozent kam es sogar zu Tötungsversuchen. Meist sind die der Untreue beschuldigten Partner Opfer der Übergriffe.
Besteht die Befürchtung des behandelnden Arztes oder Psychotherapeuten, dass der Betroffene eine Gefahr darstellt, kann als Krisenintervention zum Schutz der Partner und Kinder eine geografische Trennung oder sogar eine stationäre Aufnahme angeordnet werden– gegebenenfalls auch gegen den Willen des Betroffenen (Zwangseinweisung).

Krankhafte Eifersucht führt häufig zu Gewalt gegen den Partner
Krankhafte Eifersucht führt häufig zu Gewalt gegen den Partner Foto: iStock

Wie entsteht krankhafte Eifersucht?

Wie genau die krankhafte Eifersucht entsteht, ist bislang noch nicht ausreichend erforscht. Einige Faktoren sind gehäuft bei Betroffenen zu finden. Welche die Erkrankung aber wie stark begünstigen ist nicht belegt.

Bei der zwanghaften Variante spielen wohl ein niedriger Selbstwert und insbesondere sexuelle Minderwertigkeitsgefühle eine Rolle. Auch die Neigung zur Trennungsangst sowie bestimmte akzentuierte Persönlichkeitsstile (narzisstische Anteile), sind anscheinend häufig eine Grundlage für die Entstehung.
Kommen selbstwertbedrohliche Ereignisse wie etwa der Verlust des Arbeitsplatzes hinzu, können diese zusätzlich die Übersteigerung der Eifersucht fördern.
Die Verhaltensweisen die durch die krankhafte Eifersucht entstehen, nehmen dann weiter Einfluss auf die Festigung der Untreue-bezogenen Gedanken.
Beginnt der Eifersüchtige beispielsweise damit, seinen Partner extrem zu kontrollieren führt das bei diesem meist zu Gereiztheit und Rückzug. Solch ein Verhalten kann dann vom Betroffenen als Desinteresse an ihm und so auch als Beweis einer Affäre gewertet werden.
Auch nehmen Erkrankte häufig (unbewusst) wahr, dass eine direkte Verbindung besteht, zwischen ihrem Rückversicherungsverhalten und dem Nachlassen eifersuchtsbezogener Emotionen (wie Trauer, Hass oder Erniedrigung) sowie unangenehmen, körperlichen Reaktionen (vegetative Symptome wie Herzrasen). Durch die Lernerfahrung wird dieses Verhalten also mit einer Belohnung verknüpft, wodurch es immer häufiger ausgeführt wird. So können aus einem täglichen schnell stündliche Kontrollanrufe werden.
Die Beispiele verdeutlichen wie die krankhafte Eifersucht verschiedene Reaktionen hervorruft, die diese Emotion wiederum steigern und das Eifersuchtsverhalten bestärken und festigen. Ein Teufelskreis entsteht, aus dem die Betroffenen nicht mehr alleine aussteigen können.

Bei alkohol-bedingtem Eifersuchtswahn spielen wohl ähnliche Grundlagen wie bei der zwanghaften Form eine Rolle. Bei der wahnhaften Variante liegen allerdings auch häufig hirnorganische Beeinträchtigungen vor. Gerade Schädigungen im Frontalhirn sind eine der häufigsten neurologische Begünstigungsfaktoren für das Syndrom. Generell erhöhen neurologische Erkrankungen das Risiko für diesen Wahn. Deshalb sollte bei der Diagnose überprüft werden, ob eine solche vorliegt.

Krankhafte Eifersucht nach Affäre des Partners – Ein SpezialfallUnter gewissen Umständen kann normale Eifersucht wie krankhafte Eifersucht wirken.

Diesen besonderen Fall stellen Situationen dar, in denen der Partner bereits fremdgegangen ist und eine übersteigerte Eifersucht als Reaktion darauf einsetzt. Hier kann es zu ähnlich extremen Handlungen und Gedanken kommen wie bei der pathologischen Form. Sehr häufig sind anklammerndes Verhalten, Wut, zwanghafte Befragungen zu Details und ein verstärktes Suchen nach Anzeichen eines möglichen erneuten Seitensprungs. Da diese Reaktionen aber auf realen Fakten basieren, werden sie nicht als pathologisch eingestuft. Leiden die Beziehung oder die Partner dauerhaft unter den Umständen, sollte aber auch hier Hilfe – etwa in Form einer Paartherapie gesucht werden.