Krankenstand in Deutschland so hoch wie nie: Woran liegt das?

Ungewöhnlich viele Menschen sind derzeit krank. Doch sie leiden nicht (nur) an Corona. Warum der Krankenstand in Deutschland aktuell so hoch ist wie noch nie.

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Die Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) belegen, was Haus- und Kinderärzte beobachten: Aktuell ist der Krankenstand bei bestimmten Erkrankungen extrem hoch – sogar höher als vor der Pandemie. Erwachsene und Kinder sind dabei unterschiedlich hart betroffen.

Höchster Krankenstand bei Atemwegserkrankungen

In der Woche vom 27. Juni bis zum 3. Juli 2022 haben 4,5 Millionen Menschen in Deutschland an einer akuten respiratorischen Erkrankung (ARE) gelitten: So nennen Fachleute eine Atemwegserkrankung, die mit Fieber, Husten oder Halsschmerzen daherkommt. Durchschnittlich ist also einer von 18,5 Deutschen derzeit erkrankt. Als Folge des hohen Krankheitsstands haben sich auch die Arztbesuche erhöht: 1,2 Millionen innerhalb einer Woche, wie das RKI bekannt gibt. Erwachsene gehen derzeit dreimal häufiger zum Arzt als noch im Juli der Jahre vor der Corona-Pandemie – vermutlich auch deshalb, weil sie im Zuge der Pandemie sensibilisierter für Krankheitssymptome sind.

Eigentlich flaut die Zahl der Fälle von Erkältung und Influenza ab Mai in der Regel ab. Nun liegen die Werte laut RKI jedoch höher als in den Vorjahren: „Diese Werte liegen deutlich über den Werten im Sommer vorpandemischer Jahre, und deuten auf ein stärkeres Infektionsgeschehen durch akute Atemwegsinfektionen hin", teilt das RKI mit.

Atemwegserkrankungen: Unterschiede bei Erwachsenen und Kindern

Stichproben haben ergeben, dass bei Erwachsenen vor allem das Coronavirus für die Infektion verantwortlich ist. Derzeit grassiert die extrem ansteckende Omikron-Variante BA.5, die für stark steigende Inzidenzen und eine Sommerwelle sorgt.

Kinder sind aktuell jedoch eher von Influenza-, Parainfluenza- und Rhinoviren mit den entsprechenden Symptomen in den Atemwegen betroffen. Zu den Gründen für die auffällig hohe Zahl der Erkrankungen machte das RKI keine Angaben.

Hoher Krankenstand bei Kindern wegen Lockdown?

Expert:innen nehmen an, dass die vielen Influenzafälle bei Kindern mit den Corona-Schutzmaßnahmen zusammenhängen. So erklärte der Kinderarzt Burkhard Rodeck gegenüber dem „Spiegel“: „Wir müssen bedenken, dass natürlich auch Kinder in den Jahren der Pandemie ihre sozialen Kontakte heruntergefahren haben. Sie sind daher seltener mit unterschiedlichen Viren in Kontakt gekommen, und somit hat ihr Immunsystem weniger Kenntnis dieser Viren.“

Mit zunehmenden Lockerungen erlitten die Kinder nun diese Infektionen, weshalb wir nun in einem relativ kurzen Zeitraum relativ viele Kinder mit Infektionen sähen. Laut Rodeck sei das dann kein Grund zur Besorgnis.

Hoher Krankenstand auch bei Klinikpersonal

Coronabedingt fallen aktuell viele Mitarbeiter:innen in Krankenhäusern aus. Viele Stationen müssen bereits geschlossen und geplante Operationen verschoben werden. Auch stehen 2.000 Intensivbetten weniger zur Verfügung als zur gleichen Zeit im letzten Jahr – obwohl zurzeit doppelt so viele Patient:innen auf den Intensivstationen behandelt werden müssen. Die Versorgung von lebensbedrohlich erkrankten Menschen oder Notfallpatient:innen ist aber gesichert.

Wie sich der hohe Krankenstand wegen Corona und anderen Atemwegserkrankungen im Herbst entwickeln wird, bleibt abzuwarten – die Situation könnte sich aber noch verschärfen.